Julia Extra Band 0302
umfasste grob ihre Schultern.
„Wie konntest du es wagen, meine Mutter anzugehen? Welches widerliche Märchen hast du ihr aufgetischt?“ Abgrundtiefe Wut flammte in ihm auf. „Und ich habe noch überlegt, warum du mich in Paris im Stich gelassen hat, genauso wie Ari, den du angeblich so liebst. Aber jetzt weiß ich Bescheid.“
Scharf zog er die Luft ein. „Hast du wirklich geglaubt, dass ich es nicht herausfinde?“ Böse lachte er auf. „Nur zu deiner Information. Ich kümmere mich um die Finanzen meiner Mutter.“ Er schüttelte sie. „Also, welche Lügen hast du ihr aufgetischt, damit sie dir so viel Geld überlässt?“
Anns Augen sprühten Feuer. „Es war ein Geschenk. Ich habe sie mit keinem Wort darum gebeten. Außerdem wusste ich nichts von dem Geld, bis ich hierher zurückkam und den Scheck in meiner Post fand.“
„Den du sofort eingelöst hast.“
„Natürlich. So wie die anderen beiden Schecks, die du mir gegeben hast.“
„Damit du auf Kosten anderer ein Luxusleben führen kannst.“ Er wandte den Kopf ab und bemerkte den Ausweis und die Reisedokumente auf dem Tisch. „Jetzt bist du ja bestens versorgt, um wieder verreisen zu können.“ Er nahm die Hände von ihren Schultern. „Wo geht es denn diesmal hin? In die Karibik? Auf die Malediven? Welches exklusive Ziel hast du dir ausgesucht?“
Mit unbewegter Miene sah sie ihn an. „Südafrika“, entgegnete sie.
„Südafrika?“, wiederholte er spöttisch. „Ist das nicht die falsche Jahreszeit? Heb dir das lieber für den Winter hier auf. Am Kap ist es im Dezember sehr mild.“
„Ich will nicht zum Kap, sondern ins Landesinnere.“
„Aha, auf Safari also.“ Sein Ton war vernichtend.
„Nein. Ich gehe zurück, um zu arbeiten.“
Sein Blick wurde noch härter. „ Arbeiten? Du weißt doch gar nicht, was das heißt. Und was für eine Arbeit soll das bitteschön sein?“
„Ich unterrichte. Ich bilde Lehrer aus, und ich kümmere mich um die Kinder.“
Hohn verzerrte seine Züge. „Und das soll ich dir wirklich glauben? Mit all dem Geld, das du meiner Mutter abgeschwatzt hast, kannst du dir doch die nächsten Jahre ein schönes Leben machen.“
Ann hatte endgültig genug von seinen Vorwürfen. „Dieses Geld ist nicht für mich“, schoss sie zurück. „Genauso wenig wie das Geld, das du mir für Sospiris und vor vier Jahren für Ari gegeben hast. Ich habe es für einen wohltätigen Zweck verwendet.“
Er war still geworden. Doch als sie ihn dann mit klopfendem Herzen ansah, lachte er spöttisch auf.
„Gott, welche Lügen du mir auftischst.“ Sein Blick schien sie zu durchbohren. „Niemand, der in einer so heruntergekommenen Bleibe lebt, verschenkt eine Million Pfund für wohltätige Zwecke.“
Wortlos zog sie eine Mappe unter ihren Reisedokumenten hervor und hielt sie ihm hin.
„Lies das – lies es! Und wage es nicht noch einmal, mir zu sagen, was ich mit meinem Geld tun oder lassen soll.“
Immer noch stand Wut in seinem Blick, als er die Mappe nahm. Doch nachdem er sie aufgeschlagen und hineingeschaut hatte, sah Ann, wie sein Zorn verrauchte. Stattdessen starrte er verblüfft auf die farbige Broschüre, die obenauf lag. Er wirkte fassungslos, ja schockiert.
Endlich hob er den Blick und sah sie an. „Du hast ein Waisenhaus mit dem Geld gebaut?“
„Ja.“
Vorsichtig fuhr er mit den Fingern über die Broschüre. Lachende dunkelhäutige Kinder standen vor zwei große Gebäuden, in deren Mitte sich ein kleineres Haus befand, genauso wie ein Stück weiter hinten. Der ganze Komplex war umgeben von hohen Bäumen und einem Holzzaun, dessen Weiß in der heißen afrikanischen Sonne hell strahlte. Über den Eingängen der beiden größeren Gebäude hing jeweils ein Schriftzug in leuchtenden Farben. Langsam zeichnete er mit dem Finger die Buchstaben nach.
„Andreas’ Haus. Carlas Haus“, las er tonlos vor.
„Ein Haus ist für die Jungen und eines für die Mädchen. Das kleinere dazwischen ist ein Schulhaus. Das im Hintergrund eine Klinik, denn viele der Kinder sind AIDS-Waisen und tragen das Virus in sich. Sie brauchen Medikamente und ärztliche Behandlung, die wir ihnen dort bieten können. Das Geld, das du mir gegeben hast, reicht auch dafür aus.“ Sie schluckte. „Dorthin bin ich gegangen, nachdem ich dir Ari überlassen habe. Die Wohltätigkeitsorganisation, für die ich arbeite, hat überall in Südafrika Waisenhäuser errichtet. Es gibt dort so viele Kinder, die Hilfe brauchen. Und mit der großzügigen
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