Julia Extra Band 0301
Jungen. „Und er hat nicht wieder geheiratet?“, erkundigte sie sich und setzte sich an den Tisch.
„Nein. Ich glaube, er wollte eigentlich auch meine Mutter nicht heiraten, aber sie wurde schwanger, und vor vierzig Jahren war es noch nicht so einfach, als Alleinerziehende zu leben.“
„Wirklich einfach ist es auch heute noch nicht“, erklärte Mary nachdrücklich. „Aber ich weiß, was Sie meinen. Lassen Sie uns anfangen, bevor das Essen kalt wird. Guten Appetit, Tyler.“
Schweigend aßen sie einige Bissen.
„Sie haben, soviel ich weiß, keine Geschwister, oder?“, fragte Mary dann. „Da waren Sie also mit Ihrem Vater allein.“
„Ja. Er hat sich nicht viel um mich gekümmert. Ich habe mich nach seiner Anerkennung gesehnt, aber die war nicht leicht zu erringen. Wenn ich etwas Außergewöhnliches geleistet hatte, nannte er mich manchmal einen guten Jungen, und das war mir mehr wert als noch so großes Lob von den Lehrern“, berichtete Tyler und verzog selbstironisch den Mund.
Kein Wunder, dass Tyler jetzt erfolgssüchtig ist, dachte Mary mitleidig. Und kein Wunder, dass er Beziehungen problematisch fand, wenn er kein Vorbild gehabt hatte. Er hatte nie zwei Menschen erlebt, die sich liebten und miteinander glücklich waren, und er hatte als Kind keine bedingungslose Liebe erfahren.
Am liebsten hätte sie ihn tröstend umarmt, aber das ging nicht. Er war kein einsamer kleiner Junge mehr, sondern ein einsamer … Klient. Und Klienten umarmte man nicht.
7. KAPITEL
Mary ließ sich von Tyler ein Glas Wein einschenken. „Sie müssen als Kind sehr allein gewesen sein“, bemerkte sie.
„Ich fand es normal. Etwas anderes kannte ich ja nicht.“
„Ich bin auch als Einzelkind und Halbwaise aufgewachsen. Mein Vater starb, als ich neun war, aber meine Mutter war immer für mich da, hat sich immer liebevoll um mich gekümmert. Erst als ich zwanzig und schon aus dem Haus war, hat sie wieder geheiratet. Zuerst war ich ein bisschen eifersüchtig, bis ich mir klarmachte, wie einsam sie jahrelang gewesen war.“
„Ich weiß nicht, ob ich mit einer Stiefmutter ausgekommen wäre“, meinte Tyler.„Mein Vater starb jedenfalls, als ich sechzehn war, und seither brauchte ich mir keine Sorgen mehr zu machen, was andere über mich dachten.“ Nachdenklich trank er einen Schluck. „Ich habe mein erstes Unternehmen aus dem Nichts aufgebaut und dann meine erste Million verspekuliert, woraufhin ich wieder von vorn anfangen musste. Das hätte ich nicht tun können, wenn ich auf jemanden hätte Rücksicht nehmen müssen.“
„Wenn Sie heiraten, müssen Sie das aber“, rief Mary ihm ins Gedächtnis.
„Wahrscheinlich.“ Er klang nicht begeistert. „Aber meine Frau wird nichts mit meinen Geschäften zu tun haben.“
„Warum nicht? Sie können doch nicht alles säuberlich in getrennte Bereiche unterteilen.“ Als ein widerspenstiger Ausdruck auf seinem Gesicht erschien, seufzte Mary. „Sinn einer Ehe ist, dass man sein Leben mit einem anderen Menschen teilt. Sie brauchen natürlich Ihre Frau nicht an allen geschäftlichen Entscheidungen zu beteiligen, aber sie wird wissen wollen, was Sie beschäftig oder Ihnen Sorgen macht. Und Sie müssen sich dafür interessieren, was ihre Frau beschäftigt. Sie müssen lernen, mit einer Frau zu reden!“
„Was habt ihr Frauen bloß immer mit dem Reden?“, fragte Tyler entnervt. „Dauernd heißt es ‚wir müssen reden‘, was im Klartext bedeutet, dass sie mir sagen will, was ich falsch mache.“
„Und wenn Sie jemals zugehört hätten, müssten Sie mir jetzt nicht fünftausend Pfund bezahlen, damit ich dasselbe tue“, erwiderte Mary sanft. „Es geht beim Reden nicht nur um Grundsatzdiskussionen. Sie sollten niemanden heiraten, mit dem Sie sich nicht gern ganz normal unterhalten. In einer befriedigenden Beziehung geht es nicht nur um Sex.“
„Wollen Sie damit sagen, wir dürfen erst Sex haben, wenn wir verheiratet sind?“ Ihm fiel auf, wie seltsam das klang, und er wurde rot. „Mit ‚wir‘ meine ich natürlich nicht uns beide, Mary!“
„Das war mir klar“, beruhigte sie ihn gelassen. Obwohl sie sich nicht so fühlte. „Sex ist bestimmt wichtig für eine Beziehung, aber keine Frau will nur deswegen geheiratet werden.“
„Sie meinen, ich sollte die Abende mit meiner Zukünftigen lieber in gepflegtem Gespräch als im Bett verbringen?“, fragte Tyler sarkastisch.
„Glauben Sie mir, es gibt Schlimmeres!“, antwortete Mary trocken.
„Ich stelle es mir
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