Julia Extra Band 0293
ihren Gedanken wirbelten die Möglichkeiten, die sich ihr jetzt auftaten. Endlich hatte ihr Vater eingesehen, dass sie gut in ihrem Job war.
Sie wusste, dass dies nicht einfach für ihn war. Socrates Savas war ein typisch traditioneller, sturer griechischer Vater – obwohl er sein Land bereits vor zwei Generationen verlassen hatte.
Er war der Ansicht, dass seine vier Söhne in seine Fußstapfen treten sollten. Seine einzige Tochter Thalia hingegen sollte zu Hause bleiben, Kleider nähen, Essen kochen, schließlich einen netten, hart arbeitenden Griechen heiraten und viele süße dunkelhaarige und dunkeläugige griechische Kinder haben, die auf Großvater Socrates’ Schoß spielen könnten.
Doch das würde nicht geschehen.
Oh, sie hätte durchaus geheiratet. Wenn Leutnant O’Malleys Flugzeug nicht vor sieben Jahren abgestürzt wäre, wäre es bestimmt zu einer Hochzeit gekommen. Dann wäre ihr Leben anders verlaufen.
Aber seit Brians Tod hatte sie niemanden mehr getroffen, der ihr Interesse weckte. Nicht, dass ihr Vater es nicht versucht hätte. Manchmal glaubte sie, er habe ihr jeden griechischen Junggesellen der Ostküste vorgestellt.
„Geh und kümmere dich um die Jungs“, sagte sie ihm immer wieder. „Du kannst Ehefrauen für sie aussuchen.“
Aber ihr Vater hatte nur leise vor sich hin gemurrt. Seine vier Söhne waren ein noch größeres Mysterium für ihn als seine Tochter. Denn so gerne sie ihm in die Geschäftswelt gefolgt wäre, so wenig interessierten sich Theo, George, Demetrios und Yiannis dafür.
Theo war ein Hochseesegler von Weltformat. Müsste er in einem Büro in der Stadt arbeiten, würde er sterben. Socrates hatte dafür kein Verständnis. Seiner Meinung nach trieb sich sein ältester Sohn einfach gerne auf Booten herum.
George war ein brillanter Physiker, der die Geheimnisse des Universums ergründete. Es fiel seinem Vater schwer zu begreifen, dass es tatsächlich Menschen gab, die Theorien über Strings erfanden.
Demetrios war ein bekannter Schauspieler. Sein Gesicht – und sein nackter Oberkörper – war kürzlich auf einem Plakat am Times Square abgebildet gewesen. Socrates hatte die Augen verdreht und gemurmelt: „Was wohl als Nächstes kommt?“
Yiannis, der jüngste der vier Brüder, hatte vor fünf Jahren sein Studium der Forstwirtschaft abgeschlossen. Mittlerweile lebte und arbeitete er auf der Spitze eines Berges in Montana!
Es war Tallie, die fest entschlossen war, die Geschäftswelt für sich zu erobern. Und sie hatte die Sturheit ihres Vaters geerbt. Nach ihrem Abschluss in Wirtschaftswissenschaften hatte sie einen Job als Buchhalterin in einer Tortilla Fabrik in Kalifornien angenommen. Und während sie dort war, hatte sie alles über Tortillas gelernt. Wie man sie herstellte, die tausend Arten, sie zu füllen, und wie man sie vermarktete. Anschließend hatte sie für einen Bäcker aus Wien gearbeitet, der ihr alles beibrachte, was er über Kuchen und Torten wusste. Seither war backen ihre Art, Stress abzubauen.
Vor achtzehn Monaten hatte sie einen Job beim größten Konkurrenten ihres Vaters angenommen. Ihre Hoffnung war es, ihr Vater würde davon erfahren.
Ihr Plan ging auf.
Vor zwei Wochen hatte er angerufen und sie zum Abendessen eingeladen.
Es klang wie ein unschuldiges Angebot, doch sie kannte ihren Vater seit einundzwanzig Jahren. Aber entgegen ihren Befürchtungen hatte er ihr keinen weiteren Junggesellen vorgestellt, sondern ihr einen Job angeboten.
„Einen Job“, wiederholte Tallie und bemühte sich, möglichst gelassen zu klingen. „Was für einen Job?“
Ihr Vater wartete, bis das Essen serviert wurde und antwortete dann mit der ihm eigenen Direktheit: „Ich habe gerade vierzig Prozent von Antonides Marine International gekauft. Sie bauen Boote. Als Hauptaktionär kann ich den Präsidenten bestimmen.“ Er hielt lächelnd inne. „Dich.“
„Mich?“ Tallies Stimme klang schrill. Sie blinzelte heftig.
Doch Socrates nahm Messer und Gabel in die Hand, zerteilte sein Paprikahühnchen und zuckte nur die Schultern. „Du hast immer gesagt, du willst ins Geschäftsleben eintreten.“
„Ja, aber …“
„Jetzt bist du drin.“
Tallie befeuchtete sich die Lippen. In ihrem Kopf wirbelten Möglichkeiten, Potenziale … und Panik. Sie versuchte, ihre Gedanken in Zaum zu halten. „Das kommt alles so plötzlich.“
„Bei den meisten guten Chancen ist das so. Also, was hältst du davon?“
„Ich …“ Ihre Zunge schien am Gaumen
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