Julia Extra Band 0301
Gesicht, als wollte sie gleich losbrüllen.
„Nein, tu’s nicht!“, flehte er und stupste sie sanft, um sie abzulenken.
Zu seiner großen Erleichterung hellte sich ihre Miene auf, und sie lächelte strahlend. Ermutigt stupste er sie nochmals, und auch das kam gut an. Daraufhin kitzelte er ihre winzigen Fußsohlen, und sie kicherte fröhlich.
Nun nahm er ihre Hand. „Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen …“, begann er. Sie schien das Spiel zu kennen, denn sie quietschte so begeistert, dass er lachen musste.
„Bea mag Sie“, bemerkte Mary plötzlich hinter ihm.
Er wandte sich ihr zu und bemerkte einen seltsamen Ausdruck in ihren Augen. Rasch stand er auf. „Ich hatte Angst, sie würde zu weinen anfangen“, erklärte er und kam sich albern vor, weil er mit der Kleinen gespielt hatte.
„Ach ja? Ich finde, sie sieht ganz glücklich aus“, stellte Mary fest und ging an ihm vorbei, wobei er einen Hauch ihres blumigen Parfüms wahrnahm. Sie kniete sich neben Bea und nahm eine Windel aus dem Paket neben der Wanne. „Na, hat es dir Spaß gemacht, mit Tyler zu spielen?“, fragte sie die Kleine, die mit den Armen fuchtelte und munter vor sich hin brabbelte. „Ich glaube, das heißt ja“, übersetzte Mary und blickte lächelnd zu ihm hoch.
Tyler hatte plötzlich ein seltsam enges Gefühl in der Brust, das er sich nicht erklären konnte. Er hätte das Bad jetzt verlassen können, denn er hatte sozusagen seine Hausaufgaben gemacht und Mary gleich nach dem Nachhausekommen begrüßt. Doch es war so behaglich hier, dass er noch bleiben wollte.
„Möchten Sie mal versuchen, ein Baby zu wickeln?“, fragte Mary und lachte, als er zurückzuckte. „Es wäre eine gute Übung.“
„O nein, ich wechsle keine Windeln“, erklärte er kategorisch und beobachtete fasziniert, wie Mary das Baby fertig anzog.
„Mit Babys umgehen zu können macht einen Mann sehr attraktiv“, neckte sie ihn. „Damit könnten Sie Ihre Zukünftige beeindrucken.“
„Ich hoffe, meine Traumfrau eher mit den Jahresumsätzen von Watts Holding zu beeindrucken“, erklärte er streng. Er war sich nicht ganz sicher, ob Mary sich nur lustig über ihn machte. „Das Windelwechseln überlasse ich ihr, während ich im Büro sitze und den Lebensunterhalt für sie und die Kinder verdiene.“
„Dann werden Sie viel verpassen“, prophezeite sie. „Im ersten Jahr sind Babys einfach unwiderstehlich.“
Sie hob Bea hoch und machte Kussgeräusche, was die Kleine zum Lachen brachte, dann drückte sie die Kleine an ihre Schulter und küsste sie auf das Köpfchen mit dem seidenweichen Flaum.
„Und jetzt zeig Tyler, wie gut du küssen kannst!“, forderte sie ihre Tochter auf, die folgsam ihren offenen Mund auf Marys Wange presste.
Mary war, wie üblich, hingerissen und drückte Bea noch fester an sich.
„Sie werden sich das mit dem Büro noch überlegen, Tyler. Wenn man erst einmal so ein Küsschen von seinem Baby bekommen hat, ist man verloren.“
Tyler konnte sich das nicht vorstellen. Wenn er bisher an eine Familie gedacht hatte, dann bestimmt nicht an Windeln oder das glucksende Lachen eines Babys. Noch immer hatte er dieses seltsame Gefühl in der Brust. Das konnte doch nicht Eifersucht sein, weil Mary ihrem Töchterchen so viel Zärtlichkeit schenkte?
Nein, eher war es Neid, weil die beiden etwas besaßen, was er nie kennengelernt hatte: Liebe. Womöglich würde er dieses Gefühl nie spüren …
„Bringen Sie Bea jetzt ins Bett?“, erkundigte er sich.
„Nein, sie bekommt erst noch etwas zu essen.“ Mary stand auf. „Dann koche ich das Abendessen für uns Erwachsene. Okay?“
„Einverstanden.“
„Wann würden Sie denn gern essen, Tyler?“
Gerade noch rechtzeitig erinnerte er sich an die „Lektion“ des Vorabends. „Wann wäre es Ihnen denn recht, Mary?“
Sie lächelte anerkennend. „Sie lernen schnell! Ist Ihnen acht Uhr zu früh?“
„Nein, das passt mir gut.“
„Schön. Dann kümmere ich mich jetzt weiter um Bea. Sie können ja solange in Ihr Arbeitszimmer gehen, wenn Sie noch zu tun haben.“
Das klingt, als würde ich weggeschickt, dachte Tyler leicht pikiert und verabschiedete sich.
6. KAPITEL
Tyler versuchte, einen Bericht zu lesen. Gereizt schlug er ihn schließlich zu, denn er konnte sich nicht konzentrieren. Sollte er zu Mary in die Küche gehen und fragen, ob sie etwas brauchte? Unsinn, sie war doch kein Gast! Trotzdem wäre es nett, wenn er sich um sie kümmerte – und eine gute Übung
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