Julia Extra Band 0294
lagen.
„Was soll das?“, zischte sie ihm unterdrückt zu.
„Wo willst du hin?“
Audrey konnte es nicht fassen. „Zur Toilette … wenn du gestattest!“, gab sie gereizt zurück, machte sich mit einem Ruck frei und ging hoch erhobenen Hauptes davon.
Nach ihrer Rückkehr begegnete sie Romains durchdringendem, misstrauischem Blick voller Trotz.
„Ich möchte, dass du an meiner Seite bleibst, bis ich entscheide, dass es Zeit ist zu gehen“, verlangte er brüsk, sobald Audrey saß.
„Ich bin nicht deine Gefangene!“, empörte sie sich.
Das brachte ihr einen langen, sengenden Blick ein. „Nein, für das, was du bist, gibt es ein anderes Wort …“
Von da an ersparte sie sich jeden weiteren Kommentar, folgte der Truppe irgendwann lustlos in eine kleine Bar, in der sie noch ein paar Drinks vor dem Schlafengehen zu sich nehmen wollten, und eine weitere Stunde später hatte Audrey dann endgültig genug.
„Hör zu, Romain. Mein Kopf hämmert zum Zerspringen!“ Der Lärm um sie herum war so laut, dass sie fast schreien musste. Romain öffnete den Mund zu einer Antwort, aber genau in diesem Moment endete das Lied aus der Musik-Box, und mitten in die Stille hinein hörte man Dominics schnarrende Stimme klar und deutlich vom Bartresen herüberschallen.
Er musste entweder betrunken oder high sein, da er offenbar nicht mitbekam, dass die Musik längst aufgehört hatte zu spielen.
„… kann ich immer noch nicht fassen, dass diese alte Hexe dir das Koks abgenommen und dir auch noch eine Strafpredigt gehalten hat! Was glaubt sie eigentlich, wer sie ist? Mutter Teresa persönlich? Wundert mich nur, dass sie nicht gleich zu ihrem Lover gerannt ist, um dich anzuschwärzen …“
Während alle in entsetztem Schweigen verharrten, redete Dominic sich weiter hemmungslos um Kopf und Kragen, ohne zu merken, dass jeder sein privates Lamento mithören konnte.
Voller Panik beobachtete Audrey, wie sich Romains harte Miene mit jedem Wort veränderte, bis sie zu einer Maske stummer Qual und Selbstanklage erstarrte. Mit einem unterdrückten Schluchzen wandte sie sich ab und flüchtete aus der Bar.
„Audrey! Lass mich rein!“
Wie erstarrt stand sie mitten im Zimmer, die Arme fest um den Oberkörper geschlungen. Ihr Atem kam immer noch in kurzen, schmerzhaften Stößen, weil sie noch nie in ihrem Leben so schnell gerannt war wie auf dem Rückweg zum Hotel.
„Ich weiß, dass du da drin bist! Mach auf, oder ich trete die Tür ein!“
Er würde es tatsächlich tun, das hörte sie an seiner Stimme. Langsam ging sie zur Tür und öffnete sie widerstrebend. Romain trat ein und warf die Tür hinter sich zu.
Dann baute er sich dicht vor Audrey auf. „Warum?“, war alles, was er sagte.
Audrey blinzelte verwirrt und versuchte etwas zu sagen. Doch die Worte wollten nicht über ihre Lippen kommen.
„Warum hast du das getan? Warum hast du Lucy gedeckt?“
Benommen schüttelte sie den Kopf. Konnte es sein, dass Romain ihr plötzlich glaubte?
„Du hättest mir sagen müssen, dass Lucy diejenige ist …“
„Sie ist doch noch fast ein Kind!“, warf Audrey verzweifelt ein. „Ich wollte nicht, dass sie sich ihr ganzes Leben verbaut.“ Hilflos hob sie die Schultern. „Wahrscheinlich dachte ich, dass ich ohnehin nichts mehr zu verlieren hätte …“
Romain schaute sie nur an und schwieg. Jedes ihrer Worte steigerte sein Schuldbewusstsein ins Unermessliche. Er stand noch völlig unter dem Schock des Geständnisses, das Dominic eher unfreiwillig in der Bar abgegeben hatte.
„Gib es ruhig zu, Romain“, sagte Audrey bitter. „Mich irgendwann mit Drogen zu erwischen war doch eigentlich das, was du vom ersten Tag an erwartet hast, oder nicht?“
Er zögerte kurz, dann nickte er.
Audrey lachte rau auf und machte eine hilflose Handbewegung. „Also! Was erwartest du dann von mir? Ich wusste von vornherein, was passieren würde! Und trotzdem war alles umsonst …“ Audrey trat einen Schritt auf Romain zu. „Was wird jetzt mit Lucy geschehen?“
„Dominic wird auf jeden Fall gefeuert. Und Lucy … sie kann gehen oder bleiben. Das liegt ganz bei ihr.“
„Gut, das hört sich fair an“, meinte Audrey erleichtert. „Ich werde mit ihr reden. Und jetzt …“
Ehe sie den Satz beenden konnte, umfasste Romain ihre Hände und presste sie gegen seine Brust. Plötzlich atmete der Raum eine fast spürbare Energie, die auf Audrey überging und ihren gesamten Körper erfasste. Atemlos schaute sie zu Romain auf und überlegte,
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