Julia Extra Band 0300
handelt“, sagte Charlie in diesem Moment.
„Wie bitte?“ Fassungslos sah er ihr ins Gesicht.
„Deklariere das Bild als Fälschung, damit die Menschen, die es betrachten, nicht getäuscht werden“, erklärte sie mit ernster Mine.
War sie nun völlig übergeschnappt? Orlando schüttelte über so viel Naivität den Kopf. Schließlich hatte er ein Vermögen für dieses angebliche Kunstwerk bezahlt.
„Mit deiner Hilfe werde ich sicherlich eine Lösung für dieses Problem finden“, erklärte er diplomatisch.
„Ich habe damit nichts zu tun, Orlando, ich bin nicht deine Angestellte.“
„Noch nicht!“
Charlie machte eine abwehrende Handbewegung. „Ich bin mit dem jetzigen Zustand sehr zufrieden.“
Offensichtlich war ihr nicht klar, mit wem sie sprach! „Ganz gleich, ob es sich um eine Fälschung handelt oder nicht, ich liebe dieses Bild“, versuchte er Charlie zu überzeugen. „Es war Liebe auf den ersten Blick!“ Als er ihren skeptischen Blick bemerkte, stutzte er für einen Moment. „Hältst du mich etwa für unfähig, romantische Gefühle zu entwickeln?“
Ich halte dich für manipulierend und skrupellos, aber sicherlich nicht für romantisch, überlegte Charlie, behielt aber vorsichtshalber ihre Gedanken für sich.
„Warum tauschen wir uns nicht beim Essen über das Thema ‚Liebe auf den ersten Blick‘ aus?“
Seite an Seite gingen Charlie und Orlando durch das nächtliche Venedig, diese zauberhafte Stadt, in der die Geschichte allgegenwärtig war.
„Glaubst du denn an die Liebe auf den ersten Blick?“, fragte Orlando in diesem Moment.
Auf ihre Antwort wartend, blieb er stehen. Automatisch fiel Charlies Blick auf seine sinnlichen Lippen, und sofort stieg die Erinnerung an seine heißen Küsse wieder in ihr auf. Dabei war doch alles nur ein Mittel zum Zweck gewesen, um sie in sein Schlafzimmer zu locken, damit sie sich dort sein Gemälde ansah. Warum auch sonst sollte ein venezianischer Milliardär sich zu einer mittellosen Restauratorin hingezogen fühlen? Noch dazu wenn sie so unscheinbar ist wie ich, dachte sie voller Selbstironie.
„Nun?“, drängte Orlando auf eine Erwiderung.
Machte er sich über sie lustig? Sie sehnte sich so verzweifelt nach einem Mann, der ihr ehrliche Gefühle entgegenbrachte. Ein Typ wie Orlando jedoch war nur in die Macht verliebt, die er über andere Menschen ausübte. Niemals durfte er erfahren, was sie für ihn empfand. Es war notwendig für sie, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, wie kalt und gefühllos er reagiert hatte, nur weil sie eine harmlose Zeichnung von ihm angefertigt hatte. Orlando war viel zu gefährlich, um einen Flirt mit ihm zu riskieren.
„Liebe auf den ersten Blick?“, wiederholte er ungeduldig.
Ihre Gesichter waren ganz nah. Wie sehr sie sich nach ihm sehnte! Hastig trat Charlie einen Schritt zurück, um nicht in Versuchung zu geraten, sich in seine Arme zu werfen.
„Ich denke, einige Menschen erfahren das große Glück, den Partner zu finden, mit dem sie ihr Leben verbringen wollen, und es auch gleich zu wissen, während andere ihn vielleicht niemals treffen …“ Charlie wandte den Kopf ab, damit er das Verlangen in ihren Augen nicht sehen konnte.
„Wie ist es mit uns beiden?“
„Mit uns?“
Ungläubig starrte sie ihn an. Im Vergleich zu Orlando war sie ein Nichts! Sogar hier in Venedig fiel er durch sein gutes Aussehen und seine Ausstrahlung auf. Andere Männer wirkten in seiner Gegenwart unscheinbar und langweilig.
„Du sehnst dich nach mir“, stellte er mit vor Erregung rauer Stimme fest. „Wir befinden uns in der Nähe meines Hotels.“
Sie war unfähig, etwas zu erwidern. Wie hatte er ihre wahren Gefühle nur erkannt? Waren sie ihr etwa ins Gesicht geschrieben?
„Ich werde dich lieben, bis du vor Erschöpfung in meinen Armen einschläfst“, flüsterte er dicht an ihrem Mund.
Spätestens jetzt müsste Charlie ihm erklären, dass er sie in Ruhe lassen sollte. Dazu konnte sie sich jedoch nicht durchringen.
6. KAPITEL
Charlie war so zart wie eine Porzellanpuppe. Orlando, der sie auf seinen Armen in sein Schlafzimmer trug, hielt sich mit aller Kraft zurück. Vorsichtig, als könne er sie zerbrechen, legte er sie auf das breite Bett, bevor er sich seines Jacketts und seiner Krawatte entledigte. Seine eigentliche Absicht, Charlie zu verführen, um sie gefügig zu machen, war vergessen. Diese Frau hatte ihn verändert, wobei er noch nicht sicher war, ob er die weichen und liebevollen Seiten, die er
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