Julia Extra Band 0300
gerade an sich entdeckte, auch mochte. Er schien sich selbst nicht mehr zu kennen.
Wie anders könnte alles sein, wenn er nicht in jungen Jahren von seiner damaligen Ehefrau so sehr enttäuscht worden wäre. Nach kurzer Ehe hatte sie ihn wegen eines älteren, damals weitaus erfolgreicheren Mannes verlassen. Diese schlimme Erfahrung hatte Orlando kalt und gefühllos werden lassen, was seinem beruflichen Aufstieg allerdings zugute kam. Seitdem wollte er sich nie wieder gefühlsmäßig von einer Frau abhängig machen. Bis Charlie Bennett in sein Leben trat und ihn veranlasste, diese Regel zu brechen.
Es wurde von Minute zu Minute schwieriger für Orlando, sich in Erinnerung zu rufen, dass Charlie in Venedig war, um einen Auftrag für ihn zu erledigen. Sie war seine Mitarbeiterin, und eigentlich sollte es auch dabei bleiben.
Sein Bruder Santino jedoch hatte eine seiner Angestellten geheiratet und war überglücklich mit dieser Frau. Orlandos Gedanken drehten sich im Kreis. Er wusste einfach nicht, was er tun sollte. Nur eines war völlig klar: Charlie und er begehrten einander!
„Warum lächelst du?“ Aufmerksam betrachtete sie ihn, als er sich auf dem Bett niederließ. Sie schlang zärtlich die Arme um seinen Hals und schenkte ihm dabei einen vertrauensvollen Blick.
„ Du bringst mich zum Lächeln“, gestand er leise, bevor er eine Reihe zarter Küsse auf ihren Nacken hauchte.
Charlie erschauerte vor Lust. „Ist das ein Kompliment?“
„Das weiß ich noch nicht“, gab Orlando ehrlich zu. „Du musst mir helfen, es herauszufinden.“
„Ich will dich“, murmelte sie dicht an seinem Ohr. „Das ist alles, was ich weiß.“
„Ich will dich auch“, gestand er, wobei er sicher war, dass er sich sofort von ihr zurückziehen würde, falls sie irgendwann irgendwelche Ansprüche an ihn hatte.
Im Augenblick aber zählte nur eines: Sie wollten einander spüren und sich lieben. Mit hastigen Bewegungen entledigten sie sich ihrer überflüssigen Kleidung.
„ Caro Dio! Du bist so schön!“, rief Orlando bewundernd, als Charlie nackt vor ihm lag.
„Liebe mich, Orlando. Lass uns an nichts anderes mehr denken …“
Erschöpft und noch immer eng umschlungen lagen sie beieinander. Charlie streichelte sein Gesicht mit so viel Zärtlichkeit, dass er den Kopf abwenden musste.
„Du hast vorhin von der Liebe auf den ersten Blick gesprochen, Orlando …“
Er unterbrach sie mit einem Kuss. Worte sollten jetzt nicht das zerstören, was er und Charlie gerade miteinander erlebt hatten. Liebe … Sie glaubte daran, während er nicht sicher war, ob er je wieder etwas für eine Frau empfinden konnte und wollte. Aber Charlie verdiente etwas Besseres.
„Willst du mich nicht noch einmal lieben, Orlando?“
Wie konnte er ihr diese Bitte abschlagen?
Nach einem ausgiebigen gemeinsamen Frühstück ging Charlie noch einmal in das Labor, in dem sie den Beweis angetreten hatte, dass Orlandos Gemälde eine Fälschung war.
Orlando, ihr Geliebter … Gedankenverloren hielt sie in ihrer Arbeit inne. Es war unglaublich, wie schnell sich dieser harte und kalte Mann zu einem zärtlichen, fürsorglichen Menschen gewandelt hatte. Plötzlich schienen all ihre Differenzen nicht mehr vorhanden zu sein.
In kürzester Zeit war Orlando Rossi ein außerordentlich wichtiger Teil ihres Lebens geworden, und sie würde alles tun, um ihn glücklich zu machen. Mit einem triumphierenden Lächeln betrachtete sie die Fälschung. Orlando hatte ihr gestern Abend keinerlei Gelegenheit gegeben, ihre Vermutung zu äußern, weil andere, weitaus wichtigere Dinge im Vordergrund gestanden hatten. Charlies Meinung nach verbarg sich ein weiteres Gemälde unter dem, das sie als Fälschung erkannt hatte. Und dieses zweite Bild war ein Vermögen wert.
„Charlie? Was tust du hier?“
„Ich habe eine große Überraschung für dich.“ Beim Anblick des Mannes, in den sie sich unsterblich verliebt hatte, wurde ihr Gesichtsausdruck weich vor Glück. Aber ein gewisser Unterton ließ sie aufhorchen.
„Ich habe klare Anweisungen gegeben. Das Bild darf nicht mehr berührt werden.“
„Aber …“
„Dein Auftrag ist beendet. Du hast meine neueste Errungenschaft als Fälschung enttarnt. Warum lässt du es nicht dabei bewenden?“
Es war, als flösse Eis durch ihre Adern, als Charlie die alte Kälte in Orlandos Augen entdeckte. „Bitte, gib mir doch eine Chance, dir zu erklären, was ich entdeckt habe.“
„Was?“, fragte ungeduldig.
„Ich vermute, dass sich
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