Julia Extra Band 0301
hinzugehören. Mit Poppy zusammen zu sein und all die kleinen Dinge für das Baby zu erledigen, erfüllte sie mit einem seligen Glücksgefühl. Dennoch dauerte es dieses Mal länger, bevor ihr Ärger über Lucien abflaute.
Während sie Poppy badete, kam sie zu der Überzeugung, dass Lucien ein hoffnungsloser Fall war. Als sie die zufrieden gurgelnde Kleine in ein flauschiges Badelaken wickelte, spürte sie Luciens Anwesenheit im Raum. Sie drehte sich zu ihm um. Er stand an den Türrahmen angelehnt und musterte sie, und Tara starrte zurück, ließ ihn ohne Worte wissen, dass er hier nichts zu suchen hatte, es sei denn, er war bereit, dem Baby und der Frau, die es liebte, Respekt zu zollen.
„Möchtest du nicht noch weiter frühstücken?“, fragte er.
„Nein, danke. Aber vielleicht möchtest du ja deine Nichte halten“, konterte sie herausfordernd.
„Ich?“
„Warum nicht? Sie ist gebadet und ausgeschlafen. Sie zu halten ist ein Privileg, Lucien.“
Das sah er. Er streckte die Arme nach Poppy aus. Das Bild, wie Tara das Baby hielt, hatte Wirkung auf ihn gehabt. Er fühlte sich innerlich warm und ausgeglichen. Er war noch nicht bereit, dieses Gefühl wieder schwinden zu lassen.
Ein ebenso außerordentliches Gefühl war es, das Baby auf dem Arm zu halten. Er hätte stundenlang in diese himmelblauen Augen schauen können. Er wünschte, Poppy wäre schon alt genug, um zu verstehen, wenn er ihr sagte, dass er sich sein ganzes Leben lang um sie kümmern und sie beschützen würde, und dass er vielleicht sogar lernen könnte, sie zu lieben, wenn sie es ihm beibrachte.
Über den Kopf des Babys hinweg traf sein Blick auf Taras. Sie lächelte.
„Warum machen wir nicht zusammen einen Spaziergang?“, schlug sie vor. „Ein wenig frische Luft wird uns allen guttun.“
„Ja, warum nicht?“, hörte er sich zustimmen und überraschte sich damit selbst.
Für den Spaziergang durch die Stadt zog Lucien sich um. In dem hellen Designeranzug wirkte er sehr hoheitsvoll. Neben seiner eleganten Erscheinung fühlte Tara sich in Jeans und schlichtem T-Shirt ein wenig unsicher, doch wenn man sich um ein Baby kümmerte, war elegante Kleidung nun mal höchst unpraktisch. Lucien stellte sie jedem, den sie trafen, liebenswürdig als die Tante seiner Nichte vor, und so legte sich Taras Verlegenheit schon bald.
Lucien hatte immerhin eine Position zu repräsentieren. Der Comte de Ferranbeaux zeigte sich seinem Volk, und so blieb er hier und da stehen, fand ein freundliches Grußwort für jeden und schaute eine Weile einer Gruppe Männer zu, die sich zum Boule-Spiel im Schatten der Bäume versammelt hatten. Deutlich war zu sehen, wie stolz die Menschen auf ihren Grafen waren. Und es war nur verständlich.
Als Lucien wieder für eine Plauderei anhielt, die ausschweifende Gesten und lebhafte Ausrufe mit einschloss, entschuldigte Tara sich höflich und schob Poppys Kinderwagen zu dem kleinen Laden in der Nähe, um Eiscreme zu kaufen.
„Das hättest du nicht tun müssen“, sagte Lucien, als sie ihm ein tropfendes Hörnchen reichte.
„Hast du Geld dabei?“, fragte sie trocken. „Vielleicht hast du auch einfach nur Angst, dass du dir deinen schicken Anzug bekleckerst?“
Er zog seine Sonnenbrille auf die Nasenspitze, um sie schmunzelnd anzusehen. „Natürlich habe ich Geld dabei. Und ich bekleckere mich grundsätzlich nie.“
Es gab so vieles in der Stadt zu sehen. Jetzt, da Tara entspannt genug war, hatte sie alle möglichen Fragen, und die Geschichte der Grafschaft wurde durch Luciens Erzählungen lebendig. Wenn es einen etwas weniger beschwingten Moment an diesem Nachmittag gab, dann war es der, als Lucien ihr von seiner Enttäuschung berichtete, dass er bis zu diesem Zeitpunkt noch immer keinen Architekten gefunden hatte, dessen Qualifikation ausreichte, um mit den Renovierungsarbeiten an der Schlosskirche zu beginnen.
Auf dem Weg zurück zum Schloss schlenderten sie durch ein hübsches, ruhiges Wohnviertel. Sie kamen an einem kleinen Park mit Kinderspielplatz vorbei, und Tara ertappte sich dabei, wie sie nach Schildern Ausschau hielt, auf denen à louer – zu vermieten – stand. Auch wenn es nur Träumerei war … das nächste Mal, wenn sie nach Ferranbeaux kam, um Poppy zu besuchen, wäre es wohl besser, wenn sie eine eigene Unterkunft fand.
11. KAPITEL
Für den Abend hatte Lucien Tara zu einem gemeinsamen Dinner eingeladen. Sie hatten schließlich noch viel zu besprechen, was Poppy anging.
Und so stand Tara nun
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