Julia Extra Band 0294
Verlobung nicht ohne sie feiern“, warf er gelassen ein.
Lily löste sich aus der Umarmung und bedachte ihn mit einem Blick voller Hass. Paolo erwiderte ihn mit einem belustigten Lächeln.
Kein Wunder, dass er keine Einwände gegen ihren Ausflug nach Florenz erhoben hatte.
„Seit Paolo angerufen und mir die Neuigkeiten von eurer Verlobung erzählt hat, war ich so aufgeregt!“, rief Edith aus. „Und ich glaube, ich habe keine Nacht mehr richtig geschlafen, seit er mich eingeladen hat, bis zu eurer Hochzeit zu bleiben!“
Oh ja, er hatte sie sehr sorgfältig ausmanövriert.
„Gehen wir doch auf die Terrasse. Agata wird uns mit kühlen Drinks versorgen“, schlug Paolo seidenweich vor. „Mamma ruht bis zum Dinner aus. Auch wenn sie es gerne glauben möchte, hundertprozentig fit ist sie noch nicht“, fügte er hinzu.
Mit hilfloser Wut registrierte Lily, dass seine Worte vor allem als Warnung an sie gerichtet waren.
Es ist nicht notwendig, mich an Fioras empfindliche Gesundheit zu erinnern, ging es Lily düster durch den Kopf. Sie mochte die alte Dame wirklich sehr. Nur aus diesem Grund war sie ja überhaupt noch hier und hatte Italien nicht in der Sekunde verlassen, in der ihr klar geworden war, dass das Undenkbare eingetreten war und sie sich in einen Mann verliebt hatte, der auf keinen Fall gut für sie war!
Fioras Gesundheitszustand war Paolos stärkstes Druckmittel. Und mit ihrer Großtante hatte er ein weiteres hinzugewonnen. Sie hätte diesen schlauen Fuchs umbringen können!
Wütend starrte sie auf seinen Rücken, während sie ihm und Edith auf die Terrasse folgte. Nur mit halbem Ohr lauschte sie den Worten ihrer Großtante. „Ich hoffe, ich habe Fiora nicht erschöpft. Nach meiner Ankunft haben wir ein so ausführliches und interessantes Gespräch geführt. Verzeihen Sie mir, wenn ich sie zu lange in Anspruch genommen habe.“
Paolo beruhigte sie mit einem warmherzigen Lächeln. „Sie sind Lilys Familie, Edith. Und Mamma schätzt Familienbeziehungen mehr als alles andere. Dass sie sich zurückgezogen hat, hat nichts mit Ihrer Anwesenheit zu tun, das versichere ich Ihnen. Sie hier, bei uns, zu haben, macht meine Mutter sehr glücklich. Und Glück ist doch die beste Medizin, oder?“
Noch eine Warnung an mich, dachte Lily. Sobald sie mit ihrer Großtante alleine war, würde sie ihr gestehen, dass diese ganze Verlobung nur vorgetäuscht war. Keine schöne Aussicht. Sie kannte keinen direkteren und ehrlicheren Menschen als Edith.
Doch die Gelegenheit sollte nicht kommen. Denn als Paolo sich auf die Suche nach Agata begab, wandte Edith sich freudestrahlend an ihre Nichte.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich mich die Nachricht gemacht hat, Kind. Ich muss gestehen, dass ich mich nun schon seit einiger Zeit um deine Zukunft sorge. Nein … lass mich ausreden“, forderte sie, als Lily zu einem Protest ansetzte. „Ich werde nicht für immer leben. Und wer weiß, was aus deinem nutzlosen Vater geworden ist. Ich hasse den Gedanken, dass du ganz alleine auf der Welt sein könntest.“
Die beiden Frauen nahmen an dem Tisch im Schatten Platz. „Du hast so viel und hart gearbeitet, dass dir einfach keine Möglichkeit blieb, einen netten jungen Mann kennenzulernen. Und ich war so mit Life Begins beschäftigt, dass ich an deine Zukunft gar nicht gedacht habe.“
„Sprich nicht so!“, rief Lily. „Du wirst noch lange leben. Und du hast sehr viel für mich getan. Du hast mir eine Familie gegeben, das Gefühl, zu dir zu gehören und geliebt zu werden.“
Ediths Augen schimmerten tränenfeucht. „Trotzdem brauche ich mir jetzt keine Sorgen mehr zu machen. Die Hochzeit hat eine große Last von mir genommen, glaub mir! Und dann ein so liebevoller und fürsorglicher Mann … So viel Wohlstand …“ In einer ausholenden Geste deutete sie auf die Umgebung. „Aber auch wenn er arm wie eine Kirchenmaus wäre, würde ich ihm meinen Segen geben. Denn er wird dir ein perfekter Ehemann sein.“
Paolo kehrte nicht zu ihnen zurück. Als Agata ihnen die eisgekühlten Getränke servierte, übermittelte sie ihnen sein Bedauern. Er müsse leider arbeiten, freue sich aber auf das gemeinsame Abendessen.
Nachdem sie ihre Großtante in das für sie vorgesehene Zimmer gebracht hatte, machte Lily sich auf die Suche nach ihm. Es war an der Zeit, Tacheles zu reden. Woher nahm er das Recht, ihre ahnungslose Großtante mit in sein falsches Spiel zu ziehen?
Ohne Umschweife marschierte Lily in sein Arbeitszimmer.
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