Julia Extra Band 0301
drückte eine Taste an ihrem Telefon. „Alice Maruyama.“
„Iss mit mir zu Abend.“ Die Stimme klang schroff, männlich und bedurfte keiner Vorstellung.
Sie hatte sie erst vor wenigen Stunden vernommen, doch auch wenn sie Peter Antonides seit zehn Jahren nicht gehört hätte, sie hätte sie sofort wiedererkannt. Sie besaß eine weiche und sexy Note, die sie innerlich erschauern ließ.
„Wer spricht da?“, fragte sie dennoch.
Er lachte. „Schau auf dein Display. Komm schon, Al. Sei kein Spielverderber. Früher warst du auch keine Spielverderberin.“
„Hier geht es nicht um ein Spiel, sondern darum, dass du unsere Scheidungspapiere unterzeichnest.“
„Dann überzeug mich beim Dinner davon.“
„Peter …“
„Bist du ein Feigling, Al? Hast du Angst?“ Er gebrauchte dieselben Worte, mit denen er sie schon vor zehn Jahren aufgezogen hatte. Denselben stichelnden Tonfall.
Bevor sie ihm begegnet war, hatte sie noch nie auf einem Surfbrett gestanden.
„Du bist noch nie gesurft?“, fragte er entsetzt. „Wo lebst du denn?“
Sie reichte ihm den Teller mit seiner Bestellung über die Theke und erwartete, dass er sich einen Platz suchte. Aber er blieb stehen, wo er war und ignorierte die Schlange hinter sich.
„Nicht jeder, der auf Hawaii lebt, surft“, erwiderte sie.
„Wahrscheinlich nicht“, stimmte er zu und ließ sein atemberaubendes Lächeln aufblitzen. „Und warum solltest du auch, wenn du ein Feigling bist?“
„Ich bin kein Feigling!“
„Dann komm mit“, schlug er vor. „Ich bringe es dir bei.“
„Ich muss arbeiten. Ich kann nicht einfach weggehen und mit dir spielen.“
„Wie wäre es mit morgen früh? Dann sind die Wellen sowieso besser. Wir treffen uns um sieben Uhr.“Vielsagend tippte er mit einem Finger gegen die Schläfe. Seine grünen Augen funkelten. „Es sei denn, du bist …“
„Ich bin kein Feigling!“, hatte Ally damals gesagt. Und sie sagte es auch jetzt. „Na schön, dann eben Dinner. Wir können über die guten alten Zeiten plaudern. Und du kannst die Papiere unterzeichnen. Wo soll ich hinkommen?“
Er nannte ihr eine Straßenecke in Brooklyn. „Entweder du nimmst ein Taxi oder die U-Bahn.“
„Wie heißt das Restaurant?“
„Ich hole dich an der Haltestelle ab. Von dort aus können wir zu Fuß gehen. Sieben Uhr. Und … es ist ein Date.“
3. KAPITEL
Es ist kein Date!
Noch nie in ihrem Leben hatte sie ein Date mit Peter gehabt – es sei denn, man zählte ihre Verabredung vor dem Standesamt dazu, was sie nicht tat.
Sie war genervt. Wegen Peter. Und mehr noch wegen sich selbst.
Es ärgerte sie maßlos, sich für die höfliche Variante entschieden und ihm die Papiere persönlich überbracht zu haben. Jon hatte recht. Sie hätte sich den Weg sparen und die Unterlagen per Post schicken können. Außerdem musste er überhaupt nicht unterschreiben. Sie konnte die Scheidung trotzdem einreichen.
Ally verstand nur nicht, warum er sich so störrisch verhielt.
Natürlich hatte sie erwartet, dass Peter sich freuen würde, sie zu sehen, dass er sie ein bisschen necken würde, so wie er es immer tat und dann, zwischen zwei Scherzen seine Unterschrift auf das Dokument setzen würde.
Bedenken hatte sie nur hinsichtlich ihrer eigenen Reaktion auf das Wiedersehen gehabt.
In ihrer Hochzeitsnacht hatte Peter ihre Welt auf den Kopf gestellt. Er hatte sie dazu gebracht, Dinge zu begehren, von deren Existenz sie keine Ahnung gehabt hatte … Dinge, die sie seither beständig zu vergessen versuchte.
Genau deshalb schlüpfte sie nun in einen schwarzen Hosenanzug und steckte die Haare zu einer strengen Frisur am Hinterkopf zusammen – um sich daran zu erinnern, dass es bei ihrem Treffen nicht um sinnliches Begehren ging.
Es ging um Treue und Familie.
Es ging darum, ihre gespielte Ehe aufzugeben, damit sie mit Jon ein wirkliches Eheleben führen konnte.
„Vergiss das nicht“, befahl sie ihrem Spiegelbild. „Peter liebt dich nicht. Er will sich nur revanchieren.“
Tatsächlich war sie sich ziemlich sicher, dass dies der Grund für sein Zögern war. Er wollte sich einfach ein wenig für ihr unhöfliches Verhalten an dem Abend der Vernissage vor fünf Jahren rächen.
„Er liebt dich nicht“, wiederholte sie noch einmal und fügte dann streng hinzu: „Und du liebst ihn auch nicht.“
Nach der Fahrt in der U-Bahn war ihr Hosenanzug zerknittert. Eine Schlaufe zum Festhalten hatte sich in ihren Haaren verfangen und ihre Frisur ruiniert. Ally wünschte
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