Julia Extra Band 0301
lieber da draußen lassen?“
„Nein …!“
„Das nächste Mal, wenn du Lust auf einen Spaziergang hast“, er war bei ihr angekommen und schlang den Arm um ihre Taille, „sag mir vorher Bescheid. Komm, du musst einen Fuß vor den anderen setzen.“
„Ich kann nicht …“
„Du musst. Vertrau mir. Hier geht es gute dreißig Meter tief hinunter. Tu ein einziges Mal das, was ich dir sage. Jetzt ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um mit mir zu streiten.“
„Bitte, nein …“
Was immer sie noch sagte, ging unter, als er sie auf seine Arme hob, zurück ins warme Innere des Schlosses trug und unsanft auf die eigenen Füße stellte.
Energisch schlug er die Tür zu. „Hast du denn die Warnschilder nicht gesehen, dass dieser Teil des Palastes nicht begehbar ist?“
Nach dem Schreck war sie nicht unbedingt bester Laune. „Es war dunkel.“
„Du musst mir vergeben, wenn ich nicht an neugierige Gäste gedacht und Lampen angebracht habe!“
„Das wäre eine gute Idee.“ Noch immer saß ihr der Schock in den Gliedern.
„Was wolltest du da draußen überhaupt?“
„Ich brauchte Zeit zum Nachdenken.“
„Noch mehr Zeit?“
„Ja, noch mehr“, fauchte sie unfreundlich. „Es gibt noch viele Dinge zu erledigen, Lucien.“
„Wie, zum Beispiel, Sicherheitsmaßnahmen. Du hättest da draußen umkommen können.“ Er trat beiseite, doch als sie an ihm vorbeigehen wollte, hielt er sie fest. „Keine abenteuerlichen Überraschungen mehr, Tara.“
Sie war so absolut sicher, dass er sie jetzt küssen würde, dass sie einen enttäuschten Laut von sich gab, als er sich zurückzog.
„Du musst mir nicht beweisen, wie unabhängig du bist.“
„Darum ging es gar nicht.“ Sie schüttelte den Kopf, doch er hörte ihr nicht zu.
„Deine Sicherheit liegt mir am Herzen.“
„Danke.“
„Wie mir die Sicherheit all meiner Leute am Herzen liegt.“
„Aber genau das ist es, Lucien. Ich gehöre nicht zu deinen Leuten.“
Er war jetzt wirklich nicht in der Stimmung für eine Strafpredigt. „Es gibt auch so etwas wie Teamwork und Zusammenarbeit. Du musst nicht jeden zurückstoßen, nur weil du beweisen willst, dass du nicht wie Freya bist.“ Was ihn beunruhigte, war der Gedanke, dass Freya niemals ein solches Maß an Gefühlen in ihm hätte wachrufen können.
„Und du musst niemandem beweisen, dass du nicht wie Guy bist.“
Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich unerträglich aus.
„Lucien … es tut mir leid. Du hast mir soeben das Leben gerettet.“
Er sah sie an und fragte sich, wer hier wem das Leben rettete. „Pass einfach nur auf, dass du nie wieder ein solches Risiko eingehst.“
Dieses Mal hielt Tara ihre Zunge im Zaum. Ob Lucien überhaupt ahnte, dass das Zusammensein mit ihm das allergrößte Risiko für sie war?
Lucien bestand darauf, dass sie sich vor dem Kaminfeuer aufwärmen und etwas Heißes trinken solle, und so wehrte Tara sich auch nicht, als er sie in seine Suite führte. Nun, da Leidenschaft ihre Sinne nicht benebelte, nahm sie mehr von dem Salon war. Es war sicherlich der Raum eines Mannes, ohne unnötige Dekorationen, nicht einmal ein einziges Familienfoto gab es hier. Tara hätte zumindest ein Bild des alten Grafen erwartet. Jetzt ahnte sie auch, wieso Lucien einen Innenarchitekten bestellt hatte, um Poppys Räume auszurichten. Wenn man in einem Schloss lebte, konnte man nicht auf den Fundus eines vollgestopften Hauses zurückgreifen. Aber zumindest herrschten in diesem Raum warme Erdtöne vor, und das Mobiliar war eher mit Bequemlichkeit denn Stil im Sinn ausgewählt worden.
Lucien zog die Vorhänge vor die Fenster und schloss somit die stürmische Nacht aus. „Setz dich“, forderte er sie auf und zeigte auf die Sofas, die beim Kamin standen.
Doch die Wärme zog Tara mehr an. Sie ließ sich vor dem flackernden Feuer auf die Knie nieder. „Gilt deine Einladung noch, dass ich ins Pförtnerhaus ziehe?“ Das war die Frage, die sie an die frische Luft getrieben hatte.
„Ich würde mich freuen“, antwortete er unverbindlich, weil er wusste, dass da noch mehr kommen würde.
„Es scheint sich nicht vermeiden zu lassen, dass ich länger in Ferranbeaux bleibe, bis die letzten Details der Adoption geregelt sind …“
„Ja?“
„Aber wenn ich im Pförtnerhaus bleibe, möchte ich Miete zahlen.“ Erst jetzt drehte sie sich zu Lucien um, der auf dem Sofa saß.
„Miete?“ Er runzelte die Stirn. „Du bist mein Gast. Ich erwarte von meinen Gästen nicht, dass sie
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