Julia Extra Band 0301
Verlegenheit.
„Du zuerst“, forderte Tyler dann Mary auf. Er wusste ohnehin nicht, was er hätte sagen wollen.
„Ich wollte nur sagen, dass die Wohnung, die ich heute besichtig habe, ideal für uns ist.“
„Für uns?“, wiederholte er unüberlegt.
„Für Bea und mich.“
Blödmann, tadelte er sich. Für wen denn sonst! „Wirst du sie nehmen?“
„Ich glaube schon.“ Sie kostete vorsichtig die heiße Soße. „Der Preis ist gut, aber ich könnte erst in zwei Wochen einziehen.“
„Dann bleib doch solange noch hier“, bot Tyler betont beiläufig an, um sich nicht anmerken zu lassen, wie viel ihm daran lag, dass sie Ja sagte. „Mir wäre das nur recht, weil ich jetzt deine Ratschläge besonders dringend brauche, damit die Sache mit Fiona ins Rollen kommt.“
Mary rührte konzentriert die Soße um. „Ich denk mal drüber nach.“
Am Samstagmorgen fütterte Mary gerade Bea, als Tyler in die Küche kam. Normalerweise war er um die Zeit schon lange in der Firma, auch am Wochenende. Wahrscheinlich hat er eine lange Nacht mit Fiona gehabt, dachte Mary niedergeschlagen.
„Hallo“, begrüßte sie ihn möglichst beiläufig. „Es ist noch heißer Kaffee in der Kanne, wenn du welchen willst.“
„Ja.“
Zwar war er ungewöhnlich spät dran, aber so wortkarg wie immer. Mary betrachtete feindselig seinen Rücken, als er am Küchentresen stand. Er war arrogant, ungeduldig und mürrisch, ganz zu schweigen davon, dass er mit einer anderen Frau ausgegangen war … und trotzdem brachte sein Anblick ihr Herz jedes Mal dazu, schneller zu pochen.
Der Abend zuvor war ihr elend lang und öd vorgekommen. Nach dem einsamen Essen hatte sie vergeblich etwas Interessantes im Fernsehen gesucht, und dann frustriert ein Bad genommen. In der Wanne liegend hatte sie an die vielen Vorzüge der neuen Wohnung gedacht, aber auch das konnte sie nicht lange von der Tatsache ablenken, dass Fiona nun Tyler gegenübersaß.
Fiona würde seine Lippen betrachten und sich fragen, wie gut er küsste. Sie, Mary, hätte es ihr verraten können, aber daran dachte sie besser nicht. Fiona würde beobachten, wie sich Tylers kühler Blick wandelte, wenn er lächelte, und es würden ihre Hände sein, nach denen Tyler fasste …
Am schlimmsten war es, sich auszumalen, wie die beiden sich verabschieden würden. Würde er Fiona nur Gute Nacht sagen oder sie küssen? Womöglich sogar mehr? Wenn er sie für die Richtige hielt, würde er ohne Umschweife auf sein Ziel zusteuern.
Und Fiona besaß genau die Qualitäten, die er einmal als unabdingbar bei seiner Ehefrau aufgelistet hatte.
Hingegen entsprach sie – die rundliche, nachlässige, mit einem Baby versehene Alleinerziehende – überhaupt nicht seinen Anforderungen, wie sie von Anfang an gewusst hatte.
Deshalb hatte sie beschlossen, lieber heute als morgen auszuziehen, und das musste sie ihm so bald wie möglich sagen.
„Noch Kaffee?“
Seine Frage riss sie aus dem Grübeln. „Ja, gern.“ Sie hielt ihm den Becher zum Nachfüllen hin. „Wie war deine Verabredung?“
„Okay“, antwortete Tyler und setzte sich an den Tisch.
„Nur okay? Nicht mehr?“
„Doch, mehr.“ Es hatte sich nur nicht so angefühlt, es war nicht einmal wirklich okay gewesen. Viel lieber hätte er zu Hause in der Küche gegessen, Bea auf dem Schoß, und Mary beim Kochen zugesehen.
Das war albern, wenn er doch mit einer attraktiven, intelligenten Frau im besten Restaurant Yorks gesessen hatte! Mit einer Frau, die ihm nicht ständig widersprach. Die ihn nicht kritisierte, keine scharfe Zunge hatte und ihn missmutig machte. Sie brachte ihn allerdings auch nicht zum Lachen und verschüttete keinen Wein. Sie war einfach nicht Mary!
Aber er wollte doch eine Frau wie Fiona, keine wie Mary. Mary wollte ihn ja auch nicht, sonst wäre sie nicht so sehr darauf aus, ihn an eine andere abzuschieben. Sonst hätte sie ihn jetzt nicht einem Kreuzverhör unterzogen, ob er wohl auch alles richtig gemacht habe … um Fiona für sich zu gewinnen.
„Erzähl ein bisschen mehr“, forderte Mary ihn auf. „Was hatte sie an?“
Er versuchte sich zu erinnern. „Ein Kleid, glaube ich.“
„Ach, kein Ballettröckchen?“, fragte Mary sarkastisch und blickte entnervt zur Decke. „Hat sie hübsch ausgesehen?“
„O ja, sehr.“ Dessen war er sich zumindest ganz sicher.
„Hast du ihr das gesagt?“
„Ich? Das weiß ich jetzt nicht mehr. Ist es denn wichtig?“
„Ja. Wenn du möchtest, dass sie gern mit dir ausgeht,
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