Julia Extra Band 0301
Nur zögernd hob sie den Blick zu ihm auf. „Machst du dich etwa lustig über mich?“
„Nein, ganz und gar nicht.“
Dafür aber strich er ihr jetzt über den Arm und machte es ihr unmöglich, sich zu konzentrieren. „Lucien, bitte …“
„Bitte, was? Wenn du deine Ruhe haben wolltest, dann hättest du ins Pförtnerhaus übersiedeln müssen.“
„Das ist gemein, so etwas zu sagen …“
„Gemein?“ Er beugte den Kopf und blickte ihr in die Augen. „Ich kann dir versichern, ich gedenke äußerst liebenswürdig, aufmerksam und galant zu sein – und somit letztendlich sehr zufrieden stellend.“
„Zufrieden stellend?“ Sie seufzte leise auf.
„Ja, sehr sogar.“ Damit hob er sie auf seine Arme und trug sie ins Schlafzimmer.
Sie hätte ihn abweisen müssen, aufhalten müssen, ihm Kontra bieten müssen. Doch dazu wäre eine andere nötig gewesen – eine Frau, die ihn nicht so sehr liebte.
Lucien liebte sie mit solch exquisiter Zärtlichkeit, dass die Emotionen, die in Tara aufstiegen, sie überwältigen wollten. Natürlich verbarg sie diese Gefühle vor Lucien und war erleichtert, als das körperliche Vergnügen alles andere ausblendete. Und dennoch, durch seine Liebkosungen gab er ihr das Gefühl, für ihn das kostbarste Geschenk auf Erden zu sein.
„Wenn du jetzt aufhörst“, warnte sie ihn schwer atmend, als er eine Spur von heißen Küssen über ihre Brüste zog, „werde ich dir nie verzeihen.“
Er lachte das selbstsichere Lachen eines Mannes, der sich seiner Fähigkeiten bewusst war. Tara zog ihn zu sich hoch, als er die Spur über ihren Bauch fortsetzen wollte.
„O nein, so leicht kommst du mir nicht davon“, wisperte sie und bog sich ihm verführerisch entgegen.
Er drückte sie mit seinem Gewicht in die Matratze, und sie reagierte genau so, wie er es sich erhofft hatte. „Wie kommst du darauf, ich würde das wollen?“
Tara war die perfekte Frau, ganz gleich, was sie auch an sich auszusetzen hatte. Sie würde auf Ferranbeaux bleiben. Sie würde bei ihm bleiben. Sie würde so viel Zeit mit Poppy verbringen, wie sie wollte.
Als die Geliebte des Grafen von Ferranbeaux, wer sollte es da wagen, ihr das zu verwehren?
Hinterher duschten sie und setzten sich, nur mit Bademänteln bekleidet, zusammen in den Salon. Tara ließ sich auf dem Teppich vor dem brennenden Kamin nieder und schaute gedankenversunken in die Flammen. Im Feuerschein leuchtete ihr Haar wie eine goldene Aureole. Lucien kam zu ihr und umfasste ihr Gesicht.
„Du bist schön“, murmelte er.
„Sei nicht albern“, bestritt sie sofort.
„Noch nie im Leben war mir etwas so ernst.“ Er schloss die Augen, um sich von seinen Sinnen leiten zu lassen. Er fühlte ihr seidiges Haar an seinen Handflächen, roch ihren süßen frischen Duft und wusste, dies hier war einer der glücklicheren Momente seines Lebens. „Ein sehr viel glücklicherer Moment“, sprach er seine Gedanken laut aus.
„Was sagtest du?“ Sie drehte sich zu ihm um.
„Ich sagte, dass das hier viel besser ist als Streiten und Kämpfen, meinst du nicht auch?“ Er zog sie an sich und küsste sie auf den Nacken. Für Guy konnte er nichts mehr tun, doch er konnte Tara helfen, die so wenig Selbstwertgefühl besaß. Wie konnte er sie wissen lassen, dass er nie zuvor einen solchen Frieden empfunden hatte? Dass er schon damit zufrieden war, hier mit ihr von den flackernden Flammen zu sitzen?
Doch während er nachdenklich auf das Knacken der Holzscheite lauschte, fühlte er plötzlich Tränen auf seine Hand tropfen. „Tara?“ Sie antwortete nicht, und er zog sie noch enger an seine Brust, in dem festen Vorsatz, alles für sie wieder ins rechte Lot zu bringen. Aber sie kamen aus verschiedenen Welten, und er trug eine Verantwortung in seiner Welt. Wie also sollte er seinen Vorsatz umsetzen?
Als sie ihn mit tränenfeuchten Augen ansah, da vermutete er, dass sie um ihre Schwester trauerte, und er tat das, was ihm sein Instinkt riet. Er küsste sie, um sie zu trösten.
Für Tara war es, als würde die Sonne durch dunkle Gewitterwolken brechen. Lucien bedeutete ihr alles, sie gab sich ihm bedingungslos hin. Die Zärtlichkeit, die sie in den letzten Stunden miteinander geteilt hatten, war zwei lange Jahre zurückgehalten worden. Aber jetzt war Lucien zu ihr zurückgekehrt …
Also genieße es, solange es dauert, flüsterte ihr der Dämon, der Zweifel hieß, hämisch zu.
10. KAPITEL
Am nächsten Morgen wachte Tara allein auf, nur die zerwühlten Laken auf der
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