Julia Extra Band 0295
um nicht in Tränen auszubrechen. So hatte sie sich ihre Hochzeitsnacht nicht vorgestellt.
Eine Minute verging, dann noch eine und noch eine.
Marilee hatte sich gerade selbst davon überzeugt, dass im Augenblick nur wichtig war, etwas Ruhe und Erholung zu bekommen, als ihr ein furchtbarer Gedanke kam. Ohne nachzudenken stieß sie hervor: „Justin?“
„Hm?“
„Morgen früh …“
„Ja?“
„Wirst du noch da sein, wenn ich aufwache?“
Die Angst in ihrer Stimme berührte ihn tief. Er vergrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge und zog Marilee ganz eng zu sich heran. Seine Hand legte er vorsichtig auf ihren Bauch.
„Ja, Liebling. Ich werde hier sein. Du bist meine Frau, schon vergessen? Du wirst nie wieder allein aufwachen.“
Sie antwortete nicht, denn sie fand keine passenden Worte. Lange nachdem er eingeschlafen war, lag sie noch immer wach neben ihm und hielt sich an ihm und seinem Versprechen für ein schönes gemeinsames Leben fest.
Gegen Mittag am darauffolgenden Tag waren sie unterwegs nach Lubbock.
Angespannt saß Marilee neben Justin im Wagen. Mit erhobenem Kopf, die Hände zu Fäusten geballt, wappnete sie sich innerlich gegen die Schwierigkeiten, die noch vor ihr lagen …
4. KAPITEL
Auf dem Weg zur Ranch ertappte Marilee sich selbst immer wieder bei dem Gedanken, dass das alles nur ein Traum sein konnte. Sie war sich sicher, jeden Moment in ihrem kleinen Haus in Amarillo aufzuwachen und zu spät zur Arbeit zu kommen. Doch je näher sie ihrem Ziel kamen, umso realer wurde alles.
Zweimal hielt Justin an, damit sie zur Toilette gehen und sich die Füße vertreten konnte – sie hatte ihn nicht einmal darum bitten müssen. Seine Aufmerksamkeit und sein Verständnis kamen vollkommen unerwartet für sie.
Als sie die Außenbezirke von Lubbock erreichten, wurde der Verkehr dichter. Aus dem Augenwinkel bemerkte Marilee, dass Justin sie nervös betrachtete.
„Was ist los?“, fragte sie.
„Ich habe nur nachgeschaut, ob du auch wirklich angeschnallt bist.“
„Oh.“
Wieder herrschte Schweigen zwischen ihnen, während sie durch die Stadt fuhren, um zur Ranch zu gelangen. Schließlich konnte Marilee die Stille nicht länger ertragen.
„Justin.“
„Was ist?“
„Ich kann nicht behaupten, dass ich mich darauf freue.“
Er seufzte. „Ich weiß.“
„Du hättest deine Eltern anrufen sollen. Ich glaube nicht, dass es fair ist, einfach so mit mir im Schlepptau bei ihnen aufzutauchen.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich kenne sie besser als du. Vertraue mir, ja? Übrigens hätte nur ein Feigling vorher bei ihnen angerufen. Ich erzähle ihnen die Neuigkeiten lieber von Angesicht zu Angesicht.“
Sie ließ ihre Schultern sinken und versuchte, nicht zu seufzen. Ihre gesamte Kindheit hatte sich auf dem ehelichen Schlachtfeld ihrer Eltern abgespielt. Sie hasste Streit und Konfrontationen mehr als alles andere.
Justins Blick verfinsterte sich. Er wünschte sich, es gäbe einen leichteren Weg zu tun, was getan werden musste, doch in dieser relativ späten Phase ihrer Schwangerschaft war es nicht anders möglich. Als er Marilee wieder ansah, überkam ihn das Bedürfnis, sie zu beschützen. Unter keinen Umständen durfte er zulassen, dass sie verletzt wurde.
„Marilee?“
„Ja?“
„Mach dir nicht so viele Sorgen. Ich bin erwachsen, und meine Eltern bestimmen nicht mehr über mein Leben. Ich muss mich vor keinem von beiden mehr rechtfertigen. Ich habe die Ranch von meinem Großvater geerbt, sie gehört mir ganz allein. Dass sie bei mir leben, liegt zum einen daran, dass es meine Mutter freut, wenn ihre Freundinnen glauben, sie und Dad hätten zwei Wohnsitze. Und andererseits – was ein ziemlich egoistischer Grund ist – habe ich mehr Zeit, mich um die Ranch zu kümmern, wenn ich nicht auch noch den Haushalt führen muss. Doch es gibt etwas, das du wissen solltest. Wenn du es zulässt, wird meine Mutter dich überrollen – besonders wenn ich nicht da bin. Du musst dich dagegen wehren, sonst macht sie dir das Leben zur Hölle.“
„Oh, toll“, brachte Marilee leise hervor.
Als sie an einer roten Ampel hielten, streckte Justin den Arm aus und drückte ihre Hand.
„So schlimm wird es schon nicht werden“, sagte er sanft. „Vergiss nicht, dass ich immer auf deiner Seite bin. Sei einfach du selbst, und lass dich nicht einschüchtern, Liebling. Ich weiß, dass du es kannst. Wenn es nicht funktioniert, werden sie mein Haus verlassen müssen – nicht du. Hast du mich verstanden?“
Ich
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