Julia Extra Band 0297
ich bei einem Projekt mitgearbeitet, das Behinderten das Reiten ermöglicht hat. Die meisten von ihnen waren Kinder, und da habe ich mir ein paar erzieherische Strategien abgeguckt.“
„Bist du gern mit Kindern zusammen?“
„Natürlich. Wer ist das nicht?“ Kinder waren schließlich die ehrlichsten Menschen überhaupt.
„Wolltest du schon immer eigene haben?“
„Ich denke schon.“ Sie sah ihn direkt an. „Nur war es zu diesem Zeitpunkt nicht gerade geplant. Eines Tages mal, wenn ich …“
„Wenn du den richtigen Mann dafür getroffen hast?“, hakte er nach.
Sie nickte kurz. „Und du? Wolltest du immer welche haben?“
Seine Miene wurde ernst. „Es war nicht unbedingt ein Lebensziel von mir, aber ja. Ich wollte Kinder.“
Maggie konnte seinen Stimmungswechsel nicht nachvollziehen. Es war nicht leicht, einen Mann wie Khalid zu verstehen.
Mit einem ermutigenden Lächeln wandte sie sich wieder an Hamed, ihre Aufmerksamkeit galt jedoch Khalid. Er stand mit der kleinen Ayisha auf dem Arm am Rand des Reitplatzes und fütterte ein anderes Pony mit Karotten. Das kleine Mädchen quietschte vor Vergnügen, als das Tier sie beschnupperte. Dabei war sie die einzige unter den Kindern, die gehörigen Respekt vor den Ponys hatte. Es war ein rührendes Bild, wie das winzige Mädchen auf Khalids starken Armen saß, und Maggie verspürte ein leichtes Ziehen in ihrer Brust.
Er würde ein liebevoller, fürsorglicher Vater sein, dessen war sie sicher. Ihr Kind hätte eine Menge Verpflichtungen, würde aber gleichzeitig unendliche Liebe erfahren. Wenn Maggie Khalid heiratete.
Und das wünschte sie sich für ihr Baby. Es sollte nicht die Ablehnung erleben müssen, die man ihr selbst entgegengebracht hatte. Khalid hatte zum Glück nichts mit ihrem Vater gemeinsam. Trotz seiner Position und seiner Macht war er der Mann, den sie sich als Vater für ihr Kind wünschte.
Kann ich mich auf eine lieblose Ehe einlassen, um meinem Kind familiäre Sicherheit zu garantieren?, fragte sie sich.
Khalid würde sie niemals aufrichtig lieben, sondern sie nur als Mutter seines Erben betrachten. Aber in erster Linie ging es eben um den Nachwuchs, um eine eheliche Geburt, um Ehre und Verantwortungsbewusstsein.
Er blieb auf Distanz und unternahm nicht den geringsten Annäherungsversuch. Diese Ehe würde vermutlich nur auf dem Papier existieren. Dabei sehnte Maggie sich körperlich so sehr nach ihm. Aber vielleicht fühlte sie nur so, weil die Lust etwas Neues für sie war.
„Du siehst sehr ernst aus.“
Khalid stand neben ihr, und Maggie brachte Hameds Pony zum Stehen.
„Ich habe nur nachgedacht“, murmelte sie.
„Über uns und die Zukunft?“
Er klang unverschämt zuversichtlich, und am liebsten hätte sie einen Rückzieher gemacht. Aber dafür war es inzwischen zu spät.
„Khalid, ich werde dich heiraten.“
Knapp zwei Wochen später stand Maggie vor ihrem riesigen Schlafzimmerspiegel und blickte in das Gesicht einer Fremden.
Es war erstaunlich, was ein Designerkleid, Juwelen und Make-up aus einem Menschen machen konnten. Aus dem Stallmädchen war eine königliche Schönheit geworden.
Kann ich das alles schaffen?, dachte sie zum hundertsten Mal und verspürte eine Million Schmetterlinge im Bauch.
„Atemberaubend! Unfassbar!“
Auf dem Absatz fuhr sie herum. „Khalid! Was tust du hier.“
Er lehnte am Türrahmen, stieß sich jedoch ab und kam langsam auf sie zu. In diesem Augenblick sah er wirklich wie der orientalische Prinz aus, der er war. „Ich bewundere die Braut.“
„Aber du darfst gar nicht hier sein. Es bringt Umglück, wenn der Bräutigam die Braut vor der Hochzeit sieht.“
„Unglück?“ Er stieß einen undefinierbaren Laut aus. „Wir tun das doch nur für uns selbst. Außerdem bist du allein an einem Tag, an dem du eigentlich von Familie und Freunden umgeben sein solltest.“ Er nahm ihre Hand in seine. „Aber du hast keine Familie und nicht einmal Freunde zu unserer Hochzeit eingeladen. Deswegen bin ich da. Um ihren Platz einzunehmen. Ich wollte nicht, dass du allein bist, Maggie.“
„Danke, Khalid“, erwiderte sie leise.
Er drückte fest ihre Hand, und ein wohliges Gefühl durchströmte ihren ganzen Körper.
„Du hast recht. Es ist besser, nicht allein zu sein.“ Sie hatte schon zu viel Zeit damit vergeudet, sich zu fragen, wo ihre Mutter und ihre Schwester sich aufhielten. Und immer hatte sie davon geträumt, dass ihre Mutter und Cassie am Tag ihrer Hochzeit bei ihr sein würden.
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