Julia Extra Band 0301
sie sich, das goldblonde Haar nur ein wenig zerzaust, in einem hauchzarten Negligé über die Wiege des Stammhalters beugte. Und Tyler würde sie anschließend ins Bett tragen und …
„Aber das kann mir egal sein, oder?“, fragte Mary und bekam die Antwort, die sie erwartet hatte: keine.
Nach der schlechten Nacht wurde der Tag auch nicht viel besser. Marys Laune war so trüb wie das Wetter, und der Regen war bestimmt auch der Grund für ihre Bedrücktheit. Ihre Agentur lief wie geölt, ihre Mutter hatte sich mit Bill versöhnt und war glücklich wie nie zuvor. In der folgenden Woche würde sie, Mary, Haysby Hall verlassen – um fünftausend Pfund reicher und somit in der Lage, sich nach einer eigenen Wohnung umzusehen.
Eigentlich müsste sie wie auf Wolken schweben. Dass sie es nicht tat, konnte nur an dem düsteren Himmel und dem hartnäckigen Regen liegen. Mit der Aussicht, Tyler nächste Woche zu verlassen, hatte es absolut nichts zu tun! Er konnte es wahrscheinlich kaum erwarten, das Haus wieder ganz für sich zu haben. Vor allem nach letzter Nacht.
Früher als sonst machte Mary mit der Arbeit Schluss und fuhr nach Hause. Bea war auch nicht gut gelaunt. Sie saß in ihrem Kindersitz und quengelte, und da die Scheibenwischer ziemlich laut ihren Dienst versahen, merkte Mary erst spät, dass der Motor seltsame Geräusche von sich gab. Dann begann er zu husten und zu stottern und gab schließlich den Geist auf, natürlich meilenweit von jeder menschlichen Behausung entfernt.
Das hatte gerade noch gefehlt! Kalter Regen prasselte gegen die Scheiben, der Wind heulte ums Auto, und Bea fing ebenfalls zu weinen an.
Da es nichts nutzte, nur so dazusitzen, biss Mary die Zähne zusammen und stieg aus, was bei dem heftigen Wind gar nicht einfach war. Sie schaffte es, das Auto an den Straßenrand zu schieben, wo es immerhin etwas sicherer war.
Natürlich wurde sie bei dieser Aktion nass bis auf die Haut. Sie stieg wieder ins Auto, schaltete die Warnblinkanlage an und fragte sich, was nun zu tun sei. Sie hatte zwar den Kinderwagen mit, aber sie konnte doch bei dem Wetter nicht die ungefähr sieben Kilometer nach Haysby Hall zu Fuß gehen.
Glücklicherweise gab es Handys! Sie konnte telefonisch um Hilfe bitten. Später – zu spät – fiel ihr ein, dass sie ein Taxi hätte bestellen können. Oder bei ihrer Mutter anrufen, die ihr Bill als Retter geschickt hätte. Aber in der Krise dachte sie offensichtlich nicht klar, sondern lediglich daran, dass es nur einen Menschen gab, dessen Stimme sie jetzt hören wollte – und rief Tyler an.
8. KAPITEL
„Watts“, meldete Tyler sich schroff.
„Hallo, ich bin’s, Mary.“
„Ich bin in einem Meeting. Was gibt’s?“
„Das Auto ist mitten in der Einöde mit Motorschaden liegen geblieben“, erklärte sie und versuchte, das Zittern in der Stimme zu unterdrücken. „Geld habe ich auch keines dabei. Könnte Carol mir einen Mechaniker oder ein Taxi organisieren?“
Tyler verschwendete keine Zeit mit Mitleidsbekundungen. Er fragte Mary, wo genau sie sich befinde, forderte sie auf, im Wagen auf Hilfe zu warten, und legte auf.
Mary setzte sich zu Bea auf den Rücksitz und machte sich auf eine längere Wartezeit gefasst. Erstaunlicherweise dauerte es nicht allzu lange, bis ein Klopfen an die Scheibe sie hochfahren ließ. Tyler öffnete, einen großen Regenschirm in der Hand, die Tür und blickte ins Auto.
„Da seid ihr ja! Und jetzt nichts wie nach Hause.“
„Ich dachte, du seist in einem Meeting“, meinte Mary verblüfft.
„Die anderen werden auch ohne mich fertig. Beeil dich, bevor ich auch noch ganz nass werde. Bea möchte ins Warme, auch wenn du anscheinend lieber da sitzen bleibst.“
Er nahm den Kindersitz mitsamt Bea aus dem Auto und brachte ihn zu seinem Wagen, der herrlich warm war. Mary setzte sich auf den Beifahrersitz und hörte zu, wie Tyler telefonisch einen Mechaniker mit Abschleppwagen bestellte. Es war göttlich, sich ausnahmsweise nicht selbst um alles kümmern zu müssen.
Wasser tropfte ihr aus dem Haar auf die teuren Lederpolster, wofür sie sich entschuldigte. „Ich wollte dich nicht aus deinem Meeting holen“, fügte sie hinzu, als Tyler losfuhr. „Du warst sehr schnell hier. Bist du sofort los?“
Ja, Tyler hatte sich kaum die Zeit genommen, sich bei den anderen Konferenzteilnehmern zu entschuldigen. Mary hatte Probleme und brauchte ihn, an etwas anderes hatte er nicht denken können.
„Es gab keinen Grund, länger da rumzusitzen“,
Weitere Kostenlose Bücher