Julia Extra Band 0301
ist der wirkliche Grund, Al?“
Mit seinem Widerspruch hatte sie nicht gerechnet. Sie wollte Peter die Scheidungspapiere persönlich überbringen, da sie der festen Überzeugung war, ein Wiedersehen würde die Sache zu einem würdigen Abschluss bringen.
Er, so hatte sie sich immer eingeredet, würde ihre Bitte bestimmt hocherfreut erfüllen. Immerhin konnte auch er keine andere Frau heiraten, solange er noch nicht geschieden war.
Ally hob den Kopf und sah, dass Peter sie aufmerksam beobachtete.
„Ich werde bald heiraten“, beantwortete sie endlich seine Frage.
Peter gab ein ungläubiges Geräusch von sich. „Was?“
„Ich sagte, ich werde bald heiraten. Ich bin … verlobt. Nun ja, zumindest so ungefähr.“
„Ist das nicht ein bisschen … überstürzt? Du hast bereits einen Ehemann.“
„Es ist ja noch nicht offiziell“, erwiderte sie. „Aber deshalb habe ich dir ja die Scheidungspapiere gebracht. Ich hätte sie auch per Post schicken können, doch ich hielt es für höflicher, sie persönlich zu überbringen.“
„Höflich“, wiederholte er.
„Nicht im Traum habe ich daran gedacht, dass du ein Interesse daran haben könntest … die Dinge weiterlaufen zu lassen. Immerhin führen wir ja keine echte Ehe.“
„Für eine Nacht schon.“
„Das war nicht … echt.“
„Hat sich für mich ziemlich echt angefühlt.“
„Hör auf damit! Du weißt, was ich meine.“
Er seufzte. „Sag mir, was du meinst, Al.“
„Ich meine, es ist Zeit weiterzugehen. Ich hätte das schon viel früher machen sollen. Aber ich dachte, du würdest … und dann, vor fünf Jahren, war ich sicher, du würdest … und danach war ich … beschäftigt. Und nachdem ich zurück nach Honolulu gekommen bin, wusste ich nicht, wo du warst, und ich dachte, es spielt auch keine Rolle, und als dann die Dinge … ernst wurden … als Jon mir einen Antrag machte …“
„Er wusste gar nicht, dass du verheiratet bist?“
„Er wusste, dass ich es war“,erläuterte sie unbehaglich. Wie erklärte man seinem Zukünftigen, dass man keine Ahnung hatte, wo sein Ehemann zurzeit steckte?
Peter zog eine Augenbraue hoch.
„Eigentlich existiert sie ja auch gar nicht mehr. Nur die Formalitäten stehen noch aus. Und es ist ja nicht so, dass unsere Ehe je wirklich begonnen hätte!“
„Oh, ich denke, man könnte schon sagen, dass sie begonnen hat, Al.“
„Es war nur eine Nacht!“
Oh, ja, aber was für eine Nacht. Mit Peter zu schlafen, war nicht Teil des Deals gewesen. Aber nach der Zeremonie, als sie nach Hause gekommen war und ihrem Vater erzählt hatte, sie sei verheiratet, hatte er sie nur eine Ewigkeit angestarrt und dann tonlos gesagt: „Wirklich?“
Noch Stunden später hallte das Wort durch ihren Kopf.
War sie verheiratet? War „Ja, ich will“ zu sagen und auf einer Linie zu unterschreiben genug, um von einer Ehe zu sprechen? Oder gab es da noch mehr?
Natürlich gab es mehr.
Sie hatte die tiefe Liebe gesehen, die ihre Eltern füreinander empfanden. Den Schmerz ihres Vaters nach dem Tod ihrer Mutter. Damit verglichen, war ihre Hochzeit mit Peter in der Tat eine Schande.
Und so fühlte sie sich, durch die Zweifel ihres Vaters und mehr noch durch ihre eigenen Überzeugungen, verpflichtet, ihrer Ehe zumindest eine gewisse Ehre zu erweisen.
Also besuchte sie Peter in seinem Apartment.
Sie konnte sich immer noch genau an seinen Gesichtsausdruck erinnern, als er ihr die Tür geöffnet hatte. „Ally? Was gibt’s denn?“
„Ich …“ Sie schluckte. „Könntest du mir noch einen Wunsch erfüllen?“
„Ja, klar. Schieß los.“
Die Hände verlegen gegeneinanderreibend, schaute sie ihm tief in die Augen. „Könntest du … bitte, mit mir schlafen?“
Erstaunt erwiderte er ihren Blick. Fast hätte sie sich umgedreht und wäre geflüchtet.
„Ich weiß“,versuchte sie, ihm ihr seltsames Verhalten zu erklären, „warum du mich geheiratet hast. Du wolltest mir einen Gefallen tun. Aber ich … ich will, dass es echt ist.“
Er bewegte sich nicht. Blinzelte nicht einmal. Starrte sie nur an.
„Ich weiß, dass miteinander zu schlafen nicht alles ist, was eine Ehe ausmacht“, fuhr sie hastig fort. „Und ich weiß, dass es nicht wieder passieren wird. Ich dachte nur …“ Ihre Stimme versagte. „Vielleicht findest du mich nicht attraktiv. Das verstehe ich. Ich …“
„Unsinn“, entgegnete er rau. Er griff nach ihrer Hand und zog Ally in seine Wohnung.
„Ich erwarte nicht …“, setzte sie an.
„Shh.“
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