Julia Extra Band 0301
sich bereit machte, den aufbrausenden Tumult zu ersticken. Das hier war ihre einzige Chance, noch etwas zu sagen, wenn sie nicht für immer aus Poppys Leben verbannt werden wollte.
Mit brennenden Wangen erhob Tara sich. Es war so heiß im Saal, sie befürchtete, ohnmächtig zu werden. Sie sah die feixenden Gesichter, die harten Augen. Manche der Reporter grinsten hämisch, flüsterten einander hinter der vorgehaltenen Hand etwas zu. Wie sollte sie gegen diese sensationsgierige Masse ankommen? Nicht einmal Lucien war auf ihrer Seite. Sie war allein.
Nein, das würde sie nicht schaffen. Wie sollte sie überhaupt anfangen?
Indem du wartest, bis sie sich beruhigt haben und dir zuhören, riet eine innere Stimme ihr.
Bei ihr dauerte es sehr viel länger als bei Lucien, bis Ruhe in den Saal einkehrte. Tara war klar, dass man sich über sie amüsierte, aber schlimmer konnte es ja nicht mehr werden. Also blieb sie stehen und klammerte sich an der Tischplatte fest, bis ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Immerhin bot ihr das genügend Zeit, um sich zu überlegen, was sie sagen wollte. Sie hatte es bis hierhin ohne fremde Hilfe geschafft. Sie hatte ihr Examen mit Bravour abgeschlossen, sodass man ihr ein Stipendium gewährte, damit sie ein weiterführendes Studium absolvieren konnte. Man hatte ihr eine Stelle am Institut angeboten. Wenn sie das alles allein erreicht hatte, dann konnte sie auch auf einer Pressekonferenz bestehen. Wenn sie weiterhin zu Poppys Leben gehören wollte, musste sie es schaffen. Dann würde sie auch Lucien wiedersehen …
„Danke, meine Damen und Herren.“
Möglich, dass ihre klare Stimme das Publikum in erstauntes Schweigen versetzte. Bewusst lockerte Tara die Finger und ließ endlich die Tischplatte los.
„Sicher werden Sie sich vorstellen können, welch schwierige Zeit sowohl der Comte als auch ich hinter uns haben …“ Sie sah kurz zu Lucien. „Doch so schwer es für uns ist, so kurz nach dem Tod zweier geliebter Menschen an die Öffentlichkeit zu gehen, weiß ich auch, dass ich sowohl für den Grafen wie auch für mich selbst spreche, wenn ich betone, dass uns beiden einzig und allein Poppys Wohlergehen am Herzen liegt.“ Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Lucien zustimmend nickte.
„Auf jeden Fall“, murmelte er.
Und dann machte sie den Fehler, ihn wieder anzusehen. Er nickte ihr zu, so als wolle er ihr sagen, wie zufrieden er mit ihr war, weil sie in die gleiche Kerbe schlug. Seine Kerbe.
„Ergreifende Worte, Miss Devenish“, tönte es da über die Köpfe im Saal. „Aber was heißt das nun genau?“
Die Stimme der Frau klirrte vor Kälte, und Taras Puls begann zu rasen. Das war der Moment, in dem sie entweder sagen musste, was sie sagen wollte, oder aber sich wieder hinsetzen und schweigen musste.
„Bisher ist noch nichts entschieden. Doch bis eine Adoption formal abgeschlossen ist …“ Sie stählte sich für das, was sie zu sagen hatte, „… werde ich meine Nichte und den Comte auf seinen Familiensitz nach Ferranbeaux begleiten.“
Im Saal brach ein Tumult aus. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis sich die Reporter wieder beruhigt hatten. Seltsamerweise fühlte Tara sich jetzt absolut gefasst und gelassen. Ein Mal, ein einziges Mal in ihrem Leben, hatte sie genau das Richtige gesagt.
„Ich werde in Ferranbeaux bleiben, bis sichergestellt ist, dass für die Zukunft meiner Nichte das Beste erreicht wurde“, bekräftigte sie mit sehr viel mehr Entschlossenheit und setzte sich wieder.
„Stimmt das, Monsieur le Comte ?“ Der gesamte Saal wandte sich jetzt mit dieser einen Frage an Lucien.
„Ob das stimmt?“ Lucien richtete sich an die Reporterin mit der kalten Stimme. „Das ist doch das, was Sie wissen wollen, nicht wahr?“
Jeder im Saal schien gespannt die Luft anzuhalten, jeder wartete auf die Antwort des beeindruckenden und auch einschüchternden Grafen von Ferranbeaux.
„Ich denke, Miss Devenish ist durchaus in der Lage, für sich allein zu sprechen.“
Tara traute ihren Ohren nicht. Hatte Lucien das wirklich eben gesagt? Sie wusste nicht, was sie daraus machen sollte. Unterstützte er sie etwa? Auf jeden Fall empörte er sich nicht darüber, dass sie sich soeben selbst in sein Heim eingeladen hatte. Was viel mehr war, als sie sich erhofft hatte.
Nun, die harschen Worte würden sicherlich noch kommen. Sie hatte seine klare Anweisung missachtet und ihn überrumpelt. Als er sich zu ihr beugte, zuckte sie unwillkürlich zurück.
„Sie warten darauf,
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