Julia Extra Band 0294
Haarschopf rief von der Theke her: „Hallo, mein Junge! Du hast großes Glück. Ich habe heute Morgen eine Ladung Blutwurst gekriegt.“
Harry führte sie zu einem Zweiertisch an einem Fenster. „Großartig, Mick. Bringst du uns zwei Tassen Tee?“
„Geht klar.“
Gina setzte sich und musterte verstohlen die übrigen Gäste an den voll besetzten Tischen. Einige sahen in ihren Augen aus wie ganz normale Leute, andere wirkten jedoch sehr skurril. Ein Mann war buchstäblich von Kopf bis Fuß mit Tattoos übersät. Rocker waren ebenso vertreten wie Anhänger der Gothic-Kultur. Ein Mann in elegantem Abendanzug und eine mit teurem Schmuck behangene Frau saßen sich halb schlafend an einem Tisch gegenüber.
Harry folgte ihrem Blick und murmelte: „Gelegentlich kehren hier auch Spießer ein. Ich schätze, dieser Laden ist der letzte Schrei nach einer durchzechten Nacht.“
Bevor sie etwas erwidern konnte, tauchte Mick auf. Mit einem breiten Grinsen musterte er sie unverhohlen und stellte zwei Becher Tee auf den Tisch. „Willst du uns nicht miteinander bekannt machen, Harry?“
„Mick – Gina. Gina – Mick.“
„Freut mich, Gina.“
Sie lächelte. Der komische kleine Mann hatte etwas äußerst Liebenswertes an sich. „Gleichfalls, Mick.“
„Lädt er dich heute zu einem Frühstück ‚Bonanza‘ ein?“, fragte er. „Eier, Schinken, Würstchen, Frikadelle, Bohnen, Tomaten, Blutwurst, Pilze – und dazu ein paar Scheiben Toastbrot.“ Er neigte den Kopf und blickte sie mit seinen funkelnden schwarzen Knopfaugen erwartungsvoll an.
Sie vermutete, dass es eine Art Test war. „Klingt fantastisch.“
Mick wandte sich an Harry. „Ich mag sie. Und ich bin froh, dass du endlich die Richtige gefunden hast.“ Dann erklärte er ihr mit einem entwaffnenden Lächeln: „Ich liege ihm schon in den Ohren, dass er sich endlich ein nettes Mädchen zulegen soll, seit er das erste Mal einen Fuß über die Schwelle gesetzt hat.“
Sie blinzelte verblüfft. „Woher willst du wissen, ob ich ein nettes Mädchen bin? Vielleicht bevorzugt er ja die andere Sorte.“
„Bestimmt nicht. Er ist nicht so dumm, wie er aussieht. Er weiß schon, was gut für ihn ist.“
„Seid ihr beide endlich fertig?“, warf Harry trocken ein.
„Zwei Bonanza sind schon unterwegs.“ Eifrig trabte Mick davon.
Sie nahm einen Schluck Tee und bemerkte, dass Harry sie nachdenklich musterte. „Was ist?“
„Gibt es etwas oder jemanden, mit dem du nicht umgehen kannst?“, wollte er in warmem, anerkennendem Ton wissen.
Sie fühlte sich, als hätte sie einen Hauptgewinn gezogen. „Natürlich nicht. Ich gehöre zu den modernen Frauen. Wir kommen mit jedem Problem klar, das sich uns in den Weg stellt. Nebenbei bemerkt, jonglieren wir dabei gleichzeitig Hunderte andere Dinge – im Gegensatz zu der männlichen Spezies.“
Er lächelte. „Der alte Hut, dass Männer nur eine Sache zurzeit erledigen können, während Frauen wahre Wunder im Multitasking vollbringen.“
„Genau.“ So faszinierend sah er aus, wenn ein Lächeln die Härte seiner markanten Züge milderte, dass sich ihr Herzschlag beschleunigte. „Was hat Mick eigentlich damit gemeint, dass du endlich eine Frau gefunden hast? Du hattest doch genügend Freundinnen, seit du wieder in England bist.“
Er zuckte die Schultern. „Aber keine, mit der ich frühstücken gehen wollte. Und ich wollte auch keine mit nach Hause nehmen.“
„Warum nicht?“
„Aus Selbstschutz.“
„Mich hast du doch mit nach Hause genommen“, gab sie zu bedenken. „Weil wir befreundet sind?“
„Ich schätze deine Freundschaft, Gina, aber von meiner Seite ist es mehr“, eröffnete er. „Ich will dich schon, seit ich dich das erste Mal gesehen habe.“
„Rein körperlich.“
„Ja, zuerst war es nur körperliche Anziehung. Ich bin nun mal ein Mann. Aber dann habe ich dein Wesen kennengelernt.“
Bedächtig griff Gina zu ihrem Becher und nahm einen Schluck Tee. „Du verwirrst mich echt. Willst du damit sagen, dass der Selbstschutz nachlässt? Und wenn ja, warum dann gerade jetzt?“
„Weil es an der Zeit ist?“, schlug er leise vor.
Es war eine Antwort und doch keine Antwort. Sie schmunzelte. „Du hast also mit vier Hündchen angefangen und hoffst jetzt, Fortschritte zu machen und dich auf ein größeres Wesen einlassen zu können?“
Er blieb ernst. „So würde ich es nicht ausdrücken.“ Er beugte sich vor, mit eindringlicher Miene. „Die Sache ist die, dass …“
„Zwei
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