Julia Extra Band 0301
Schwangerschaft wäre unverzeihlich, und es stand ja noch immer ein Termin mit Palladio Corporation im Raum. Eileen konnte nicht sagen, wie sie sich verhalten würde, sollte Gianluca ihn persönlich wahrnehmen und noch einmal versuchen, sie zu verführen.
Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte. „Ja, Ginger?“
Es war ihre Sekretärin, von der Eileen seit der Rückkehr aus Rom immer so merkwürdig angesehen wurde. Auch wenn Ginger nicht wagte, nachzufragen, ob etwas nicht stimmte. Ganz anders als Suzy, die wie ein Inquisitor aufgetreten war. Aber Eileen hatte all ihre Fragen souverän beantwortet, und zwar, ohne irgendetwas zu verraten.
„Da will Sie noch jemand sprechen“, verkündete Ginger jetzt, und Eileen sah stirnrunzelnd auf ihren Terminkalender.
„Aber ich habe nichts eingetragen.“ Außerdem war es ein langer Tag gewesen, und sie sehnte sich nach einem Bad und dem hoffentlichen Vergessen im Schlaf.
„Ich weiß“, antwortete Ginger und klang so dramatisch, dass sich Eileen die Nackenhaare stellten.
„Wer ist es?“, fragte sie zögerlich.
„Signor Palladio.“
Eileen umklammerte krampfhaft den Hörer. „Aber der Termin mit ihm ist doch erst nächste Woche!“
„Das habe ich auch gedacht“, sagte Ginger leise.
„Können Sie ihn nicht abwimmeln?“, fragte Eileen im Flüsterton.
„Das habe ich versucht“, antwortete Ginger, „aber er ist schon hier.“
Eileen kaute nervös auf ihrem Stift. „Dann schicken Sie ihn herein?“ Sie legte auf und wartete angespannt.
Als sich die Tür öffnete, begann ihr Herz wild zu schlagen, denn herein kam der Mann, den sie il Tigre nannten, in seiner bedrohlichsten Form, als wollte er bereits zum Sprung ansetzen.
Gianluca schloss die Tür hinter sich, kam aber nicht näher. Er stand einfach nur da und blickte sie mit seinen dunklen Augen feindselig an.
Wie konnte jemand so unterschiedlich aussehen, überlegte Eileen. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass dieser Mund mit dem harten Zug sie liebkost und geküsst hatte. Dabei war es nur wenige Wochen her.
Sie versuchte, ihrem Gesicht einen Ausdruck zu geben, der den Umständen angemessen war. Aber was war angemessen unter diesen Umständen?
„Hallo, Gianluca“, sagte sie dann so ruhig wie möglich.
Er erwiderte ihren Gruß nicht, sondern lehnte sich gegen die Tür und stemmte die Hände in die Hüfte. Eine Bewegung, auf die Eileen nicht zu reagieren versuchte, was nicht leicht war, weil es irgendwie auch anmaßend wirkte, so wie er jetzt die Hüfte vorschob. Und – oh! – da waren sie auch schon, all die herrlichen Erinnerungen, die sie zu verdrängen versucht hatte: seine lustvoll geschlossenen Augen, sein schneller werdender Atem … Sie schluckte und sagte: „Das … ist aber eine Überraschung.“
„Tatsächlich?“, erwiderte Gianluca kurz angebunden. Er war sauer – stinksauer, nein, wütend , und zwar so sehr, dass er sich gar nicht wiedererkannte. Außerdem war er nicht sicher, wo die Ursache für seine Wut lag. Darin, dass Eileen durch ihr plötzliches Verschwinden die Kontrolle der Situation an sich gerissen hatte? Oder darin, dass er über ihr Verschwinden geradezu schockiert gewesen war? Weil er sich allein in den zerwühlten Laken wiedergefunden hatte, ohne ein Wort von ihr, als wäre er irgendein hergelaufener Gigolo !
Trotzdem führte ihr Anblick schon wieder dazu, dass er sich nach ihr sehnte, obwohl das Gegenteil der Fall hätte sein sollen. Die Frau, die sich eine halbe Nacht lustvoll unter ihm geräkelt hatte, war danach einfach verschwunden. Beinah schon hatte er sich gefragt, ob alles nicht nur ein Traum gewesen war – unglaublich zauberhaft, aber nicht von Dauer, genau wie eine Sternschnuppe.
Verschwunden waren auch die offenen Haare und die sexy Jeans, stattdessen trug sie wieder ein braves Kostüm und ihre steife Frisur.
„Benimmst du dich immer so, Eileen?“, fragte er jetzt. „Bleibst du nie lang genug, um deinen Liebhabern Auf Wiedersehen zu sagen? Oder ist der Orgasmus für dich auch gleichzeitig eine Art von Lebewohl, so wie bei den Franzosen, die behaupten, ein Höhepunkt sei auch ein bisschen wie sterben?“
„Bitte sprich nicht so laut!“
„Willst du damit sagen, deine Sekretärin weiß nicht, dass du mit deinem Kunden geschlafen hast?“, meinte Gianluca spöttisch.
„Natürlich weiß sie nichts davon“, antwortete Eileen hitzig, bevor sie begriff, dass sie die Sache damit ganz falsch anging. Sie musste ruhig und gelassen bleiben.
Weitere Kostenlose Bücher