Julia Extra Band 0300
dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte? Eine glatte Fehleinschätzung, wie sich jetzt herausstellte. Denn Cade Dupont hatte noch eine Rechnung mit ihr offen – zumindest seiner Meinung nach.
„Ich bin geschäftlich hier“, klärte er sie auf.
Der Blick aus seinen Augen, die früher … Stopp! Hier ging es nicht weiter. Das war vermintes Gelände. Mochte ihr verräterischer Körper diesen Mann auch noch so sehr auf Anhieb als den Mann wiedererkennen, der sie in die Welt schwindelerregender Lust und intensivster Gefühle eingeführt hatte.
„Geschäftlich?“, hakte sie nach.
„So ist es. Ich plane, hier eine Niederlassung aufzumachen.“
„Was? Direkt hier?“ Selbst in ihren eigenen Ohren klang sie töricht. Aber was hätte sie auch sagen sollen? Sie wollte Cade Dupont nicht wieder hier vor Augen haben, er war Vergangenheit. Eine Vergangenheit, in der sie himmelhoch jauchzend glücklich gewesen war, leider mit einem sehr bitteren Ende. Und inzwischen war das Feuer der Leidenschaft längst erloschen.
„Was denn für eine Niederlassung?“, fragte sie mit einer Stimme, die gar nicht wie ihre eigene klang.
Er plante doch nicht etwa, ihr Konkurrenz zu machen? Die Whitsundays, eine Inselgruppe von über hundert Inseln, galten als erste Adresse, wenn man in Australien eine Segeljacht mieten wollte. Die Ausflüge zum Great Barrier Reef waren fast immer ausgebucht.
Simone wusste, dass sie sich glücklich schätzen konnte, in einem so herrlichen Teil der Welt zu leben. Leider waren ihre Ambitionen ins Leere gelaufen, und ihre Hoffnungen hatten sich nicht erfüllt. Sie spülte die aufsteigende Bitterkeit mit dem letzten Schluck Wein hinunter und streckte die Hand nach der Flasche aus.
Aber Cade kam ihr zuvor. „Wenn du erlaubst.“
Für einen flüchtigen Moment berührten lange braune Finger ihre Hand. Simone zuckte zusammen und zog eilig die Hand zurück. Sie holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. Dabei beobachtete sie, wie Cade ihr Wein nachschenkte und dem Kellner ein Zeichen machte, dass er auch ein Glas wollte. Er strahlte ein umwerfendes Selbstbewusstsein aus.
Cade war zweiunddreißig, und sie war neun Jahre jünger – aber älter und klüger als die naive Achtzehnjährige von vor fünf Jahren. Wenn auch offensichtlich nicht alt genug, um ein taumelndes Unternehmen vor dem Sturz in den Abgrund zu bewahren, dachte sie bitter.
Demnächst müsste sie Konkurs anmelden. Eine Schande für ein Unternehmen dieser Art in allerbester Geschäftslage! Irgendjemand würde ihr die Firma für ein Butterbrot abkaufen, und wenn der neue Besitzer klug investierte, bekäme er in absehbarer Zeit eine Goldgrube.
„An was für ein Unternehmen ich denke?“ Cade hielt sein Glas ins Licht und studierte lächelnd den Inhalt. „Na, an was wohl? Natürlich an eine Chartergesellschaft für Segelboote. Das ist schließlich das Einzige, wovon ich etwas verstehe.“
Simone blieb das Herz stehen, und es dauerte gefährlich lange, bis es wieder normal schlug. „Hast du in England … dann hast du in England also auch so eine Firma auf die Beine gestellt?“
„Das überrascht dich, was? Natürlich musste ich einen Kredit aufnehmen, aber anschließend lief alles erstaunlich glatt.“ Er kniff die goldenen Augen zusammen und musterte sie eingehend. „Apropos glatt, wie läuft’s denn bei dir so?“
Kein Zweifel, er wusste Bescheid! Das sah sie ihm an. Irgendwer musste ihm gesteckt haben, dass es mit MM Charters rasant bergab ging.
„Dazu möchte ich im Moment lieber nichts sagen.“
„Ach ja?“ Amüsiert hob er eine Augenbraue. „Warum so zugeknöpft? Ist es dir unangenehm, zuzugeben, dass es um deine Firma derzeit nicht allzu gut bestellt ist?“
„Du spionierst mir also wirklich nach, ja?“ Wütend funkelte sie ihn an. Himmel, sie musste sofort weg hier, auf der Stelle. Das fehlte noch, dass sie sich in aller Öffentlichkeit mit Cade Dupont stritt. Simone atmete wieder tief durch, dann noch einmal, und als er nicht reagierte, stand sie auf. „Ich muss los, Cade. Mach’s gut.“
Mit gestrafften Schultern, den Kopf hoch erhoben, trat Simone den Rückzug an. Aber so leicht wollte Cade sie offenbar nicht davonkommen zu lassen. Auf ihrem Weg zur Tür sah sie in einem Spiegel, dass er eine Handvoll Geldscheine auf den Tisch warf und ihr mit langen Schritten folgte.
Verdammt! Jetzt hatte sie im Eifer des Gefechts auch noch vergessen zu bezahlen. Oder hatte er womöglich nur seine eigene Rechnung
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