Julia Extra Band 0301
zum eigenen Design von Kleidern gewesen. „Tragbare Kunst“ nannte sie ihre Unikate.
Mittlerweile verkaufte sie ihre ganz individuelle Mode nicht nur in eigenen Boutiquen, ihre Kleider wurden auch in Galerien und Museen auf der ganzen Welt ausgestellt.
„Beeindruckend“, kommentierte Peter.
„Ich habe hart dafür gearbeitet. Das hast du ja damals gesehen.“Vor fünf Jahren, meinte sie.
„Ja“, bestätigte er. „Und du brauchtest meine Hilfe nicht mehr.“
Ally versteifte sich. „Ich war sehr unhöflich in jener Nacht.“
Es war das einzige Mal gewesen, dass sie sich nach ihrer Hochzeit wiedergesehen hatten. Sie war für ihre sehr ambitionierte Ausstellung nach Honolulu zurückgekommen – auch um ihrem Vater zu beweisen, dass sie die richtigen Entscheidungen getroffen hatte.
Also schickte sie ihrem Vater eine Einladung und wartete nervös auf sein Eintreffen.
Er war nie gekommen.
Dafür kam Peter.
Sie sah auf, und da stand er, groß, voller Leben und doppelt so attraktiv, wie sie ihn in Erinnerung hatte.
Sein Anblick wirkte wie ein Schock. Das lag wohl an der Frau an seinem Arm.
Sie war eine ausgesprochen sexy Blondine. Mit ihrer platinblonden Mähne und der hellen Haut und seinen dunklen Haaren und der natürlichen Sonnenbräune fiel der Kontrast zwischen ihnen sofort ins Auge. Die Künstlerin in Ally wusste das zu schätzen.
Der Frau in ihr gefiel es gar nicht, dass das Paar auf sie zuschlenderte. Zur Begrüßung schloss Peter sie herzlich in die Arme.
„Hey! Gut siehst du aus! Und deine Sachen …“, er deutete auf die Ausstellungsstücke, „… sind großartig! Einfach toll. Ich habe dir eine Kritikerin mitgebracht.“ Er zog die Blondine ein Stückchen vor. „Das ist Annie Cannavaro. Sie schreibt Kunstkritiken für den Star .“
Was er nicht sagte, war: „Das ist Ally, meine Frau.“
Und als sie das Wort Kritikerin hörte, wurde ihr klar, dass Peter glaubte, sie benötige einen weiteren Gefallen. Allein der Gedanke machte sie wütend. Sie war nicht mehr das kleine hilfsbedürftige Mädchen, das er geheiratet hatte!
Also fuhr sie ihn ziemlich derb an.
Den weiteren Abend verhielt sie sich Peter und der Kritikerin gegenüber gleichgültig bis ablehnend und atmete erst erleichtert auf, als sie das Paar die Vernissage verlassen sah.
Allerdings war ihr nur eine kurze Atempause vergönnt. Kurz bevor der Saal seine Türen schloss, kehrte Peter zurück. Allein.
„Was sollte das denn?“, fragte er zornig.
„Ich weiß nicht, was du meinst“, entgegnete sie eisig und versuchte, ihm auszuweichen.
„Doch, das weißt du ganz genau. Es ist eine Sache, wenn du mich nicht mehr kennen willst. Allerdings ist das noch kein Grund, unhöflich zu Annie zu sein.“
„Das war ich gar nicht.“ Ihre Wangen brannten vor Verlegenheit. „Aber ich brauche deine Hilfe nicht mehr. Du musst mich nicht länger retten.“
„Ich rette dich gar nicht!“, rief er. „Ich dachte, ein Zeitungsartikel würde dir gefallen. Aber vergiss es einfach. Tut mir leid, dass ich mich eingemischt habe.“ Damit stürmte er aus dem Saal.
Seit damals hatte sie ihn nicht wiedergesehen, nichts von ihm gehört, keinen Kontakt gehabt. Bis heute.
„Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich also vorsichtig. „Ich war immer noch dabei, meinen Weg zu finden. Und dank dir, ist mir das auch gelungen. Dafür schulde ich dir etwas. Also bin ich gekommen, um mich zu bedanken und …“ Sie griff nach der Mappe, die sie gegen den Sessel gelehnt hatte, „… um dir das zu bringen.“
Er nahm die Seiten entgegen, die sie ihm reichte. „Was ist das?“
„Unsere Scheidungspapiere. Langsam wird es Zeit, oder?“ Sie setzte ein freudestrahlendes Lächeln auf, als könne sie ihn so zwingen, ebenfalls zu grinsen.
Aber er tat es nicht. Stattdessen blieb sein Blick fest auf das Papier in seiner Hand gerichtet.
„Ich weiß, ich hätte früher kommen sollen“, fuhr sie fort, um das unbehagliche Schweigen zu durchbrechen. „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.“
Immer noch keine Reaktion. Sein Gesicht wirkte wie versteinert, die Miene unlesbar. Also machte sie einfach weiter. „Ich hätte mich schon längst darum kümmern sollen. Schließlich ist es ja nur eine Formalität.“ Sie zog einen Stift aus ihrer Mappe. „Du brauchst nur auf der letzten Seite zu unterschreiben. Alles Weitere leite ich dann in die Wege.“
„Das glaube ich nicht.“
Sein Tonfall klang sanft und kühl, wie eine Brise über dem Ozean.
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