Julia Extra Band 0295
nach Hause gehen sollen. Tut mir leid. Ich habe mir Sorgen gemacht.“
„Dazu besteht kein Grund. Ich muss mich entschuldigen. Ich bin ein Nervenbündel.“ Wieder fuhr er sich über das Gesicht. „Es war unhöflich, Ihnen das alles zu erzählen.“
„Vielleicht sollten Sie mehr darüber reden“, erwiderte sie so ruhig wie möglich. „Manchmal hilft es, Fremden das Herz auszuschütten.“
„Sie sind mir nicht fremd“, murmelte er und sah ihr in die Augen.
Sie nickte. Fremd waren sie sich nicht, aber mehr als Fremde durften sie nicht füreinander sein.
„Jennifer?“
Die Härte in seiner Stimme ließ sie aufhorchen. Die Scherben seines zerbrochenen Lebens quälten ihn wieder. Sie wusste es. Oh, wie gut sie es wusste …
Er sah sie nicht an, während er den Picknickkorb packte. „Selbst wenn Belinda tot ist – und ich glaube, sie ist es –, habe ich nichts mehr zu geben. Das können Sie vielleicht nicht verstehen …“
Doch, sie verstand. Auch sie hatte nichts mehr zu geben. Äußerstenfalls durfte sie sich noch einen Liebhaber nehmen, aber niemals mehr einen Ehemann. Doch Noah brauchte nichts weniger als eine Affäre. Trotzdem taten seine Worte weh, sehr weh.
„Ein Kind zu haben, das sich mit Küssen nicht heilen lässt, dem du nicht helfen kannst, sosehr du es auch versuchst, das reißt dich in Stücke“, sagte sie leise. „Trotzdem kannst du nicht aufhören zu hoffen und dein Mögliches zu tun. Du musst so handeln und dich hintanstellen, selbst auf die Gefahr hin, es zu verwöhnen oder es später heimgezahlt zu bekommen.“ Sie hob die Schultern und lächelte. Bevor er antworten konnte, drückte sie ihm die zusammengefaltete Decke in die Hand und wandte sich zum Gehen. „Bringen Sie Cilla und Rowdy zu mir, wann immer Sie arbeiten müssen. Sie sind jeden Tag willkommen.“
„Jennifer …“ Er streckte die Hand nach ihr aus.
Sie hätte sie gerne noch einmal berührt, doch sie schüttelte den Kopf und versuchte zu lächeln. „Lieber nicht.“
Er schaute sie durchdringend an. „Ich kann das nicht annehmen.“
„Doch“, entgegnete sie ruhig. „Und wenn Sie es unbedingt wollen, könnten Sie sich revanchieren. Ich habe auf eine größere Veranda gespart und auf ein Kinderhäuschen, eines, das ich notfalls mitnehmen kann, falls ich umziehen muss …“
Er räusperte sich. „Gut. Ich werde die Veranda vergrößern und das Kinderhaus bauen. Sie kommen für das Material auf, den Lohn berechne ich nicht. Aber wenn ich wider Erwarten in der Zwischenzeit einen größeren Auftrag bekommen sollte …“
Sie nickte. „Geht der vor. Sie haben schließlich eine Familie zu ernähren. Mir ist es auch recht, wenn Sie vor oder nach Ihrer Arbeit an der Veranda arbeiten. Dann wären Ihre Kinder bei Ihnen. Wir könnten uns auch mit der Zubereitung des Abendessens abwechseln.“
„Danke, Jennifer. Ich weiß nicht, was ich sagen soll …“ Er klang heiser, nicht vor Verlangen, sondern vor Dankbarkeit.
Obwohl sie das wusste, dachte sie trotzdem an das, was sie nicht haben durfte, und errötete. „Gute Nacht, Noah.“
Ich habe es wieder nicht lassen können, die unheilbare Opti mistin zu spielen.
Bestimmt würde sie es irgendwann bereuen. Noah Brannigan, den sie kaum einen Tag kannte, besaß die Macht, sie unglücklich zu machen. Und sie konnte nichts dagegen tun, ohne seine wunderbaren Kinder zu verletzen oder sein Leiden zu vergrößern. Doch zum ersten Mal seit zwei Jahren fühlte sie sich wieder lebendig. Schmerzhaft lebendig.
Was immer der Preis für ihre Entscheidung sein mochte, sie hatte sie mit offenen Augen gefällt.
4. KAPITEL
„Jenny! Jenny, wir kommen!“
Sie trank gerade ihren Kaffee, als Rowdys Rufe in ihre Küche drangen. Um diese Uhrzeit genoss sie gewöhnlich noch den morgendlichen Frieden. Aber Tim, Cilla und Rowdy bedeuteten ihr viel mehr als die anderen Tageskinder, und deshalb ließ sie sich nur allzu gern stören. Sie hatten Jennifers Herz erobert. Vielleicht, weil die Familie sie brauchte.
Nein, nur die Kinder brauchten sie.
In den sechs Wochen, die sie nun Noahs Kinder beaufsichtigte, war er erst zweimal bei ihr gewesen. Einmal, um die alte Veranda auszumessen, dann, um ihr die Zeichnung für den Ausbau zu zeigen.
Die Bretter für das Kinderhaus sägte er in seiner Werkstatt zu, wollte dort auch die Teile zusammensetzen und das Haus erst zu ihr schaffen, wenn es fertig war.
Rowdy stürmte jetzt in die Küche und stürzte sich in Jennifers ausgebreitete Arme. Vom
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