Julia Extra Band 0300
Aussehen zu machen … aber sie tat es doch. Tariq sah wie immer umwerfend aus, obwohl er von Kopf bis Fuß mit feinem rötlichem Sandstaub bedeckt war.
„Wo bist du denn gewesen?“, platzte sie heraus, unfähig, den vorwurfsvollen Ton zu unterdrücken. Versöhnlicher fügte sie dann hinzu: „Ich war so allein.“ Doch sobald sie das gesagt hatte, wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Ihr Leben lang war sie allein gewesen und damit immer wunderbar zurechtgekommen. Jetzt machte sie sich auf die Retourkutsche von Tariq gefasst.
Aber da kam nichts.
„Ich bin geritten“, sagte er nur, während ihm eine innere Stimme zuflüsterte: Na, wohl eher davongelaufen! „Wenn ich nachdenken muss, kann ich das am besten in der Wüste. Der Arzt hätte mich übers Satellitentelefon erreichen können.“
„Die Ärzte und Schwestern sind hier ständig ein- und ausgegangen, aber mir haben sie keine Auskunft gegeben.“
„Waren sie unhöflich zu dir?“, fragte er, und seine Augen funkelten wütend.
„Nein, nur beschäftigt.“ Beatrice zeigte sich erstaunt über seine Reaktion. Wie kam es, dass er sie plötzlich so zuvorkommend behandelte?
„Ich habe den Chefarzt beim Hereinkommen getroffen. Er sagte, Khalids Zustand sei unverändert.“
„Ja, leider … Wie spät ist es denn bloß?“, fragte Beatrice, die erst jetzt bemerkte, dass draußen bereits die Straßenlaternen brannten. Bisher hatte sie ausschließlich Tariqs Anwesenheit beschäftigt. Dabei war ihr auch nichts entgangen, nicht einmal, wie sich seine Haare im Nacken wellten. Das Bild, das sie von ihm hatte, würde sie nie wieder loswerden. Es war ihr auf ewig ins Gedächtnis eingebrannt.
„Es ist nach Mitternacht. Du solltest in den Palast zurückkehren und dich ein wenig ausruhen.“
Sie schüttelte den Kopf. Sein Blick aus dunklen Augen machte sie nervös, trotzdem war ihr klar, dass sie sich nach ihm sehnen würde, sobald er das Zimmer verließ. Das ergab natürlich alles überhaupt keinen Sinn. Ihre Gefühle fuhren Achterbahn mit ihr. „Ich habe mich schon ausgeruht“, sagte sie schließlich und strich über die Schlaffältchen auf ihrer Wange.
„Soll mich diese Hingabe beeindrucken?“
Bevor Beatrice etwas darauf erwidern konnte, fügte Tariq hinzu: „Wenn das so ist, entspann dich. Du hast mich bereits beeindruckt.“
„Tatsächlich?“
„Ich kann jetzt sehen, dass du meinem Bruder echte Gefühle entgegenbringst.“
Wie gebannt sah Beatrice ihn an und überlegte, warum seine Stimme so merkwürdig klang und woher der angespannte Gesichtsausdruck rührte.
„Ich werde mit meinem Vater sprechen. Aber das ist nur eine Formalität.“
„Ich verstehe nicht … Worüber willst du mit ihm reden?“
„Ich werde eurer Heirat nicht länger im Weg stehen. Ich gebe euch meinen Segen.“
Beatrice wurde blass. Das konnte – durfte – ja wohl nicht wahr sein! Ihr Plan war nicht nur fehlgeschlagen, sie hatte sich damit ein Eigentor geschossen! „Aber ich dachte, meine Gene seien nicht wertvoll genug für die Königsfamilie …“
Tariqs Gesichtsausdruck verdüsterte sich. „Das habe ich nicht gesagt“, erklärte er dann steif. „Oder jemals gedacht.“
Mit zittrigen Knien stand sie auf und strich sich das rote Haar mit beiden Händen aus dem Gesicht. „Wieso sagst du das?“, fragte sie mit einem verzweifelten Anklang in der Stimme.
„Ein solcher Moment …“ Sein Blick aus dunklen Augen schweifte kurz zu der bandagierten Gestalt auf dem Bett. „… erinnert einen daran, was im Leben wirklich wichtig ist.“
Sie unterdrückte einen Seufzer. Da wurde dieser Mann endlich menschlich, aber musste es denn ausgerechnet jetzt sein?
Als er den Arm ausstreckte, um ihr Kinn zu berühren, zuckte sie nicht zurück, sondern sah ihm direkt in die Augen. Dabei verlor sie sich unwiederbringlich in den von silberfarbenen Reflexen erhellten Tiefen. Während sie ihn anblickte, spürte sie eine innere Wärme, die sie geradezu überrollte. Sehnsucht und Verlangen, der Wunsch, bei ihm zu sein und sich ihm bedingungslos hinzugeben, wurden übermächtig.
Und berührten ihre Seele.
Dann traf sie die Erkenntnis wie ein Blitz. Beatrice fand keine Worte, und ihrer wie zugeschnürten Kehle entfloh ein leises Seufzen. Plötzlich wusste sie zweifelsfrei, dass sie dem Mann in die Augen sah, der die Liebe ihres Lebens war.
Unerwiderte Liebe hatte sie immer für ein bisschen bedauernswert gehalten. Jetzt erfuhr sie am eigenen Leib, dass es höllisch wehtat und
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