Julia Extra Band 0297
deiner Heimat funktioniert.“
Sie zuckte die Achseln und schlug ihre Pferdezeitschrift zu, in der sie gerade gelesen hatte. „Es war nichts Besonderes. Nur eine kleine Dorfschule.“
„Wie klein? Ich habe vor, Gebäude zu errichten und mobile Lehrkräfte einzusetzen, die von Ort zu Ort reisen, um zu unterrichten.“
Damit hatte er ihr Interesse geweckt. Vielleicht konnte er sie auf diese Weise aus der Reserve locken.
„Von so etwas habe ich noch nie gehört“, gestand sie. „Im Outback gibt es ein Heimschulsystem. Die Kinder können über Funk und via Internet mit ihren Lehrern in Kontakt treten.“
Khalid nickte. „Das wäre eine gute Option, wenn wir flächendeckend Internetzugang gewährleisten können. Leider sind wir noch nicht so weit. Und wie war es jetzt in deiner Schule?“
Seine Neugier, alles über das Leben seiner Frau zu erfahren, wuchs mit jedem neuen Tag. Trotz ihrer physischen Nähe gab es noch so vieles, das er nicht wusste. Zum ersten Mal seit Jahren wollte er mehr über eine Frau erfahren, und diese Erkenntnis faszinierte ihn.
„Eng. Wir hatten nur ein Klassenzimmer. Es gab einen einzigen Lehrer, der alle Kinder bis zum Highschool-Alter unterrichtet hat.“
„Und das hat funktioniert?“
„Absolut großartig.“ Sie nickte nachdrücklich und wirkte sogar ein bisschen begeistert.
„Dann warst du vermutlich eine Einserschülerin, was?“
„Unglücklicherweise nicht“, gab sie kleinlaut zu und lachte.
„Das überrascht mich.“ Ihm war bereits aufgefallen, wie intelligent und wissbegierig Maggie war. Ihr Ehrgeiz beim Sprachunterricht war zutiefst beeindruckend.
Maggie blickte auf die Zeitschrift in ihren Händen. „Es war ein weiter Weg bis zur Schule, und manchmal wurde ich eben dringender auf der Farm gebraucht.“
„Dein Vater hat dich zu Hause bleiben lassen, damit du arbeitest?“ Er konnte es kaum fassen, obwohl diese Regelung in seinem eigenen Land keineswegs ungewöhnlich war. „Ich dachte, in Australien herrscht Schulpflicht.“
„Stimmt. Aber mein Vater hat dafür gesorgt, dass ich nicht zu oft fehle, damit die Behörden sich nicht einschalten.“
„Wahrscheinlich ist man davon ausgegangen, dass du aus eigenem Antrieb die Schule schwänzt“, überlegte er laut. „Das ist für Teenager ja nichts Ungewöhnliches.“
Entsetzt stellte er fest, dass ihre Miene schmerzverzerrt war. „Oh, es fing viel früher an. Etwa als ich acht Jahre alt war.“
Acht Jahre! Unwillkürlich versuchte er, sich vorzustellen, wie Maggie wohl als Achtjährige gewesen war. Eine Schande, wie verantwortungslos ihr Vater sie behandelt hatte!
„Er hätte sich besser um dich kümmern müssen“, sagte er wütend. Sein heftiger Ärger erschreckte ihn selbst.
„Er glaubte eben, ich wäre ihm und der Farm verpflichtet“, versuchte sie zu erklären. „Dabei hat er nie verstanden, dass ich etwas ganz anderes aus meinem Leben machen wollte.“
„Zum Beispiel, Tiermedizin zu studieren“, brummte er.
„Das wäre ohnehin nichts geworden“, wehrte sie ab. „Ich hatte weder die Zeit zu studieren noch das Geld, um dieses Studium bezahlen zu können.“
„Jetzt hast du Zeit und Geld“, erinnerte er sie und streichelte ihren Arm. Es war eine mitfühlende Geste, die sie trösten sollte. Stattdessen konnte er sich an ihren schlanken Händen, ihrer schimmernden Haut und den feinen Härchen auf ihrem Arm gar nicht sattsehen. Widersprüchliche Gefühle flammten in ihm auf, die er nicht einzuordnen wusste. Etwas an Maggie flößte ihm eine innere Ruhe und Gelassenheit, die er schon lange nicht mehr empfunden hatte. Vielleicht hatte er sich auch nur lange nicht mehr für jemanden verantwortlich gefühlt.
Was war das nur für eine Verbindung zwischen ihm und ihr? Es ging über das Körperliche hinaus. Die Kraft, die diese Verbindung hatte, war zeitweise beängstigend.
„Meinst du das ernst? Ich könnte wirklich hier studieren?“ Vor Aufregung färbten sich ihre Wangen rosa. „Ich kann das gar nicht glauben, weil ich dachte, als deine Frau dürfte ich keine eigene Karriere aufbauen.“
„Du könntest natürlich keinen Vollzeitjob ausüben“, wand er nachdenklich ein. „Schließlich hast du einige repräsentative Verpflichtungen.“ Und irgendwann auch noch mehr Kinder, fügte er in Gedanken hinzu. Die Vorstellung, sich mit seiner Ehefrau auf weitere gemeinsame Babys zu freuen, erfüllte ihn mit einem seltsam berauschenden Glücksgefühl. „Aber ich sehe keinen Grund, warum du dich
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