Julia Extra Band 0292
erwiderte Simone kurz angebunden und scheuchte die Kollegin mit einer Handbewegung aus dem Büro.
Als sie allein war, seufzte sie tief. Ihr war bis gestern Abend nicht klar gewesen, wie weit ihre Gefühle für Ryan schon gediehen waren. Wie glücklich war sie gewesen, als sie ihn auf der Feier entdeckt hatte!
Er war bei Weitem der attraktivste Mann im ganzen Saal. Ihr wurde bewusst, was sie für ihn empfand, und sie hätte sich nicht gewundert, wenn plötzlich Geigen erklungen wären wie in einem Liebesfilm …
Aber nach wenigen nichtssagenden Bemerkungen war er plötzlich kühl und abweisend geworden, beinah so, als wäre sie nur eine ganz flüchtige Bekannte.
Fast die ganze Nacht hatte sie wach gelegen und sich gefragt, warum er sich so benommen hatte. Als wäre es ihm peinlich, mit ihr in der Öffentlichkeit gesehen zu werden.
Hat er vielleicht in einem Zeitungsarchiv recherchiert und Berichte über den Prozess gegen meine Mutter entdeckt?, fragte Simone sich entsetzt.
Dass er dann nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, konnte sie verstehen.
Aber das half ihr nicht, ihre Ängste zu überwinden.
Sie schrak aus den trüben Gedanken hoch, als das Telefon klingelte.
„Mr. Tanner ist hier und möchte Sie sprechen“, meldete ihre Assistentin.
Simone wurde ganz seltsam zumute. „Vater oder Sohn?“
„Ganz eindeutig der Sohn.“ Ein kleines Lachen klang aus dem Hörer. „Haben Sie jetzt Zeit für ihn?“
„Ja … das heißt, in einer Minute. Ich habe noch etwas zu erledigen.“
Nachdem Simone einen Schluck Wasser getrunken hatte, frischte sie schnell ihr Make-up auf. Selbst wenn Ryan gekommen war, um ihr zu sagen, es wäre alles aus, wollte sie möglichst gut aussehen.
Da klopfte es auch schon, und er trat in ihr Büro. Wie üblich in Jeans und T-Shirt und mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen.
„Guten Morgen, Simone. Wie geht’s?“
„Ausgezeichnet“, log sie. „Setz dich doch.“ Er tat es, und bevor er zu Wort kommen konnte, fügte sie hinzu: „Ich habe mich gestern bei der Feier prächtig amüsiert. Dein Vater kann wirklich sehr charmant sein.“
Die Bemerkung trug ihr einen finsteren Blick ein, was sie aber nicht abschreckte.
„Hier bei City Girl sind wir begeistert über die Aufträge, die er uns zukommen lässt. Diese neue Kollektion Goldschmuck wird bestimmt ein Renner. JD will vor allem die jüngeren Käuferinnen ansprechen, und das halte ich für …“
„Hast du das schriftlich?“, unterbrach Ryan sie ungewohnt zynisch.„Es wäre nämlich nicht das erste Mal, dass mein Vater falsche Versprechungen macht, während er versucht, mich zu verkuppeln.“
„Verkuppeln?“, wiederholte sie verwirrt. „Was willst du damit sagen?“
„Ach, hat JD keine sonderbaren Kommentare über dich und mich gemacht?“
„Nein. Er hat sich mit mir fast ausschließlich über City Girl unterhalten.“
„Er hat dich nicht in Verlegenheit gebracht?“, wollte Ryan wissen.
„Nein.“ Das hast du getan, mein Lieber, fügte sie im Stillen hinzu. „Wie gesagt, ich fand ihn sehr charmant.“
Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Und ich war sauer auf ihn, weil er dich und mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu dieser Veranstaltung gelockt hat.“
Plötzlich wurde sie wütend auf ihn. Er hatte sich abscheulich aufgeführt, gab aber nur anderen die Schuld. Typisch Mann!
„Unsinn, Ryan! Willst du allen Ernstes behaupten, dein Vater würde die Werbekampagne in City Girl nur deswegen starten, weil ich mit dir bekannt bin? Glaubst du wirklich, es dreht sich alles immer nur um dich?“
Er sprang auf und ging erregt im Büro hin und her. „Wenn es ein Zufall ist, dann ein seltsamer. Mein Vater wusste doch nichts von dir, bis er dir bei mir begegnet ist.“
„Und das reicht dir als Vorwand, um mich in Verlegenheit zu bringen, indem du so tust, als würdest du mich kaum kennen, und mich dann einfach wortlos stehen lässt!“
„Das hab ich doch nur gemacht, um meinen Vater dumm dastehen zu lassen“, rief Ryan.
„Ach so! Und ich sollte einfach so wissen, dass es nicht gegen mich gerichtet war?“
Nun sah er sie zerknirscht an. „Tut mir leid, Simone. Ich habe mich wirklich schäbig benommen. Deswegen bin ich hier: um mich zu entschuldigen und dir alles zu erklären. Du kennst meinen Vater schließlich nicht so wie ich.“
„Ach Ryan! Du hörst das sicher nicht gern von mir, aber ich glaube, du irrst dich in deinem Vater. Was das Geschäft mit City Girl betrifft, irrst
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