Julia Extra Band 0302
Hochzeit zu reden und musste dem Mann keine Aufmerksamkeit schenken, dem Elena sich beim Abendessen umso eindringlicher widmete.
Sie stand ihm zur Verfügung.
Jede Frau stand ihm zur Verfügung.
Abrupt wechselte Elena in die englische Sprache, als sie sich Ann zuwandte.
„Übernehmen Sie nun die Aufgabe des Kindermädchens für unseren geliebten kleinen Ari?“, erkundigte sie sich in süßlichem Ton.
„Ich bin seine Tante und nur zu Besuch hier“, erwiderte Ann. „Um als Kindermädchen zu arbeiten, fehlt mir die Ausbildung.“
Der Blick der Griechin wurde einen Moment eisig. „Nun, selbst mit dem großzügigen Gehalt, das die Theakis ihren Angestellten bieten, wird es schwierig sein, sich Designerkleider zu leisten.“ Ihre stark geschminkten Augen glitten über Anns Kleidung. „Ihr Ensemble gefällt mir. Ich hatte mal ein Ähnliches, als diese Kollektion auf den Markt kam. Wann war das noch? Ich glaube, vor fünf Jahren. So etwas kommt ja kaum aus der Mode.“
„So ist es“, erwiderte Ann, ohne auf die Beleidigung einzugehen. „Manche Trends halten sich eben länger als andere.“
Länger als diejenigen, die die Sachen gekauft haben …
Der Gedanke schnürte ihr die Kehle zu, und Tränen stiegen in ihr auf. Sie blinzelte sie fort, um Gelassenheit bemüht, und bemerkte, dass Nikos’ Blick auf ihr ruhte. Oder besser gesagt auf ihrer Kleidung, die er kritisch betrachtete.
Ann presste die Lippen zusammen. O ja, mach nur, dachte sie böse. Jetzt hast du wieder einen Grund, mich zu verachten. Aber warum sollte sie überhaupt etwas darum geben, was er von ihr hielt?
Sie wusste doch, dass sie die Kraft hatte, sich ihm zu verweigern. Selbst als er so nah neben ihr auf dem Bett gesessen und ihren Körper entflammt hatte, war sie stark geblieben. Hätte sie diese Stärke nicht gehabt und Nikos erlaubt, ihre schwache, klägliche Abwehr zu durchbrechen, wie er es am Strand getan hatte, hätte sie nie erfahren, wie schlecht er tatsächlich von ihr dachte.
Aber er hatte es ihr klargemacht, nüchtern und schonungslos. Und daran musste sie sich immer wieder erinnern.
Irgendwie überstand sie das Abendessen. Doch als sie später in ihrem wunderschönen Gästezimmer im Bett lag, fühlte sie sich entsetzlich allein.
Nikos ist sicherlich nicht allein, wurde ihr mit einem Gefühl der Zerrissenheit bewusst. Elena würde ihm in dieser Nacht Gesellschaft leisten. Und es wäre auch Elena, die die sinnliche Glückseligkeit seiner Berührung erfahren würde.
Erneut verspürte sie einen scharfen Schmerz. Unruhig drehte sie sich auf die Seite, zog die Bettdecke fest um sich und hoffte, im Schlaf endlich Vergessen zu finden.
Doch als der Schlaf sie mit sich zog, brachte er keinen Frieden, sondern nur quälende Träume. Irgendwann drang verschwommen im Halbschlaf ein Geräusch an ihr Ohr – das Dröhnen eines Hubschraubers.
Am Morgen erfuhr sie, dass der Helikopter der Familie tatsächlich schon im Einsatz gewesen war. Der Pilot hatte Elena Constantis kurz nach Mitternacht zurück nach Maxos geflogen und war eben mit Nikos wieder gestartet.
„Er hat einige Zeit in der Zentrale zu tun“, erklärte Mrs. Theakis Ann beim Frühstück. „Zu Tinas Hochzeit ist er natürlich wieder zurück.“
Zu ihrer Freude konnte Ann sich die nächsten paar Tage ausschließlich dem kleinen Ari widmen. Doch während sie sich tagsüber immer wieder einredete, wie froh sie sein konnte, dass Nikos nicht da war, wurde sie nachts von ihrem Unbewussten verraten, da in ihren Träumen der Schmerz und die Erniedrigung zurückkehrten. Unruhig und gequält wachte sie dann auf und wusste doch, dass sie nicht so empfinden sollte …
Als Ann an dem Tag, bevor Tinas Familie erwartet wurde, zum Abendessen hinunterging, bemerkte sie überrascht, dass Nikos nach Sospiris zurückgekehrt war.
Sie hatte geglaubt, noch einen Tag Zeit zu haben, um sich wappnen zu können. Nun musste sie feststellen, dass dem nicht so war. Und gewiss war das der Grund, warum ihr Herz sich zusammenzog, und nicht, weil ihr Blick sofort zu ihm flog und sie ein seltsames Gefühl im Magen verspürte, als sie seine eindrucksvolle Gestalt in sich aufnahm, sein ebenmäßiges Gesicht, den wohlgeformten Mund, die von langen Wimpern verschatteten Augen.
Sie spürte, wie er sie ansah. In seinem Blick lag etwas, das ihr den Atem nahm.
Nein! Ihre eigene Schwäche entsetzte sie. Gott, sie hatte doch ein paar Tage Zeit gehabt, um sich zu sammeln und sich wieder zu fassen.
Sich selbst zu
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