Julia Extra Band 0300
denn?“, fragte Tariq nach, als Beatrice ins Stocken geriet.
„Irgendwie habe ich den Eindruck, es ist meine Schuld. Hätte ich nicht unbedingt herkommen wollen, würde Khalid jetzt nicht im Krankenhaus liegen.“
„Nein, sondern in deinem Bett.“ Da, wo jeder Mann sein wollte, überlegte Tariq im Geheimen und ließ den Blick über ihr Gesicht gleiten. Schließlich blieb er an ihren schönen vollen Lippen hängen.
Beatrice sah betreten weg. Der einzige Mann, mit dem sie jemals das Bett hatte teilen wollen, saß eine Armlänge von ihr entfernt. Und das Bewusstsein darum machte ihr wahnsinnige Angst. Was geschieht nur mit mir?
„Du sorgst dich wirklich um Khalid, oder?“
„Ja, natürlich“, antwortete Beatrice, ohne nachzudenken.
„Und es ist für dich kein Widerspruch, den einen Bruder zu lieben und mit dem anderen zu schlafen?“
„Ich habe doch nicht …“ Sie errötete und warf einen verschämten Blick über die Schulter zu den Wachmännern, die keine Miene verzogen. Flüsternd setzte sie dann noch einmal an: „Wir haben es doch nicht getan …“
„Hätten wir aber“, warf Tariq spöttisch ein.
„Das wäre nur Sex gewesen, keine Liebe. Ich mag dich ja nicht einmal!“
„Du stellst deinen Körper zur Schau wie ein Flittchen, errötest aber wie eine Jungfrau, wenn wir von Sex sprechen.“
„Ich bin ein wahres Bündel von Widersprüchen. Das ist Teil meiner unwiderstehlichen Anziehungskraft“, sagte Beatrice und war richtig erleichtert darüber, dass der Hubschrauberpilot genau in diesem Augenblick zur Landung ansetzte. „Wir sind da!“
„Du hast mich belogen“, flüsterte Beatrice mit bebender Stimme, nachdem der Arzt das Besprechungszimmer verlassen hatte.
Tariq ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und zuckte nur die Schultern. „Wenn ich dir gesagt hätte, dass man Khalid am Kopf operieren muss, hättest du dich dann besser gefühlt?“
„Darum geht es gar nicht, sondern darum, dass du immer alles allein entscheidest und den anderen wesentliche Informationen vorenthältst.“ Am Schlimmsten erschien Beatrice dabei, dass sie nicht mehr wusste, ob es richtig gewesen war, Emma nichts zu sagen. Damit hatte auch sie ihrer Freundin etwas Wesentliches vorenthalten. „Kann ich ihn sehen?“
„Er ist noch nicht bei Bewusstsein. Im Augenblick ist mein Vater bei ihm. Ich gehe jetzt zu den beiden und hole dich dann später.“
Es dauerte eine halbe Stunde, bis Tariq zurückkehrte. Beatrice, die fast die ganze Zeit auf und ab gegangen war, hatte sich gerade hingesetzt, als Tariq – groß und stattlich – hereinkam. Er sah ihr direkt in die smaragdgrünen, angsterfüllten Augen und erklärte dann: „Sein Zustand ist unverändert.“
Beatrice entspannte sich ein wenig. „Du sagst mir doch die Wahrheit?“
Noch vor einer Woche wäre Tariq zu Tode beleidigt gewesen, hätte jemand seine Aufrichtigkeit infrage gestellt. Aber inzwischen hatte er sich an Beatrices Respektlosigkeiten beinah schon gewöhnt. Außerdem erkannte er an ihrem Blick, dass sie sich tatsächlich um Khalid sorgte. „Willst du ihn jetzt sehen oder nicht?“
Beatrice nickte und schenkte Tariq im Vorbeigehen ein dankbares Lächeln. Im Krankenhausflur standen überall Wachen. Sicher, weil ein Mitglied der Königsfamilie als Patient hier war.
Als sie vor Khalids Zimmer standen, wandte Tariq sich noch einmal an sie. „Da sind überall Schläuche und Bandagen. Nicht, dass du dich erschreckst.“
Beatrice war froh, dass Tariq sie vorgewarnt hatte. Khalid so daliegen zu sehen, war wirklich ein erschreckender Anblick. Beim Betrachten des bewusstlosen Freundes schob sich kurzfristig ein anderes Bild dazwischen … das ihrer Mutter, als diese schon stark von der Krankheit gezeichnet und kaum wiederzuerkennen gewesen war. Beatrice bemühte sich, es loszuwerden. Denn so hatte sie ihre Mutter nicht in Erinnerung behalten wollen. Am Ende war es Tariqs raue Stimme, die sie dazu brachte, die unangenehmen Bilder zu verdrängen.
„Alles in Ordnung, Beatrice?“
Er hatte ihr tröstend eine Hand auf die Schulter gelegt, und Beatrice wandte den Kopf. Als sich ihre Blicke trafen, verstärkte er den Griff, und Beatrice hätte sich am liebsten an seine Schulter gelehnt. Durch irgendeine unsichtbare Kraft fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Dabei fragte sie sich unwillkürlich, was Tariq wohl tun würde, wenn sie tatsächlich ihrer Sehnsucht nachgeben würde. Würde er sie in die Arme nehmen? Würde er ihr mit den Fingern
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