Julia Extra Band 0302
sie Nikos fluchen und zuckte zusammen. Ehe sie es verhindern konnte, hatte er ihr das Kleid aus der Hand gerissen.
„Wo hast du das her?“, fauchte er.
Misstrauisch sah sie ihn an, da sie seinen Ärger nicht verstand. Doch ehe sie zu einer Antwort ansetzen konnte, bot er selbst eine an.
„Mach dir nicht die Mühe, mir eine Lüge aufzutischen. Ich habe es sofort erkannt.“ Seine Stimme klang hart. „Deine Schwester hat es an dem Abend getragen, als sie ihre gierigen Finger nach meinem Bruder ausgestreckt hat.“
Ann konnte ihn nur schockiert ansehen, während Nikos das Kleid verächtlich auf den Boden warf. Als Ann versuchte, es aufzuheben, griff er nach ihren Ellbogen und hielt sie fest.
Wut verzerrte seine Züge. „War es tatsächlich deine Absicht, dich in diesem Kleid vor mir und meiner Mutter zur Schau zu stellen?“
Ein Muskel zuckte in Anns Gesicht. „Ich weiß überhaupt nicht, wovon …“
Er ließ sie nicht aussprechen. „Ach nein? Und warum hast du es dann mitgebracht?“
„Weil es wunderschön ist“, entgegnete sie aufgebracht. „Ich wusste ja nicht, dass … dass du es kennst …“
Ihr drehte sich der Kopf. Woher kannte er dieses Kleid überhaupt? Wie, zum Teufel, konnte er wissen, welches Kleid ihre Schwester getragen hatte, als sie seinen Bruder kennenlernte?
„Dieses Kleid würde ich überall wiederkennen.“ Seine Stimme klang scharf wie eine Rasierklinge. „Es hat sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt. Besonders da deine Schwester es vor meinen Augen ausgezogen hat …“
Ann fühlte sich wie erstarrt.
Nikos’ finsterer Blick ruhte auf ihr, als er nun weitersprach.
„Andreas und ich waren zu Gast auf einer Jacht, die von Monte Carlo ablegte. Sie gehörte einem unserer Geschäftspartner. Er lud immer auch ein paar Mädchen ein, falls einer seiner männlichen Gäste ohne seine Partnerin gekommen war. Ich muss dir wohl nicht sagen, was für Mädchen das waren.“ Seine Stimme klang beißend. „Mädchen, die sich gern auf Kosten anderer vergnügen. Dafür zahlen sie dann auf ihre Weise …“
Er holte tief Luft. „Deine Schwester hatte es von Anfang an auf mich abgesehen. Mädchen wie sie sind nur auf dem Papier Amateure. Tatsächlich hatte sie sich schon genau erkundigt, wer ich war, wie viel ich wert bin und dass ich ohne Partnerin da sein würde. Es war ein Fehler von ihr zu glauben …“, fuhr er verächtlich fort, „dass ich an Mädchen wie ihr interessiert sei. Meine Gleichgültigkeit hat sie allerdings nicht von ihrem Vorhaben abbringen können, ganz im Gegenteil. Sie sah es als persönliche Herausforderung an.“ Angewidert verzog er die Lippen. „Als ich an unserem letzten Abend auf dem Rückweg nach Monaco in meine Kabine ging, wartete sie dort auf mich. In diesem Kleid.“
Nikos’ Blick glitt zu dem feinen Stoff am Boden, dann wieder zurück zu Ann. Sein Ton war nun eiskalt.
„Sie kam langsam auf mich zu, während sie ihr Kleid auszog, in der Absicht, mich zu verführen und dafür die Belohnung zu kassieren, die sie sich vorstellte. Als ich ihr befahl, sich anzuziehen und zu verschwinden, fauchte sie mich an, dass es mir noch leidtun werde. Ich warf sie hinaus und glaubte, die Sache wäre damit erledigt.“ Seine Miene war nun wie versteinert. „Am nächsten Tag musste ich allerdings feststellen, dass sie mit Andreas auf und davon war.“
Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Deine verdammte Schwester hat sich aus reiner Boshaftigkeit meines Bruders bedient. Weil ich mich geweigert habe, sie zu meiner Geliebten zu machen und sie mit Diamanten zu behängen, für die sie ihren Körper verkaufen wollte.“
Ann wurde übel, während die hässlichen Worte zwischen ihnen im Raum hingen. Obwohl ihre Kehle wie zugeschnürt war, zwang sie sich zu sprechen.
„Andreas hat ihr etwas bedeutet, ich weiß es. Ich habe die beiden zusammen gesehen.“
„Sein Geld hat ihr etwas bedeutet, mehr nicht.“
Die grausame Beschuldigung ihrer Schwester schmerzte sie noch genauso wie vor vier Jahren, als Nikos gekommen war, um ihr Ari zu nehmen. Langsam bückte sie sich und hob das Kleid auf. Jetzt war sie nicht mehr in der Lage, es zu tragen. Schließlich ging ihr Blick zurück zu Nikos, dessen Miene immer noch wie versteinert war.
Hat Carla das wirklich getan? Hat sie sich nur aus Bosheit seinem Bruder zugewandt, weil Nikos sie zurückwies?
Ihr graute vor dieser Welt, in der Carla gelebt hatte und in der sie für die reichen Männer nur ein Spielzeug
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