Julia Extra Band 0295
er, legte seine Hand wieder auf Marilees Bauch und wartete atemlos auf den zweiten Kontakt. Als er die Bewegung des Kindes unter seiner Hand bemerkte, senkte er den Kopf. Er war zu gerührt, um zu sprechen.
Das war das Leben.
Sie hatten einen neuen Menschen hervorgebracht.
Aus einem Impuls heraus legte er seine Wange an die Stelle, wo zuvor seine Hand gelegen hatte. Er wollte herausfinden, ob dieses Geschenk vielleicht von einem Geräusch begleitet wurde.
Marilees Herz zog sich zusammen, als sie seinen Kopf auf ihrem Bauch spürte. Tiefes Bedauern erfüllte sie. Wenn doch nur die Umstände ihrer Verbindung andere gewesen wären. Wenn sie dieses Baby doch nur absichtlich gezeugt hätten und es kein Unfall gewesen wäre. Obwohl ihr das Herz schwer wurde, konnte sie die zärtlichen Gefühle, die sie für diesen Mann empfand, nicht leugnen. Es würde nicht leicht werden, ihn auf Abstand zu halten, wenn er sich einbringen wollte. Und je länger er hier auf ihrem Bauch lag, desto drängender wurde ihr Wunsch, ihn ebenfalls zu berühren. Schließlich konnte sie es nicht länger aushalten und legte ihre Hand auf seinen Kopf.
Erst als die Klimaanlage ansprang, bewegte Justin sich. Er hob den Kopf, und sie sah, dass Tränen in seinen Augen schimmerten. Es war ein vielsagender Moment für Marilee, denn sie wusste nun, dass er dieses Baby genauso sehr wollte wie sie. Egal, was auch geschehen würde.
Justin fand keine Worte. Er wollte sie umarmen, sie halten, wollte ihr erklären, dass ihre Entscheidung, dieses Kind zu bekommen, für ihn eine Lektion in Demut war. Und er wollte ihr sagen, wie dankbar er ihr war. Jedes Mal, wenn er daran dachte, dass er beinah niemals erfahren hätte, dass dieses Kind überhaupt existierte, wurde ihm ganz schlecht. Aber sie hatte die Bedingungen für ihre Beziehung festgeschrieben – und ihm blieb nichts anderes übrig, als sich daran zu halten.
Er wollte sich gerade erheben, als Marilee seine Hand berührte.
„Was ist?“, fragte er.
„Nach deiner Dusche kannst du genauso gut hier bei mir schlafen.“
Hoffnung keimte in ihm auf. „Du meinst …“
„Ich sage nur … wir sind verheiratet. Du brauchst einen Platz zum Schlafen. Wir werden uns das Bett teilen.“
„Was ist mit den ‚Nicht-berühren‘-Regeln?“, wollte Justin wissen.
„Ich habe dir nicht angeboten, mit dir zu schlafen, sondern nur bei mir.“
Justin lächelte. Es war das erste kleine Zugeständnis in ihrer sonst eigentlich so unnachgiebigen und strikten Einstellung. Es war nicht viel, aber er würde nehmen, was er bekommen konnte.
„Ich werde nicht lange zum Duschen brauchen“, sagte er.
„Lass dir ruhig Zeit. Ich werde vermutlich sowieso schon schlafen, wenn du zurückkommst.“
Justin verschwand im Bad und nahm die wahrscheinlich kürzeste Dusche seines Lebens. Als er wenige Minuten später ins Schlafzimmer zurückkehrte, war Marilee noch nicht eingeschlafen.
„Ich werde noch einmal nachschauen, ob alles abgeschlossen ist“, erklärte er. „Bin gleich wieder da.“
Marilee lauschte dem Geräusch seiner Schritte, während er von Zimmer zu Zimmer ging, die Türen und Fenster kontrollierte und sicherstellte, dass sie für die Nacht abgesperrt waren. Und während sie horchte, wurde ihr klar, dass sie nicht länger allein war. Nie mehr würde sie ängstlich ins Bett gehen oder einsam aufwachen. Er hatte ihr versichert, dass ihre Geldsorgen der Vergangenheit angehörten. Sie nahm diese Gewissheit in sich auf, schloss die Augen und versuchte zu schlafen.
Justin kehrte schon bald wieder zurück. Als er sich aufs Bett setzte und dann das Licht ausschaltete, ertappte sie sich selbst dabei, wie sie den Atem anhielt. Die Matratze gab nach, als er sich neben ihr ausstreckte. Während er unter die Bettdecke kroch und sich einkuschelte, bemerkte Marilee, dass er auch sie ganz sacht wieder zudeckte. Diese kleine, liebevolle Geste brachte sie vollkommen aus der Fassung. Wie sollte sie ihr Herz vor einem Mann wie ihm schützen?
Justin konnte ihre Nervosität und Anspannung spüren, als wären sie etwas Lebendiges, etwas Greifbares. Reue erfüllte ihn. Spontan drehte er sich auf die Seite, legte seinen Arm um ihren Körper und zog sie an sich.
„Was machst du da?“, flüsterte Marilee.
„Entspanne dich, Liebling. Ich will nur nicht, dass du aus dem Bett rollst.“
Als er sich an ihren Rücken schmiegte und kurz darauf nur noch ein gleichmäßiges Atmen von ihm zu hören war, musste sie sich zusammenreißen,
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