Julia Extra Band 0297
und auch kein Zurück mehr. Erwartungsvoll drehte er sich auf die Seite, um seine neue Geliebte in die Arme zu schließen, doch seine Hände griffen ins Leere.
Verwundert ließ er seinen Arm über das kühle Laken gleiten, dann riss er die Augen auf und sprang aus dem Bett. Suchend lief er durch seine Räume, sah im Bad nach und auch in der kleinen Küche. Doch Maggie blieb verschwunden.
Sie hatte ihn ohne ein Wort des Abschieds verlassen? Das war kaum zu fassen. Noch nie hatte eine Frau Khalid so behandelt, und sein Stolz rebellierte gegen diese Vorstellung. Sie hatte nicht einmal eine Nachricht hinterlassen. Was hatte sie bloß zu dieser unchristlichen Stunde aus dem Haus getrieben? Angst? Schuldgefühle?
Erschrocken stellte er sich vor, wie sie ihre Geschichte in allen Einzelheiten der Presse unterbreitete. Aber sollte er sich so in ihr getäuscht haben? Sein Gefühl sagte Nein, aber er musste trotzdem sichergehen.
Das Klingeln seines Mobiltelefons lenkte ihn für den Moment ab. Nach etwa zehn Minuten beendete er das Gespräch und ließ sich erschöpft und verwirrt in einen Sessel fallen. In diesen wenigen Minuten hatte sich Khalids Welt von Grund auf verändert.
Faruq war tot. Khalid war nun der Scheich von Shajehar.
Er atmete tief ein und aus und dachte an den Halbbruder, den er kaum gekannt hatte. Es gab keine Liebe zwischen ihnen, trotzdem ging es Khalid nahe, dass dieses Leben so frühzeitig beendet worden war.
Nach einer Weile straffte er die Schultern und stand auf. Seine Leute brauchten ihn. Er musste sofort abreisen. Das ließ ihm leider keine Zeit mehr, sich mit Maggie Lewis zu befassen, obwohl die Dinge zwischen ihnen noch nicht endgültig geklärt waren.
Aber damit würde er leicht fertig werden. Man musste sie nur ausfindig machen und nach Shajehar bringen lassen. Khalid lächelte bei dem Gedanken daran, seine neue Bekannte bald wiederzusehen …
4. KAPITEL
„Komm schon, Tally! Lass uns schnell machen!“
Die späte Morgensonne brannte auf Maggie herunter, während sie Tallawantas ganzen Stolz zur Reitbahn führte. Die trockene Hitze erinnerte sie an australische Sommer, und auch der Geruch von Pferden, Heu und Staub war ihr vertraut.
Darüber hinaus war hier in Shajehar alles anders. Die Ställe wirkten um einiges luxuriöser als in Australien. Der Scheich gab offensichtlich ein Vermögen für seine Pferde aus.
Zu schade, dass er seinem Volk nicht die gleiche Aufmerksamkeit zukommen ließ. In den letzten Tagen war ihr aufgefallen, wie groß die Kluft zwischen Arm und Reich in diesem Land war. Direkt neben üblen Slums ragten extravagante Anwesen buchstäblich in den Himmel.
Maggie hatte die Pferde von Tallawanta in ihre neue Heimat begleitet und war entzückt von dieser Chance gewesen, endlich eine weite Reise zu unternehmen. Und dann noch in dieses spezielle Land!
„Wir sind gleich da, Tally“, flüsterte sie dem Tier zu, als die Stute plötzlich die Nüstern blähte und irritiert stehen blieb. Es war ein langer Flug für die Pferde gewesen, und nachdem sie nun ausgiebig von Veterinären untersucht worden waren, sollten sie endlich dem Scheich vorgeführt werden.
Als Maggie den Platz betrat, sah sie sich automatisch nach einem vertrauten Gesicht in der Menge, die sich um die Absperrung versammelt hatte, um. Khalid. Seit einem Monat gingen ihr dieser Name und auch sein Gesicht nicht mehr als dem Kopf.
In Australien hatte sie vergeblich versucht, sich mit Arbeit abzulenken, nachdem sie hörte, dass die Gäste aus Übersee überraschend das Gestüt verlassen hatten. Insgeheim hatte sie natürlich gehofft, die Nacht hätte ihm ebenfalls etwas bedeutet, obwohl das eher unwahrscheinlich war.
Und im Augenblick konnte Khalid überall auf diesem Erdball sein, aber ganz sicher nicht ausgerechnet hier. Erhobenen Hauptes führte sie die Zuchtstute im Kreis und beobachtete aus dem Augenwinkel eine Gruppe von Neuankömmlingen, die an das Gatter traten und dort ihre Plätze einnahmen. Unter ihnen war eine hochgewachsene Gestalt, deren breite Schultern durch die weite Landestracht noch besser zur Geltung kamen.
Das kann nicht sein!, schoss es Maggie durch den Kopf, und ihr Magen krampfte sich zusammen. Khalid!
Wenn er es tatsächlich war, würde er sich ihr zu erkennen geben oder so tun, als hätte er sie noch nie gesehen?
Fassungslos biss sie sich auf die Unterlippe. Vielleicht erinnerte er sich auch gar nicht an ihre gemeinsame Nacht. Ein Mann mit seinem Aussehen und seinen Erfahrungen.
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