Julia Extra Band 0301
Erschrocken blickte Ally auf.
„Ich verstehe natürlich, wenn du einen Anwalt beauftragen möchtest, die Unterlagen zu überprüfen.“
„Nein.“ Immer noch kühl und sanft. Sehr kühl.
„Tja, dann …“ Endlich gelang es ihr, die Kappe von dem Stift zu ziehen. Sie streckte ihn Peter entgegen. „Bitte sehr.“
Er rührte sich nicht. Griff nicht nach dem Stift.
Klar, schoss es ihr durch den Kopf. Selbstverständlich braucht er keinen Stift. In der Tasche seines Hemdes steckt doch einer! Sie kam sich ganz schön dumm vor, als sie auf das Schreibgerät deutete. „Du hast ja deinen eigenen!“
Doch auch den nahm er nicht zur Hand. Stattdessen ließ er die Papiere auf den Tisch vor sich sinken, blickte Ally direkt in die Augen und forderte mit tonloser Stimme: „Keine Scheidung.“
2. KAPITEL
„Wie bitte? Was meinst du damit, keine Scheidung?“
„Ich finde diese Aussage ziemlich eindeutig. Welches Wort verstehst du nicht?“
Ally starrte ihn an und glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. „Ha ha. Sehr witzig. Komm schon, Peter. Du hast deinen Spaß gehabt. Ich war unhöflich. Es tut mir leid. Ich bin erwachsen geworden, und jetzt unterschreib bitte die Papiere, dann bin ich auch schon wieder weg.“
„Das sehe ich anders.“
„Warum? Das ergibt für mich überhaupt keinen Sinn.“
„Aber sicher doch.“ Er zuckte die Schultern. „Wir sind verheiratet. Haben Schwüre geleistet.“
„Oh, ja, richtig. Und ganz bestimmt haben wir sie gehalten, nicht wahr?“
„Du kannst nur für dich selbst sprechen.“
„Was willst du damit sagen?“
„Schon gut.“ Er schaute aus dem Fenster, blickte auf die Skyline von Manhattan jenseits des Flusses, während Ally darauf wartete, dass er ihr seine Worte erklärte. „Ich will nur sagen, dass wir seit zehn Jahren verheiratet sind. Das ist eine lange Zeit. Viele Ehen halten nicht so lange.“
„Möchtest du damit andeuten, dass mehr Menschen sich zehn Jahre lang nicht sehen sollen? Oder fünf?“
Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Nein. Ich will sagen, wir sollten uns eine Chance geben.“
„Wie bitte?“ Sie musste sich verhört haben. „Was eine Chance geben?“
„Unserer Ehe. Schauen wir, ob es funktioniert.“
Ally öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Sie konnte nicht fassen, was hier geschah.
„Wir kennen uns gar nicht“, meinte sie schließlich.
„Wir waren Freunde.“
„Du hast am Strand herumgehangen, und ich habe als Kellnerin in dem Laden gearbeitet, in dem du deine Hamburger bestellt hast.“
„Dort haben wir uns getroffen“, stimmte er zu. „Und dann sind wir Freunde geworden. Du willst doch nicht behaupten, wir waren nicht befreundet?“
„Nein“, sagte sie. „Aber genau darum geht es ja. Wir waren Freunde, Peter. Gute Kumpel. Wir sind nie miteinander ausgegangen! Du hast mich damals nicht geliebt, und du liebst mich heute garantiert auch nicht!“
„So? Nun, mir gefällt, was ich vor mir sehe. Eine Menge Ehen fangen mit weniger an.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das ist ja lächerlich. Wir beide führen ein grundverschiedenes Leben.“
„Ich kann mich anpassen.“
„Aber ich nicht! Mein Leben findet auf Hawaii statt. Ich bin dort sesshaft geworden. Es ist Zeit für mich, den nächsten Schritt zu gehen.“
„Und der ist?“
„Mich scheiden zu lassen!“
„Nein.“
„Doch! Ich muss … mein Leben geht weiter.“
„Warum jetzt?“
„Zum einen, weil ich dich gefunden habe“, erklärte sie leicht gereizt. „Und warum sollte ich warten? Uns verbindet nichts.“
„Wir teilen Erinnerungen.“
„Zehn Jahre alte Erinnerungen.“
„Und eine fünf Jahre alte“, erinnerte Peter sie.
„Dafür habe ich mich entschuldigt.“
„Ja, danke, das hast du“, erwiderte er steif. „Trotzdem ist es nicht meine Schuld, dass wir uns aus den Augen verloren haben. Du warst es, die mir keine Adresse hinterlassen hat.“
„Mea culpa“, murmelte Ally und fügte hinzu: „Vielleicht hätten wir in Verbindung bleiben sollen, aber …“
Aber das hätte eine zu große Versuchung bedeutet. Peter zu heiraten, war eine Sache. Die Nacht jedoch – die eine Nacht mit Peter – hatte ihre naive Vorstellung zerstört, die Hochzeit sei nichts weiter als ein Mittel zum Zweck.
In dieser Nacht waren Sehnsüchte in ihr erwacht, die sie besser nicht hätte empfinden sollen, da sie sicher war, dass Peter nicht das Gleiche fühlte wie sie. Schließlich hatte er sie nur geheiratet, um ihr aus der Patsche zu helfen.
„Was
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