Julia Extra Band 0301
ist, oder?“ Freya trug sorgfältig Lippenstift auf.
„Ein Graf?“ Taras Puls beschleunigte sich. Kein Wunder, dass Lucien so dominant und selbstsicher wirkte. Aber seit wann war er ihr Typ? Und wenn er ihr Typ war, was sollte sie dann mit ihm machen, mal ganz abgesehen davon, dass er ein Adeliger war? Was sollte sie denn mit ihm reden?
„Du hast wirklich Glück. Jetzt liegt es bei dir, das Beste herauszuholen.“
Das Beste? Was hieß das? Tara zwängte sich in das enge Lycra-Top ihrer Schwester und lächelte Freya unsicher an. Davon verstand sie auf jeden Fall nicht viel, obwohl ihre Entschlossenheit, das Beste aus sich zu machen, der ihrer Schwester in nichts nachstand. In dem kleinen Zimmerchen war kein Platz für einen Schreibtisch, aber ihre Bücher lagen ordentlich gestapelt unter ihrem Bett.
„Hier, zieh das über.“ Freya warf ihr eine weiße Pelzstola zu.
„Lieber nicht …“ Tara wich regelrecht zurück. Für sie trug der weiße Pelz den Duft von Freiheit und Sorglosigkeit. „Sonst mache ich sie noch schmutzig.“
„Oh, na schön.“ Ungeduldig wühlte Freya in dem Berg von Kleidungsstücken auf ihrem Bett. „Dann nimm diesen Schal hier.“
Tara gefiel der hellblaue Schal viel besser als die Pelzstola. Ihr fiel Freyas Erklärung für diese Auswahl an teurer Garderobe wieder ein, als sie mit den Fingern über den edlen Stoff strich. „Männer machen mir eben gern teure Geschenke“, hatte Freya gesagt, „was sollte daran verkehrt sein?“ Nichts, dachte Tara jetzt und sah bewundernd zu ihrer schönen Schwester. Wer würde dieser schönen Frau keine Geschenke machen wollen? Wenn man so aussah wie sie und dann so leben musste, war es kein Wunder, dass Freya sich etwas Besseres wünschte.
„Was sollte dieser Seufzer?“, fragte Freya misstrauisch, als Tara begann, die herumliegenden Sachen wieder in den Schrank zu sortieren.
„Nichts …“ Tara wurde klar, dass ihre Schwester den Seufzer für Kritik gehalten haben musste.
„Diesen Rock habe ich extra für dich draußen gelassen“, fuhr Freya jetzt gereizt fort, als Tara das viel zu enge Kleidungsstück zweifelnd begutachtete. „Du musst dich beeilen, Tara … sonst kommen wir zu spät. Und hör endlich mit dem Aufräumen auf, sonst bist du wieder völlig verschwitzt, und das wollen wir doch auf gar keinen Fall.“
Was Freya von dem heutigen Abend wollte, war eindeutig und machte Tara nervös. Für sie würde es auf jeden Fall ein Misserfolg werden, denn Lucien war nicht an ihr interessiert. Er war nur nett zu ihr. Dennoch konnte sie nicht umhin, sich in romantischen Träumereien zu verlieren. Träumereien von süßen, lockenden Küssen …
Sie verschwendete wertvolle Zeit mit dem Reißverschluss der Rocks, der ihr zwei Nummern zu klein war. Letztendlich gab sie auf, ließ ihn ein Stück weit offen stehen und zog sorgfältig das Top über den Bund.
„Fertig?“, wollte Freya wissen und nahm ihre schicke neue Handtasche.
Ja, fertig und bereit, um ihre Schwester nicht zu enttäuschen. Freya war heute so angespannt. Scheinbar bedeutete ihr das heutige Treffen sehr viel.
Freya bestätigte diese Überlegung sofort. „Keine Sorge, Schwesterchen, ich habe nicht vor, noch lange hier in dieser kalten Bruchbude zu leben.“
„Was meinst du damit?“, fragte Tara entsetzt.
„Da draußen gibt es eine große Welt voll reicher Männer. Männer, die genau so eine Frau suchen wie mich.“
„Oh …“ Tara kaute bedrückt an ihrer Lippe. Natürlich hatte Freya ein besseres Leben verdient, doch wenn sie an die eigene Zukunft dachte, lag diese wie ein schemenhafter Umriss vor ihr. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, von ihrer Schwester getrennt zu sein. Sie waren als Waisen groß geworden, und Freya war alles an Familie, was sie hatte.
„Du kannst hierbleiben, ich werde den Mietvertrag auf dich umschreiben lassen.“ Freya fuhr sich durch die hellen Locken. „Das ist wenigstens ein Anfang für dich. Ich werde wahrscheinlich in Südfrankreich leben …“
Es war das Leben, das ihre schöne Schwester verdient hatte, auch wenn Tara bei der Vorstellung eine schreckliche Leere in sich verspürte. Sie verdrängte diese egoistischen Gedanken und wollte Freya lächelnd umarmen. „Du denkst immer an mich.“
„Vorsicht, mein Make-up!“ Freya wich hastig zurück. „Jetzt hör mir gut zu“, hob sie entschieden an. „Du musst dafür sorgen, dass dein Graf dich auf jeden Fall mit zu sich nimmt. Diese Bruchbude hier darf er nicht
Weitere Kostenlose Bücher