Julia Extra Band 0299
hingerissen. Er war wirklich der umwerfendste Mann, dem sie je begegnet war. Am liebsten hätte sie die Hände über diesen perfekten Körper gleiten lassen, über die Arme, die Schultern, die breite Brust, den flachen Bauch … Ihr stockte der Atem. Der Mann war schöner als eine griechische Statue.
Widerstrebend löste sie sich von seinem Anblick, stand auf und verließ leise das Zimmer.
„Es hätte schlimmer kommen können“, sagte sie leise vor sich hin und betrachtete lächelnd den Schlüsselbund in ihrer Hand. Sie hatte erreicht, was sie wollte, und konnte endlich die Vorratskammer aufschließen, in der sie die Babynahrung verwahrte.
„Gleich bekommst du dein Fläschchen, kleine Brianna. Ein paar Minuten musst du dich noch gedulden.“ Eilig begab sie sich in die Küche und machte sich ans Werk.
Am späten Vormittag ging der heftige Regen in ein leichtes Nieseln über. Nervös marschierte Abby in der Küche auf und ab und fragte sich, wie lange der Prinz wohl noch schlafen würde. Sie hatte ein reichhaltiges Frühstück aus warmen Zimtwecken, Obstsalat, einer Frittata, Würstchen und starkem Kaffee zubereitet. Glücklicherweise herrschte kein Mangel an Vorräten, für die Frittata musste sie allerdings zwei der frischen Eier verwenden, die sie im Dorf gekauft hatte. Hoffentlich stand Mychale bald auf, sonst war all die Mühe umsonst gewesen. Einem Prinzen konnte man schließlich kein kalt gewordenes Essen servieren.
Der Tisch war gedeckt, alles wartete auf ihn. Abby wollte einen guten Eindruck hinterlassen und ihren Standpunkt vermitteln.
Alles war genau geplant: Er würde ausgeruht in die Küche kommen, wo sie ihm das Frühstück servierte. Er würde freudig überrascht sein und sich lächelnd bei ihr bedanken. Und sie würde diese Gelegenheit nutzen, um ihn zu bitten, noch einige Tage bleiben zu dürfen. „Ich brauche einfach Abstand, um in Ruhe nachzudenken“, würde sie ihm erklären.
Die herzhafte Mahlzeit musste ihn einfach milde stimmen, sodass er einsah, dass Abby weder ihm noch seiner Familie etwas Böses wollte. „Seien Sie mein Gast“, war die einzig denkbare Reaktion.
Wahrscheinlich nutzte der Prinz das Chalet sowieso nur für diese eine Nacht, weil er auf dem Weg zu Freunden in der Nähe war. Vielleicht war er auch zu einem Rendezvous in den Bergen verabredet.
Jedenfalls musste er ihr einfach erlauben, noch zu bleiben. Bei dem Wetter konnte sie unmöglich mit dem Baby hinaus, geschweige denn das Land verlassen.
Vielleicht half die Tatsache, dass Mychale ihren Onkel kannte. Dr. Zaire war seit vielen Jahren der Leibarzt der Fürstenfamilie.
Abby stellte sich vor, wie der Prinz es sich schmecken ließ, sich dann wohlig streckte und aufstand. Im Hinausgehen würde er ihr vielleicht zuzwinkern und rufen: „Passen Sie gut auf die alte Hütte auf!“
„Selbstverständlich“, würde sie antworten und ihm lächelnd nachsehen, bis er in seinem schnittigen Flitzer im Nebel verschwunden war.
Eigentlich doch ganz einfach, oder?
Allerdings nur, wenn alles gut ging, das Essen wirklich genießbar war und Brianna nicht anfing zu weinen.
Das Baby! Abby trat noch einmal auf die Schlafzimmertür zu und lauschte. Doch von Mychale war nichts zu hören. Vermutlich schlief er noch immer. Eilig machte sie sich auf den Weg zum rückwärtigen Teil des Hauses, wo sie Brianna in einer Kammer aus einer großen Schublade und Decken ein provisorisches Bettchen gerichtet hatte.
Gerührt betrachtete sie das schlafende Kind, das ihre Schwester vor knapp zwei Monaten zur Welt gebracht hatte. Am allerwichtigsten war jetzt, Brianna zu beschützen und für sie zu sorgen.
Sie war so ein hübsches Baby mit ihrem blonden Haarflaum und den rosigen Pausbäckchen.
„Jetzt bin ich deine Mami, Sweetheart“, flüsterte sie, den Tränen nahe, als sie an den tragischen Tod ihrer Schwester dachte. „Hoffentlich mache ich meine Sache gut. Ich habe Julienne versprochen, immer gut auf dich aufzupassen.“
Das Versprechen hatte sie ihrer Schwester auf dem Sterbebett gegeben. Damals konnte sie noch nicht ahnen, wie schwierig es werden würde, dieses Versprechen zu halten. Sobald sie jedoch erkannt hatte, was ihr Onkel plante, wusste sie, dass sie das Baby vor ihm in Sicherheit bringen musste. Seine verbrecherischen Pläne hatten ihn so völlig in Anspruch genommen, dass ihm ihre regelmäßigen Fahrten zum Chalet entgangen waren. Heimlich hatte Abby alles für ihren und Briannas Aufenthalt hier vorbereitet.
Dies war nur
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