Julia Extra Band 0293
London vermissen werde, aber meine Tante schon. Sie ist meine beste Freundin, und wir haben viel zusammen durchgemacht.“
Ihre Bemerkung löste bei Flynn sofort so etwas wie Schuldgefühle aus. Wenn er daran dachte, dass sie das Kind allein bekommen hatte, ohne dass er sie moralisch und finanziell unterstützen konnte … Doch sie hatte ihn ja nicht dabeihaben wollen. „Wir sind auch einmal Freunde gewesen“, antwortete er dann nachdenklich. Dabei klang seine Stimme ganz rau, sodass Caitlin unwillkürlich aufsah. „Erinnerst du dich noch, Caitlin?“
„Ja, das tue ich.“ Sie sprach so leise, dass er es kaum hören konnte.
„Gut, die Londonreise ist also verschoben, bis ich meine Arbeit abgeschlossen habe?“
„Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, dann ist es wohl so“, willigte sie zu seiner Überraschung ein. Er hatte eine Riesendiskussion erwartet, aber stattdessen schien Caitlin entschlossen, sich seinen Wünschen unterzuordnen. Lag das an seiner Enthüllung von letzter Nacht? Er verabscheute die Vorstellung, Caitlin würde ihn am Ende noch bemitleiden.
„Sieh mal, wenn du dich überfordert fühlst“, erklärte sie jetzt,„dann lass mich dir doch gleich helfen. Wir können heute anfangen, wenn du willst.“
„Wieso nicht. Ich frage Bridie, ob sie eine Zeit lang auf Sorcha aufpassen kann. Aber da wäre noch etwas …“ Caitlin, die schon begonnen hatte, den Frühstückstisch abzuräumen, hielt inne. „Ich habe über unsere Wohnsituation nachgedacht …“ Seufzend verschränkte er die Arme vor der Brust. „Vielleicht wäret ihr ja beide glücklicher im Apartment im Ostflügel, anstatt hier mit mir zusammenzuwohnen. Du hättest deine Privatsphäre und würdest trotzdem unter meinem Dach leben. Was denkst du?“
Damit hatte Caitlin schon gerechnet. Trotzdem war sie traurig darüber und auch ein wenig verletzt. Denn sie fragte sich unwillkürlich, ob Flynn sie dadurch auch wieder nur auf Distanz halten wollte. Doch dann hörte sie sich sagen: „Ich finde, das ist eine gute Idee“, obwohl sie davon ganz und gar nicht überzeugt war.
„Schön. Außerdem wollte ich dich noch fragen, ob du inzwischen den Führerschein hast“, fuhr Flynn fort.
„Nein, immer noch nicht.“ Sie schürzte die Lippen und ergänzte geradezu wehmütig: „Ich wünschte, ich hätte ihn. In London kommt man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln schneller voran als mit dem Auto. Doch hier sieht das ganz anders aus.“
„Dann werde ich dir so bald wie möglich Fahrstunden organisieren. Wenn du den Führerschein hast, bekommst du einen eigenen Wagen und kannst frei darüber verfügen. Wie hört sich das an?“
Es hörte sich an, als wäre er nicht nur großzügig, sondern auch umsichtig, und es wäre wohl sehr unhöflich, sich zu beschweren. Doch ihr ging einfach das neue Wohnarrangement nicht aus dem Kopf. Vielleicht störten sie ihn ja beim Schreiben. Trotzdem wurde Caitlin das Gefühl nicht los, dass er jede Gelegenheit ergriff, um Distanz zwischen ihnen zu schaffen.
Er war bereit, Sorcha alle Zeit der Welt zu widmen. Aber wenn es um sie, seine Exfreundin, ging, war er immer noch nicht gewillt, seinen Schutzpanzer aufzugeben. Auch wenn Flynn ihr von dem Jungen erzählt hatte, den er für seinen Sohn gehalten hatte, blieb er ihr gegenüber nach wie vor unnahbar.
Vielleicht war es da tatsächlich besser, wenn sie erst einmal getrennte Wohnungen hatten. Also erklärte Caitlin artig: „Sehr nett, dass du mir das mit dem Apartment und dem Wagen angeboten hast, und ich denke, ich werde es nicht ablehnen. Vielen Dank!“
Und noch bevor Flynn etwas sagen konnte, machte sie sich auf die Suche nach ihrer Tochter.
Das freie Apartment im Ostflügel war sehr weitläufig. Mit seinen Parkettböden und den zahlreichen, lichtdurchfluteten hohen Räumen bot es genügend Platz für eine Großfamilie. Man hätte sogar zwei normalgroße Wohnungen daraus machen können. Abgesehen davon, war es komplett eingerichtet und ließ keine Wünsche offen.
Doch Caitlin war an so viel Platz und Luxus nicht gewöhnt. Nachdem sie die Koffer ausgepackt hatte, hängte sie ihre wenigen Kleidungsstücke in die riesigen Wandschränke und stellte die paar Toilettenartikel im großen Luxusbadezimmer auf. Sie sehnte sich nach persönlichen Dingen von zu Hause, die sie in dem neuen Apartment verteilen konnte. Zwar besaß sie nicht viel, hätte aber gern wenigstens ihre Fotos, Bücher und die CD-Sammlung dagehabt.
Plötzlich ganz rastlos, ging
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