Julia Extra Band 0292
sondern ganz quietschvergnügt im neuen marineblauen Pyjama auf seinem Bett thronen zu sehen, wo es sich auch sein Onkel bereits bequem gemacht hatte.
„Oh, Giorgi!“
Libby flog förmlich auf ihn zu und schloss ihren kleinen Sohn so heftig in die Arme, dass es ihm bestimmt wehgetan hätte, wäre er ernsthaft verletzt gewesen. Erschrocken über ihre Unbeherrschtheit, trat sie einen Schritt zurück, wurde aber gleich von Romano beruhigt.
„Ihm geht es bestens“, versicherte er ihr, während der Kleine in ein unverständliches italienisches Kauderwelsch verfallen war. „Sprich Englisch, tesoro “, ermahnte Romano ihn liebevoll.
Giorgio schluckte und rollte mit den Augen, was beiden Erwachsenen ein Lächeln entlockte. Dann berichtete er, dass er gefallen sei, sich das Knie aufgeschlagen hätte und der freundliche Mann in dem großen Zelt ihm geraten habe, für den Rest des Tages etwas vorsichtiger zu sein.
„Und dann hat nonna mir ein großes Eis gekauft, weil ich so tapfer war“, schloss er zufrieden und präsentierte ihnen mit Stolz eine Wunde, die winzig genug war, um von einem Pflaster völlig verdeckt zu sein.
„Mein Held“, murmelte Libby und wechselte über Giorgios Kopf hinweg einen Blick mit ihrem Schwager.
„Ich frage mich, warum Sofia …“, begann Romano unwillig, brach aber ab, als Libby missbilligend die Brauen hob.
„Ich glaube, der Patient braucht jetzt wirklich Ruhe“, sagte sie mit gespielter Strenge, strich ihrem Sohn übers Haar und wünschte ihm eine gute Nacht. Vor der Tür wartete sie auf Romano.
„Warum hat Sofia uns nur glauben lassen, dass Giorgio sich fast an der Schwelle des Todes befindet?“, griff er sofort das Thema wieder auf.
„Ich kann es mir denken“, erklärte Libby nüchtern. „Wir beide waren zusammen unterwegs. Das hätte jeder Mutter gereicht, die Angst davor hat, ihr Sohn könne sich mit der falschen Frau einlassen. Du brauchst ihr einfach nur zu sagen, dass sie nichts zu befürchten hat, und sie wird Ruhe geben.“
Romano maß sie mit einem langen Blick. „Ist das so?“, fragte er dann gedehnt.
„Die Antwort gibst du dir am besten selbst“, erwiderte sie spröde.
„Warum verhältst du dich plötzlich so, als sei ich dein Feind?“
„Tue ich doch gar nicht!“, entfuhr es ihr spontan.
Was wollte er denn von ihr hören?
Sie liebte Romano, verzehrte sich nach ihm, und er bot ihr kalt lächelnd an, seine Geliebte zu werden! Damit stellte er sie mit in die Reihe seiner weiblichen Eroberungen und degradierte sie zu einer weiteren Kerbe in seinem Bettpfosten!
„Ich habe dir gesagt … keine Bindungen und keine Verpflichtungen. Das heute Nachmittag … Es war eine Art Schockreaktion auf das, was Teodoro mir so nebenbei eröffnet hat. Dass Luca …“
„Du hast recht“, unterbrach er sie brüsk. „Das hätte nie passieren dürfen und kann nur zu Komplikationen führen, die wir beide in unserem Leben nicht brauchen können. Ich hätte deinen labilen Gemütszustand niemals in dieser Form ausnutzen dürfen. Aber du kannst ganz sicher sein, cara , soetwas wird nie wieder geschehen.“
Er stimmte ihr zu? Einfach so?
Wo blieb das Triumphgefühl? Warum fühlte sie sich plötzlich so leer und verlassen?
„Ich werde mich jetzt zurückziehen, weil es noch anderes gibt, um das ich mich kümmern muss.“
Damit meint er bestimmt Sofia, fuhr es Libby durch den Kopf. „Sag deiner Mutter bitte nichts von dem, was ich dir heute anvertraut habe“, bat sie schnell. „Das ist alles Vergangenheit. Und bitte auch nichts von meiner Vermutung, weshalb sie uns Giorgios wegen so in Angst und Schrecken versetzt hat, denn sonst gibst du ihr nur noch mehr Anlass, mich zu hassen.“
Nach einem kurzen Blickduell schüttelte Romano langsam den Kopf. „Ich werde tun, was ich für nötig halte.“ Damit ließ er sie einfach stehen.
Die nächsten Tage verliefen relativ ruhig und ereignislos.
Für Libby war es eine ständige Tortur, Romano physisch so nahe zu sein und mental so weit entfernt, als hätte es nie diesen einen Nachmittag gegeben, an dem sie in seinen Armen lag und sogar für einen kurzen, beseligenden Moment von einer glücklichen Zukunft geträumt hatte.
Sofia begegnete ihr vielleicht nicht gerade freundlicher, aber zumindest toleranter als bisher, und Libby fragte sich unwillkürlich, wie das Gespräch zwischen Mutter und Sohn verlaufen sein mochte an jenem Abend, als sie von Capri zurückkamen.
Die erhobenen Stimmen der beiden, sobald sie in einem
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