Julia Extra Band 0301
schlüpfte dort so leise wie möglich in ihre Sachen. Dann zog sie das Handy aus der Gesäßtasche und fand zwei Mitteilungen von Jason.
Wo bist du? ,
lautete die erste,
Bin nach Rom zurück. Fliegst du morgen mit? ,
die zweite.
Eileen atmete erleichtert auf. Wenigstens saß Jason nicht auch hier irgendwo fest. Die Frage war nun, wie sie noch heute Nacht nach Rom zurückkam, um ihren Flug am Morgen zu bekommen und so viel Distanz wie möglich zwischen sich und Gianluca zu bringen. Das war bestimmt das Beste: so zu tun, als wäre nichts geschehen. Wenn sie hier bloß nicht festsäße …
Aber dann erinnerte sie sich, dass Gianluca mit seinem eindrucksvollen Sportwagen hergekommen war, und hatte eine Idee. Vielleicht war es total verrückt, aber wenn schon. Was hatte sie jetzt noch zu verlieren? Nach dieser Nacht wäre ihr Vertrag mit seiner Firma sowieso hinfällig. Oje, sie durfte gar nicht daran denken, was ihre Geschäftspartnerin Suzy dazu sagen würde.
Auf Zehenspitzen schlich Eileen in Gianlucas Schlafzimmer zurück und machte sich furchtbare Vorwürfe. Als sie seinen Autoschlüssel in der Jeans fand, atmete sie erleichtert auf, obwohl ihr das Herz vor Schuldbewusstsein bis zum Hals schlug. Im Mondlicht am Fenster zog sie eine Postkarte vom Trevibrunnen aus der Handtasche und schrieb darauf:
Ich habe mir deinen Wagen geliehen und stelle ihn bei deinem Büro in Rom ab.
Dann zögerte sie. Wie sollte sie diese Mitteilung unterzeichnen? ‚In Liebe, Eileen?‘
Nein.
Dann nur mit ihrem Namen?
Nein. Bleib einfach bei den Tatsachen und verschwinde, be vor es hell wird! Sie seufzte. Natürlich wäre sie lieber geblieben, aber so ersparte sie ihnen das peinliche Erwachen am Morgen und die lange, von Schweigen belastete Fahrt zur Stadt zurück. Nicht, dass sie schon einmal einen One-Night-Stand gehabt hätte. Aber nachdem, was sie darüber gelesen hatte, war es das Beste, sich rechtzeitig aus dem Staub zu machen, um sich zumindest ein wenig des Respekts und der Bewunderung des Liebhabers zu erhalten. Sie wollte die Karte unten im Flur auf ein Tischchen legen. Eine Mitteilung auf dem Nachttisch wäre viel zu intim.
Aber erst, als Eileen die autostrada Richtung Rom entlangfuhr und sich von der etwas gespenstisch klingenden, roboterhaften Frauenstimme des Navigationssystems leiten ließ, wagte sie tatsächlich, sich die ganze Tragweite ihres Tuns vor Augen zu halten. Dabei rutschte ihr vor Schreck das Herz in die Hose, während über den Hügeln Umbriens die Sonne aufging.
4. KAPITEL
Eileen schwirrte der Kopf.
Es war jetzt fast einen Monat her, seit sie mitten in der Nacht in Gianlucas Bett aufgewacht war. Sie hatte ihren Flug bekommen, allerdings ganz knapp. Zuvor hatte sie seinen Wagen in der Tiefgarage des Bürogebäudes in Rom abgestellt und seiner wissend lächelnden Sekretärin die Schlüssel übergeben.
Als Nächstes musste sie Jason gegenübertreten, schuldig, wie sie sich fühlte. Aber es brachte ja nichts, ihm ein Geständnis zu machen. Sie war die Chefin und musste jetzt damit leben. Glücklicherweise kam ihr dabei ihr früheres untadeliges Verhalten zugute.
„Was ist denn mit Ihnen passiert?“, hatte Jason neugierig gefragt. „Eine Minute waren Sie noch da, und die nächste verschwunden.“
„Oh, Gianluca hat mir erst sein Anwesen gezeigt, und dann haben wir noch lange übers Geschäft geredet“, antwortete Eileen gelassen und bedeutete Jason mit gestrengem Blick aus blauen Augen, dass das Thema für sie damit beendet sei. Glücklicherweise bohrte er nicht weiter. Natürlich machte er sich seine Gedanken, aber das war nun einmal nicht zu ändern.
Tagelang wartete sie.
Zunächst wusste sie gar nicht, worauf. Doch eines Morgens, nach einer weiteren schlaflosen Nacht, begriff sie, dass sie darauf wartete, von Gianluca zu hören. Immerhin hatten sie noch einen Termin über sein Projekt in Miami. Vor lauter schlechtem Gewissen war sie davon ausgegangen, er würde den Termin absagen und auch deutlich machen, warum. Aber es kam nichts – keine Mitteilung, kein Anruf, keine E-Mail.
Sie blieb unruhig. Erst als sie ihre Periode bekam, begriff Eileen, dass sie noch auf etwas anderes gewartet hatte. Zwar hatte Gianluca verhütet, aber man konnte ja nie wissen. Und was, wenn er kein Kondom benutzt hätte? Dann wäre sie trotzdem mit ihm ins Bett gegangen. Dieser Gedankengang führte dazu, dass Eileen sich die Pille verschreiben ließ. Ungeschützter Verkehr war schlimm genug, aber eine ungewollte
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