Julia Extra Band 0300
sinken. Was sie jetzt brauchte, war eine kalte Dusche … Schon wieder? Nein. Also nur etwas gegen die Kopfschmerzen.
Beatrice nahm zwei Tabletten und wählte dann eine Jeans und eine weiße Bluse aus, die sie auch unter normalen Umständen getragen hätte. Sie schien gut beraten, ihr Theater ein wenig zurückzufahren. Den letzten Ereignissen nach zu urteilen, hatte sie ihre Rolle zu gut gespielt.
Gerade schlüpfte sie in ein Paar Ballerinas, als es an der Tür klopfte. Bevor sie den unerwarteten Besucher hereinbitten konnte, stand Tariq im Zimmer. Vielleicht dachte er, er hätte das Recht dazu. Vielleicht ging er auch davon aus, sie würden dort weitermachen, wo sie aufgehört hatten.
Und wer konnte ihm das verdenken? Beatrice errötete beschämt. Jetzt kam es darauf an, ihm klarzumachen, dass so etwas wie am Pool nicht wieder passieren würde.
Unvermittelt beendete sie das Zwiegespräch mit sich selbst und atmete tief durch. Dann schob sie die Daumen durch die Gürtelschlaufen ihrer Jeans und schenkte Tariq ein kühles Lächeln. „Es ist besser, wenn du gehst.“
Hinter dem aufgesetzten, abgeklärten Lächeln verspürte Beatrice so etwas wie Angst, die sie aber nicht wahrhaben wollte. Herausfordernd hob sie das Kinn und machte einen Schritt auf Tariq zu. Trotzdem war da noch die Sorge, dass er sie nur zu berühren brauchte, damit sie erneut dahinschmolz.
Um Himmels willen, Beatrice, reiß dich zusammen! Hör auf so zu tun, als seist du die Heldin in einem Biedermeier roman. Das ist das einundzwanzigste Jahrhundert, und Tariq ist nicht dabei, dich für seinen Harem zu rekrutieren!
Trotzdem sollte er jetzt den Raum verlassen. „Ich möchte dir keine Szene machen“,erklärte Beatrice nun. Wahrscheinlich könnte sie ohnehin so laut schreien, wie sie wollte, ohne dass irgendjemand innerhalb der Palastmauern darauf reagieren würde. „Ich werde es aber tun, wenn du nicht sofort gehst.“
„Es hat einen Unfall gegeben“, sagte er nur. Dabei musste er sich eingestehen, dass es dazu nicht gekommen wäre, hätte er nicht für die Verzögerung von Khalids Rückkehr gesorgt. Jetzt klangen die Abschiedsworte seines Bruders in seinen Ohren nach: „Sag Beatrice, dass ich bald zurück bin. Und, Tariq, lass sie in Ruhe! Sie ist nicht so … hart im Nehmen, wie es scheinen mag.“
Tariq hatte ihm das Versprechen gegeben, ohne rot zu werden. Seine Motive waren rein – das dachte er zumindest –, und der Zweck heiligte die Mittel. Sein Bruder musste vor Beatrice Devlin gerettet werden. Und war es da so ein großes Opfer, eine Situation herbeizuführen, die damit endete, dass er, Tariq, sich in ihrer wunderbaren Weiblichkeit verlor?
„Es hat einen Unfall gegeben?“, wiederholte Beatrice benommen. Irgendwie schien sich ihr Kopf zu weigern, die Aussage umzusetzen.
„Ja, bei der Tauwasser-Gewinnungsanlage.“
Sie schluckte. „Bitte, sag mir, was geschehen ist.“
„Es gab Verletzte.“ Den größten Schaden hatte dabei seine moralische Integrität genommen. Während er beinah mit der Frau geschlafen hätte, die sein Bruder liebte, rang dieser mit dem Tod.
Beatrice wurde blass. Sie erinnerte sich, mit welcher Bewunderung Emma Khalid angesehen hatte … Wenn ihm etwas passiert war, wusste Beatrice nicht, wie ihre Freundin das verkraften würde.
„Ist etwas mit Khalid?“, fragte Beatrice, und niemand, nicht einmal eine Oscarpreisträgerin, hätte die Panik besser darstellen können, die sich jetzt auf ihrem Gesicht zeigte.
„Er ist auch verletzt worden. Setz dich hin“, sagte Tariq forsch, denn es sah ganz so aus, als würde Beatrice sonst das Bewusstsein verlieren. Er hatte nie geglaubt, dass Beatrice wirklich etwas für seinen Bruder empfand. Doch das änderte sich jetzt schlagartig.
Als er noch der Meinung gewesen war, Beatrice Devlin sei eine böswillige Heiratsschwindlerin, hatte er eine Rechtfertigung für sein Verhalten gehabt. Aber wenn es sich nun nicht so verhielt? Wenn sein Bruder mit ihr tatsächlich glücklich war, was machte das dann aus ihm und seinem Verhalten?
Beatrice ignorierte seine Aufforderung, sich zu setzen. Nicht, weil es keine gute Idee gewesen wäre, sondern weil sich alles, was er sagte, wie ein Befehl anhörte, und tief in ihrem Bewusstsein verankert war, auf Befehle und Autoritätspersonen nicht zu reagieren.
„Er ist ins Krankenhaus gebracht worden …“
„Dann lebt er?“, rief Beatrice erleichtert und fügte mit bebender Stimme hinzu: „Gott sei Dank!“, ehe ihre
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