Julia Extra Band 0301
inständig, Peter hätte ihr den Namen des Restaurants verraten, dann hätte sie sich wieder herrichten können, bevor sie zusammentrafen.
Aber er wartete bereits am Ausgang der Station auf sie. Er trug noch die Hose und das Hemd, in denen sie ihn im Büro gesehen hatte. Das Jackett hatte er lässig über die Schulter gelegt, die Krawatte hingegen war verschwunden.
Ally stockte der Atem.
„Pünktlich auf die Minute“, lobte er. „Keine Probleme, den Weg zu finden? Du siehst großartig aus.“
Die Lüge war so offensichtlich, dass Ally laut lachte.
Peter grinste. „Endlich ein richtiges Lachen.“
„Ich freue mich nur so, dich zu sehen“, erwiderte sie sarkastisch.
Nun lachte er. Und bevor sie ausweichen konnte, beugte er sich auch schon vor und küsste sie.
Es war ein schneller Kuss, ein Kuss für die Straßenecke. Ein Schmatzer auf den Mund. Ein Kuss, wie er sich jeden Tag an Zehntausenden von Straßenecken in der ganzen Welt ereignete. Daran war nun wirklich nichts Weltbewegendes.
Zumindest erschütterte es nicht die Welt von irgendjemandem sonst.
Nur ihre.
Denn die kurze Berührung von Peters Lippen ließ alles wieder lebendig werden. Die Erinnerungen, die sie anfangs wie einen Schatz gehütet, später unterdrückt hatte, kehrten mit solcher Macht zurück, als habe es ihre Verdrängungsversuche nie gegeben.
Dieser winzige Moment, dieser Geschmack … seine Lippen auf ihren, sein Duft … und für eine Millisekunde überkam sie das Gefühl, wieder auf Hawaii zu sein und in Peters Apartment in seinen Armen zu liegen.
Sie taumelte.
Peter fing sie, bevor sie fiel. „Geht es dir gut?“
„Ja, mir geht es gut. Nur die Hitze.“
„Sicher?“
Er stand so nahe vor ihr. Jede einzelne Wimper konnte sie sehen. Lang und dicht.
Hastig trat Ally einen Schritt zurück, um aus der Kussgefahrenzone zu entkommen.
„Die Klimaanlage in der U-Bahn war ausgefallen. Ist es weit bis zum Restaurant? Ich muss mich ein bisschen frisch machen.“
„Nicht weit.“ Einen Arm um ihre Schultern gelegt, steuerte er die Flatbush Avenue entlang auf einen Supermarkt zu.
Ally runzelte die Stirn. „Wohin gehen wir?“
„Ich muss nur ein paar Dinge einkaufen.“
Sie entzog sich seiner Umarmung, folgte ihm aber in das Geschäft und sah neugierig zu, wie er Steaks, Salat, einen Laib Landbrot und ein paar Oliven aus den Regalen nahm. Dann zögerte er einen Moment, als wäge er seine Alternativen ab und legte noch zwei Maiskolben in den Einkaufskorb.
Allmählich wurde sie misstrauisch. „Warum kaufen wir jetzt ein?“
„Weil ich bis vor einer Stunde noch nicht wusste, dass ich zum Essen Gesellschaft haben würde.“
„Wir gehen nicht … ich meine … du kochst ?“
„Meine Fähigkeiten sind unbegrenzt.“ Grinsend nahm er eine Ananas und warf sie ihr zu.
Instinktiv fing Ally die Frucht auf. „Du brauchst nicht für mich zu kochen. Gehen wir doch aus. Ich bezahle auch.“
„Nein. Komm schon. Ich koche gerne.“
„Aber …“
Doch er befand sich bereits auf dem Weg zu den Kassen.
Als sie wieder draußen auf der Straße standen, fasste er Ally am Ellenbogen und lotste sie um die Ecke in eine schmale Seitenstraße. Die Berührung empfand sie als viel zu aufregend und prickelnd.
Vor einem alten Backsteingebäude, das so gar nichts mit dem Apartment über Mrs. Changs Garage zu tun hatte, blieb Peter stehen.
„Hier?“, fragte Ally.
Er stieß die elegante Eingangstür aus Eichenholz und Glas auf. „Mir gehört das Erdgeschoss, inklusive Garten.“ Während er sprach, schloss er die Tür zu seiner Wohnung auf. „Außerdem habe ich, wie du gleich sehen wirst, ein Stückchen Hawaii mitgebracht.“
Voller Staunen betrachtete sie das Gemälde, das eine gesamte Wand im Wohnzimmer einnahm. Mehr noch als die Ausmaße, verblüffte sie, dass sie die Szenerie sofort erkannte.
Das Bild zeigte den Strand, an dem sie sich kennengelernt hatten. Dort war Benny’s Schnellrestaurant, dort der Laden für Surfbretter, die Felsen, die Schwimmer und Sonnenhungrigen, die Jogger an der Wasserkante und die Surfer, die auf die Welle des Tages warteten.
„Hast du das gemalt? Es ist faszinierend.“
„Nein. Ich habe absolut keine künstlerische Ader. Meine jüngere Schwester Martha ist die Künstlerin der Familie. Sie lebt davon. Von Wandgemälden.“
„Es ist … unglaublich. Es kommt mir fast so vor, als könne ich die Brise vom Meer her spüren, die Wellen und das Wachs der Surfbretter riechen und …“
„… und
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