Julia Extra Band 0302
seinem Zuhause bekommen würde, war die herzliche Begrüßung seiner Mutter fast genauso überschwänglich wie die ihres Enkels. Freudig warf er sich in die Arme seiner Tante. Als sie in die Hocke ging, um seine Umarmung zu erwidern, waren Anns Augen tränenverschleiert.
Oh Carla, wenn du doch sehen könntest, wie glücklich dein Sohn in dieser Familie ist . Und dies wäre auch Carlas Zuhause gewesen. Hier, in dieser wunderschönen Villa, hätte sie ihren Sohn zur Welt gebracht und Andreas geheiratet. Das vollkommene Leben, nach dem sich ihre Schwester so gesehnt hatte. Stattdessen hatte ein Grab auf sie gewartet, und auf den Mann, den sie so gern hatte heiraten wollten …
Zorn erfasste Ann, doch sie schob ihn entschieden zur Seite. All das gehörte der Vergangenheit an. Jetzt gab es nur noch die Gegenwart, und die Zukunft – Carlas und Andreas’ Sohn.
Nikos beobachtete, wie Ann, begleitet von einem der Hausmädchen, den Salon betrat. Seit ihrer Ankunft am Nachmittag hatte er sie nicht mehr gesehen. Stattdessen hatte er sich schlecht gelaunt in seinem Arbeitszimmer verschanzt. Die Arbeit lenkte ihn zumindest von der unwillkommenen Anwesenheit dieser Frau ab, die er am liebsten zur Hölle jagen würde. Denn wieder einmal hatte sie es geschafft, sich in seine Familie einzuschleichen. Teilnahmslos sah er sie nun an, auch wenn ihn Unmut und grimmige Wut bei ihrem Anblick erfüllten. Und es gab noch etwas, das er ihr übel nahm.
Ihr Angriff auf ihn als Frau.
Sein Mund wurde zu einer schmalen Linie, als er sah, wie sie sich seiner Mutter näherte. Verflucht – warum konnte sie nicht immer noch so aussehen wie vor vier Jahren? Stattdessen wirkte sie auf eine klassische Weise schön und trug ein blaues, knielanges Kleid aus feinstem Jersey, das ihren schlanken Körper auf subtile Weise verführerisch wirken ließ. Warum nur überlegte er, wie es sich anfühlen würde, mit den Fingern durch ihr langes Haar zu fahren, das lässig von einem Samtband zusammengehalten wurde? Oder ob sie darauf ansprechen würde, wenn er ihre Brüste berührte?
Er zwang sich, den Blick von ihr abzuwenden und seine Mutter anzusehen. Mit wohlwollendem Lächeln lud sie Ann ein, zusammen mit ihr auf dem Sofa einen Drink vor dem Essen einzunehmen. Nikos spürte, dass seine Laune sich verschlechterte. Es störte ihn ungemein, dass seine Mutter ihre Freundlichkeit und ihr Lächeln einem Wesen schenkte, das es nicht wert war – und er konnte noch nicht einmal etwas dagegen tun, ohne seine Mutter mit der schmutzigen Wahrheit über Aris Tante zu schockieren.
Ob es ihm nun gefiel oder nicht, er musste diese Farce ertragen und dafür sorgen, dass sie so schnell wie möglich ein Ende hatte.
Anmutig begrüßte sie nun seine Mutter mit einer Höflichkeitsfloskel auf Griechisch, ehe sie den angebotenen Platz einnahm und sich für den Drink bedankte, den das Hausmädchen ihr servierte. Verstimmt griff Nikos ebenfalls nach einem Drink. An diesem Abend brauchte er dringend die stärkende Kraft des Alkohols.
„Nun, mein liebes Kind“, sagte seine Mutter gerade zu ihrem Gast, „ich hoffe, Sie hatten einen vergnüglichen Nachmittag mit dem kleinen Ari. Oder hätte ich nicht zulassen sollen, dass er Sie gleich ganz in Beschlag nimmt? Aber er hat sich so darauf gefreut, dass Sie kommen.“
Ann schenkte ihr ein warmes Lächeln. „Es war wundervoll. Er ist so ein liebenswerter kleiner Junge, Kyria Theakis“, sagte sie spontan. „Danke … danke für alles, was Sie für ihn getan haben.“
„Meine Liebe.“ Sophia Theakis streckte ihre schmale Hand aus und berührte Anns Hand. „Er ist unser Schatz, nicht wahr? Wir lieben ihn um seiner selbst willen – und weil er uns an die Menschen erinnert, die wir geliebt haben und die nicht mehr unter uns sind.“
Tränen schimmerten in Anns Augen, und sie spürte, dass ihre Hand tröstend gedrückt wurde. Sie blinzelte und sah zur Seite – direkt in ein Paar harter dunkler Augen. Es war Nikos’ sengender Blick, der die rührende Szene herablassend betrachtete.
Sofort verhärteten sich ihre Züge. Sie würde nicht zulassen, dass dieser abscheuliche Mann über sie urteilte – und sie verdammte. Entschieden wandte sie sich wieder Mrs. Theakis zu.
„Wenn Sie erlauben“, fuhr Aris Großmutter nun fort, „möchte ich Ihnen meine liebe Cousine Eupheme vorstellen, die so nett ist, mir Gesellschaft zu leisten und die für unseren wundervollen Garten verantwortlich ist.“
Eine Frau von Ende vierzig, die eben
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