Julia Extra Band 0299
gelebt?“
Wieder schüttelte sie den Kopf. Sein offensichtliches Desinteresse an ihrem Verbleib in den letzten zwei Jahren tat weh. Anscheinend hatte er ihre Nachricht wörtlich genommen und nicht versucht, sie zu finden. Und obwohl sie genau das bezweckt hatte, versetzte es ihr doch einen schmerzhaften Stich.
„Magst du mir vielleicht sagen, wo du gewesen bist?“, fragte er und trat einen Schritt näher. „Oder erwartest du, dass ich ernsthaft glaube, dass du seit zwei Jahren aus einem Koffer dieser Größe lebst?“
Rosanne schluckte. Schließlich hatte sie genau das getan. Und wenn Isandro sich die Mühe machte, richtig hinzusehen, würde er erkennen, dass dies der Koffer war, mit dem sie damals ins Krankenhaus gefahren war. Vielleicht würde er sogar bemerken, dass auch ihr Kostüm bereits zwei Jahre alt war. Aber er schaute nicht richtig hin.
„Es spielt keine Rolle, wo ich war, Isandro. Wichtig ist nur, dass ich jetzt hier bin.“
Einen langen Moment hielt er ihren Blick mit seinem gefangen, dann zuckte er die Schultern. „Komm mit. Wir müssen los.“
Rosanne griff nach ihrer Handtasche und dann nach dem kleinen Koffer. Es überraschte sie, dass Isandro auf sie zutrat und ihr mit einer brüsken Bewegung den Koffer abnahm. Ihre Hände berührten einander. Erschrocken zog sie ihre Hand zurück, als habe sie sich verbrannt.
Ihre Pupillen weiteten sich, ihr Atem ging schneller, ihr Puls begann zu rasen. Und es gab nichts, was sie tun konnte, um diese Reaktion zu verbergen.
Hilflos schaute sie ihm in die Augen. Die kurze Berührung setzte einen Strom an Empfindungen frei, an Bildern, Erinnerungen. Und als wüsste Isandro ganz genau, was in diesem Moment in ihr vorging, ließ er seinen Blick sehr langsam und gezielt provokant über ihren Körper wandern.
Als er ihr wieder ins Gesicht sah, wirkte seine Miene kalt und verschlossen. Rosanne hegte keinerlei Zweifel daran, dass er ihre Reaktion richtig eingeschätzt hatte. Seine gesamte Haltung drückte Zurückweisung und Ablehnung aus. Noch nie im Leben hatte sie sich so gedemütigt gefühlt.
Wie durch ein Wunder sagte er nichts, sondern wandte sich nur um und marschierte, ihren Koffer in der Hand, aus dem Zimmer. Er schaute sich noch nicht einmal um. Erst am Aufzug holte Rosanne ihn wieder ein.
„Wo ist Zac?“
Die Türen des Lifts öffneten sich. Isandro wartete, bis sie sich hinter ihnen geschlossen hatten, dann erwiderte er: „Zac ist bereits mit seiner Nanny im Flugzeug. Wenn wir dort eintreffen, hält er gerade seinen Mittagsschlaf. Auf diese Weise wird sein gewohnter Tagesablauf möglichst wenig gestört.“
„Oh.“ Es rührte sie, welche Rücksicht er ganz offenbar auf die Bedürfnisse des Kleinen nahm.
Vor dem Hotel erwartete sie eine Limousine mit geöffneten Türen. Isandro bedeutete Rosanne einzusteigen. Ihr fiel auf, dass er sorgfältig darauf achtete, sie nicht zu berühren.
Fasziniert blickte sie aus dem Fenster, als der Wagen durch die Straßen Londons rollte. Es war so lange her, dass sie eine so große Stadt gesehen hatte!
„Ich dachte, du hasst London.“
Er warf ihr einen harten Blick zu. „Das tue ich auch.“
„Warum hast du dann das Hotel gekauft?“
„Warum interessiert dich das, Rosanne? Rechnest du im Geiste schon meine Vermögenswerte zusammen? Du hättest mein erstes Angebot annehmen sollen. Ich werde es nicht wiederholen.“
Sie beschloss, die Stichelei zu ignorieren. „Ich war nur neugierig, das ist alles.“
Isandro betrachtete ihr Profil, während sie nach vorne durch die Windschutzscheibe starrte. Die gerade Nase, die langen schwarzen Wimpern. Die vollen Lippen … weich und einladend. Er hasste die Tatsache, dass er sein Verlangen nicht über seinen Intellekt steuern konnte. Vorhin, in der Suite, als sie ihn mit so unverhohlener Sehnsucht im Blick angeschaut hatte, da hätte er beinahe vergessen, wer sie war. Genau wie sie es beabsichtigt hatte, daran zweifelte er keine Sekunde.
„Ich habe das Hotel kurz nach Zacs Geburt gekauft. Immerhin ist er zur Hälfte britisch. Ich kann sein Erbe nicht ignorieren. Das Hotel ist eine Investition für ihn, für seine Zukunft, falls er sich jemals entscheiden sollte, in diesem Land zu leben.“
Rosanne erwiderte nichts. Sie war zu ergriffen von den Gefühlen, die Isandros Erklärung in ihr weckte. Erinnerungen an längst vergangene Zeiten stiegen in ihr auf. An Zeiten, in denen seine Fürsorge noch ihr gegolten hatte.
Auf der einen Seite war er der
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