Julia Extra Band 0301
anderen Bettseite zeugten davon, dass Lucien hier geschlafen hatte. Sie griff nach seinem Kissen und sog tief Luciens Duft ein. So glücklich war sie noch nie gewesen. Sie beide hatten einen neuen Weg eingeschlagen, davon war sie überzeugt.
Und die Zweifel?, fragte eine innere Stimme leise.
Für die gab es jetzt keinen Grund mehr.
Sie zog sich an und ging in Jeans und T-Shirt zum Kinderzimmer. Liz und Poppy schliefen noch. Nun, dann würde sie sich jetzt auf die Suche nach Frühstück machen. Und vielleicht lief sie dabei ja auch Lucien über den Weg …
Ihr erster Eindruck über Luciens Zuhause bestätigte sich, als sie jetzt die Treppe hinunterstieg. Hier war dringend eine weibliche Hand erforderlich, die das Ganze gemütlicher machte. Bei der Vorstellung, dass Guy und Lucien hier aufgewachsen waren, wurde ihr unbehaglich zumute. Und für Poppy war das völlig inakzeptabel.
Auf der Treppe drehte sie sich um und schaute zum Kinderzimmer zurück. Schloss Ferranbeaux war wie ein wunderschönes Museum, voll von unschätzbaren Kunstobjekten, die aber niemand berühren durfte. Dennoch würde nicht viel Aufwand nötig sein, um das Schloss in ein echtes Zuhause zu verwandeln. Tara konnte sich unschwer eine Zeit vorstellen, als tatsächlich eine Familie hier gelebt hatte. Mit ein paar freundlichen Stoffen in warmen Farben, ein paar wohnlichen Möbelstücken und ein paar kleinen Veränderungen würde das Gebäude lang nicht mehr so einschüchternd wirken. Die bunten Bleiglasfenster warfen verzaubertes Licht auf die glänzend polierten Böden, und mit einigen Stehlampen könnte man die Schatten aus den Nischen vertreiben. Es wäre wunderbar, zusammen mit Lucien an die Renovierung zu gehen …
Pure Tagträumerei, ermahnte sie sich.
Sie war am Fuße der Treppe angekommen, wo ein Hausdiener sie mit einer Verbeugung in Empfang nahm. „Der Graf ist im Frühstückszimmer, mademoiselle. Darf ich Ihnen den Weg zeigen?“
Ein wenig erschreckt zuckte sie zusammen. „Danke.“ Ob sie sich je an die Art Leben gewöhnen könnte, das Lucien führte?
Ihr Herz machte einen Hüpfer, als sie ihn erblickte. „Hallo“, grüßte sie beschwingt. Sicher musste er wissen, wie sie sich fühlte – so als wären Ostern und Weihnachten auf einen Tag gefallen.
„Guten Morgen.“
Er schaute nur kurz zu ihr auf. Bestimmt benahm er sich nur wegen des Personals so förmlich. Lucien würde kaum der ganzen Welt mitteilen wollen, dass sie die Nacht zusammen verbracht hatten. Als er vorschlug, das Frühstück auf der Terrasse einzunehmen, stimmte sie glücklich zu. Draußen würden sie auch ein wenig mehr Privatsphäre haben als hier im Esszimmer.
„Kaffee oder Tee?“, fragte Lucien, nachdem Tara sich in einen der bequemen Korbsessel niedergelassen hatte.
„Lieber einen Saft.“ Lächelnd schaute sie zu ihm. Sie konnte kaum noch abwarten, sie wollte ihm unbedingt sagen, was ihr die gestrige Nacht bedeutete. Tara lenkte den Blick hinaus auf den Park. Blumenbeete und Rasen waren makellos gepflegt, die Büsche akkurat geschnitten. Die leichte Brise wehte den Duft von Rosen und Lavendel herüber und trieb sanfte Wellen über den See, auf dem elegante Schwäne ruhig dahinschwammen. Es war unmöglich, nicht den Vergleich zwischen ihrem kleinen Londoner Apartment und dem Kinderspielplatz im öffentlichen Park und diesem grandiosen Umfeld hier zu ziehen. Vielleicht hatte Lucien ihr deshalb erlaubt, herzukommen – damit sie erkannte, gegen was sie ankämpfen musste.
Es war eine regelrechte Erleichterung, als der Diener den Servierwagen heranrollte und Tara gezwungen war, ihre Aufmerksamkeit auf das Frühstück zu lenken, anstatt darauf, wie ein solcher Vergleich vor einem Gericht bestehen würde.
„Wenn dir davon nichts zusagt, kannst du dir etwas anderes bestellen.“
„Nein, danke, es ist mehr als genug da.“ Ihr Herz zog sich zusammen. Sie konnte träumen, so viel sie wollte, doch die Wahrheit war, dass sie am gleichen Punkt wie zu Beginn standen. Diese Nacht hatte keinerlei Bedeutung für Lucien. Eine Erkenntnis, die unendlich wehtat, mehr denn je zuvor. „Lucien …“
Erst entließ er den Diener, bevor er mit leicht ungeduldiger Miene Tara anblickte. „Ja, was ist?“
„Ich liebe dich“, flüsterte sie.
„Ich schlage vor, dass wir uns heute die Stadt ansehen. Sicher willst du dich überzeugen, in welcher Umgebung Poppy aufwachsen wird.“
„Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?“ Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück,
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