Julia Extra Band 0297
hatte. Dabei durfte es gar nicht so sein. Immerhin handelte es sich nur um eine Zweckbeziehung. Trotzdem reagierte Maggie auf jeden von Khalids feurigen Blicken. Sie wollte mehr. Wollte ihn, ihren Mann …
„Wo sind wir hier?“ Überrascht sah sie sich um, nachdem sie durch ein paar kunstvoll bemalte Flügeltüren einen Trakt betreten hatten, der Maggie völlig unbekannt war.
„Das sind unsere Privatgemächer“, entgegnete er schlicht. „Wir befinden uns praktisch im Herzen der Palastanlage.“
„Unsere Privatgemächer?“ Diese zwei Worte klangen für Maggie wie ein Wunder. „Aber ich bin doch gerade erst in ein eigenes Apartment gezogen“, sagte sie leise.
Sanft schob er sie vor sich her. „Das war vor unserer Hochzeit. Jetzt wäre es wohl kaum angebracht, dass wir getrennt voneinander leben.“
Sie durchquerten ein geräumiges, luxuriöses Wohnzimmer, danach einen kleineren Zwischenraum und gelangten schließlich zu einer geschlossenen Tür, die mit filigranen Eisenbeschlägen verziert war.
Zuerst hob Khalid ihre Hand an seine Lippen, dann schloss er die geheimnisvolle Tür auf. „Du hast das heute hervorragend gemeistert.“
„Danke schön.“ Sie hörte ihre eigene Stimme kaum. „Ohne deine Tante hätte ich es wohl kaum geschafft. Sheila hat mich durch die Vorbereitungen und auch durch den Sprachkurs geführt. Außerdem hat sie mich einigen ihrer Freunde vorgestellt, und so kannte ich zumindest den ein oder anderen Hochzeitsgast. Das hat alles etwas leichter gemacht.“
„Trotzdem hast du deine Rolle ganz hervorragend gespielt.“
Eine Rolle gespielt. Die Realität traf sie wie ein heftiger Schlag. Alle Aufregung in ihr erstarb und hinterließ nur kalte Leere. Er wollte sie nicht.
Sie waren Fremde, verheiratete Fremde. Und sie hatte dem zugestimmt, also sollte es auch nicht so unendlich wehtun.
„Dies ist dein Zimmer, Maggie. Ich hoffe, du wirst dich hier wohlfühlen.“
Khalid deutete eine leichte Verbeugung an. Er klang wie ein Hotelangestellter, der einen Gast empfing. Nicht wie ein Mann, der seine frisch angetraute Frau nach Hause brachte.
Maggies Enttäuschung war grenzenlos. Scheinbar flüchtete er sich in die höfliche Distanz, um es ihr einfacher zu machen. Tatsächlich war es aber ein Schlag ins Gesicht!
Verdammt. So hatte er sich seine Hochzeitsnacht nicht vorgestellt. Khalid verschränkte die Hände hinter dem Rücken, um seine Fassung wiederzuerlangen. In Maggies Nähe fiel es ihm schwer, sich zu konzentrieren. Aber wenn er jetzt nachgab, würde er sie vermutlich auf der Stelle verführen. Immerhin sehnte er sich bereits seit sechs Wochen danach.
Ratlos betrachtete er ihre zitternde Unterlippe und die Schatten unter ihren Augen. Den ganzen Tag über hatte er sich gegen den unstillbaren Drang gewehrt, endlich mit ihr allein zu sein, und war tapfer seiner Pflicht nachgegangen.
Und er hatte Sheilas Bedenken ignoriert. Schließlich, welche Braut war vor ihrer eigenen Hochzeit nicht nervös? Und die Bemerkung seiner Tante, dass Maggie einen kränklichen Eindruck machte, stimmte schlichtweg nicht. Maggie war vernünftig und würde gut auf sich Acht geben. Nicht einmal die vorsichtige Andeutung des Arztes, den er an diesem Abend gesprochen hatte, Maggie sei am Rande der Erschöpfung, konnte Khalid von seinem Vorhaben abbringen, sie heute in jeder Hinsicht zu seiner rechtmäßigen Frau zu machen.
„Du siehst müde aus, Kleines.“ Langsam machte er sich doch Sorgen um sie. Als er sie in den Palast geführt hatte, war sie buchstäblich hinter ihm hergestolpert, so als hätte sie kaum noch die Kraft, sich auf den Beinen zu halten.
Nur ein rücksichtsloser Egoist würde in diesem Augenblick auf seine ehelichen Rechte bestehen. Khalid hatte aus den Augen verloren, wie anstrengend das königliche Protokoll auf Menschen wirkte, die mit diesen Formalitäten nicht vertraut waren.
Maggie war völlig isoliert in einem fremden Land und sollte sich nun obendrein noch mit den Unbefindlichkeiten einer Schwangerschaft auseinandersetzen. Für sie musste es eine emotionale Achterbahnfahrt sein.
Der Arzt hatte extra betont, wie wichtig es für Mutter und Kind sei, sich in nächster Zeit zu schonen. Khalid würde warten müssen, zumindest heute.
„Klingel einfach, wenn du etwas brauchst.“
„Bleibst du denn nicht hier?“, fragte sie überrascht. „Es wird doch etwas merkwürdig aussehen, wenn du sofort wieder auf der Feier erscheinst.“
Khalid schenkte ihr ein flüchtiges Lächeln.
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