Julia Extra Band 0300
jeglicher Logik entbehrte.
„Du lässt dich nun einmal von moralischen Grundsätzen nicht einschränken …“, fuhr Tariq erklärend fort.
Wenn das nur wahr wäre!, dachte Beatrice.
„… aber das macht dich nicht zu einem schlechten Menschen. Du bist geistreich, stark und schön …“
Er findet mich schön!
„ Ja, und du bist die wohl unpassendste Braut, die man sich vorstellen kann.“ Der sanfte Zug um seinen Mund verhärtete sich, als er fortfuhr: „Aber du liebst nun einmal meinen Bruder. Und er liebt dich. Vielleicht funktioniert eure Ehe, vielleicht auch nicht“, meinte er dann mit rauer Stimme. „Aber es reicht, wenn ein Sohn in der Familie sich zum Sklaven von Pflicht und Tradition macht.“
Hörte sie da so etwas wie Verbitterung?,überlegte Beatrice, bevor sie laut sagte: „Vielleicht denkst du morgen schon wieder ganz anders darüber …“
„Meine Haltung zu diesem Thema wird sich nicht ändern.“
„Aber …“
„Streitet ihr beiden etwa?“
Beatrice und Tariq wandten sich gleichzeitig der Gestalt auf dem Bett zu.
„Mein Kopf tut weh.“
„Khalid!“, rief Beatrice und beugte sich über ihn.
Tariq ging zur Tür und sprach mit den beiden Männern, die Wache hielten.
„Ich glaube, er schläft schon wieder“, sagte Beatrice, als Tariq ins Zimmer zurückkam. „Aber das heißt doch, dass er wieder ganz gesund wird, oder?“
Tariq war am Fußende des Bettes stehen geblieben, und über sein Gesicht huschte ein Lächeln. „Ich glaube schon.“
Überglücklich stürzte Beatrice sich in Tariqs weit geöffnete Arme. Er hob sie hoch und wirbelte sie herum, als wöge sie nichts. Als er sie absetzte, neigte Beatrice den Kopf zurück. Tariq beugte sich zu ihr hinunter, und sie ging auf die Zehenspitzen, um ihm ganz spontan vor Erleichterung einen Kuss auf die Lippen zu hauchen.
Ihre Münder hatten sich kaum berührt, als Beatrice begriff, was sie tat, und sich mit einem leisen „Huch“ zurückziehen wollte. Doch Tariq, der ihr die Hand auf den Rücken gelegt hatte, hielt sie fest an sich gedrückt.
Ihr Blick schien mit seinem zu verschmelzen, und alles – mit Ausnahme ihres Herzschlags – verlangsamte sich. Beatrice seufzte leise auf, in ihrem Bauch schienen Schmetterlinge zu tanzen.
Vorsichtig strich Tariq ihr mit dem Zeigefinger über die Lippen. „Du zitterst ja.“
„Du aber auch“, sagte Beatrice, die fühlen konnte, wie Tariqs durchtrainierter Körper von einem Schauer erfasst wurde.
„Du bist so schön.“
Das heiße raubtierartige Glitzern in seinen halb geschlossenen Augen machte sie ganz schwindelig. Vor Aufregung krampfte sich ihr Magen zusammen. „Du auch. Ich denke …“
„Nicht denken!“, raunte er, bevor er sie erneut küsste und noch stärker an sich zog. Während er das warme, weiche Innere ihres Mundes erkundete, schob ihm Beatrice seufzend die Hände ins dunkle Haar.
Als sich ihre Lippen lösten, standen sie schwer atmend da, doch keiner machte Anstalten, sich zurückzuziehen. Ihre Münder waren einander ganz nah, ihre Körper berührten sich noch, bis ein Räuspern an der Tür dafür sorgte, dass sie auseinanderwichen.
„Guten Abend, Vater.“
Mit hochrotem Gesicht wandte sich Beatrice dem König zu, der, flankiert von zwei Wachen, auf der Türschwelle stand.
9. KAPITEL
Nachdem Beatrice in den Palast zurückgekehrt war und einige Stunden geschlafen hatte, rief sie Emma an. Eine ganze Weile vergewisserte sich die Freundin immer wieder weinend, ob Khalid auch wirklich außer Gefahr sei. Dann erklärte sie mit ihrer sanften Stimme, dafür aber ungewöhnlich entschieden, sie würde den nächsten Flieger nach Zarhat nehmen und Beatrice dort treffen.
Beatrice sagte Emma nicht, dass sie dann nicht mehr da wäre. Noch weiter hier zu bleiben ergab keinen Sinn, außer sich der schmerzlichen Wahrheit stellen zu müssen. Sie war in Tariq verliebt, und wenn er von ihrem Theater erfuhr, würde er sie nur noch verachten.
Als sie ihren Rückflug buchen wollte, stellte sich heraus, dass es erst wieder am nächsten Tag freie Plätze auf dem Direktflug nach London gab. Doch Beatrice bekniete den Angestellten, der ihr schließlich eine sehr anstrengende Route mit mehrmaligem Umsteigen und zehnstündigem Aufenthalt in Paris anbot. Und obwohl der Mann ihr erklärte, dass sie mit der Verbindung am nächsten Tag sehr viel schneller in London sein würde, buchte Beatrice die Reise.
Ein zehnstündiger Aufenthalt auf irgendeinem Flughafen der Welt war in jedem
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