Julia Extra Band 0302
eine Lüge war. Er wollte Ann, wollte sie jetzt, hier – in seinem Heim, in seinem Leben.
Seine Mutter hatte die Nachricht, dass Ann nach London zurückgekehrt war, schweigend und gelassen aufgenommen, was seine schlechte Laune nur noch mehr verstärkte.
„Ich habe Ann gebeten mitzukommen und hier zu leben“, erklärte er ihr nach ein paar Tagen unvermittelt, bevor er nach Athen aufbrach. „Sie hat Nein gesagt.“
„Nun, sie hat ihr eigenes Leben“, entgegnete Sophia Theakis ruhig.
„Aber das hätte sie doch auch hier haben können“, erwiderte er barsch. „Und ich hätte …“ Er stockte.
„Vielleicht war dein Angebot ja nicht einladend genug für sie“, meinte seine Mutter geheimnisvoll. Und einen solchen Schritt macht man nicht so einfach“, fügte sie ernst hinzu. „Das musst du verstehen. Wir sprechen hier nicht von einem kurzen Urlaub, sondern es geht um Jahre. Je länger sie hier ist, desto mehr wird Ari sie vermissen, wenn sie doch wieder gehen muss.“
„Aber das muss sie doch nicht. Sie kann hier leben“, meinte Nikos störrisch.
Eindringlich sah seine Mutter ihn an. „Und als was? Als mein ständiger Gast?“
„Nein, als meine …“ Er hielt inne.
Lange sahen Mutter und Sohn sich schweigend an, ehe er hervorstieß: „Ich weiß, was ich von ihr will.“
Fragend hob sie die Brauen. „Ach ja?“
„Ja. Und es ist nicht das, was du vermutest.“
Ein Lächeln umspielte Sophia Theakis’ Mund. „Vielleicht bin ich ja nicht die Einzige, die Vermutungen anstellt.“
„Ich weiß nicht, was du sagen willst“, erwiderte er knapp.
Auf dem Weg nach Athen kreisten seine Gedanken immer wieder um das, was seine Mutter angedeutet hatte. Wollte sie damit zum Ausdruck bringen, dass er derjenige war, der Vermutungen anstellte? Natürlich hatte er vermutet, dass Ann sich auch wünschte, mit ihm zusammen zu sein. Er hatte ja wohl Grund genug anzunehmen, dass sie seine Gefühle teilte. Schließlich hatte er eingestanden, warum er sich ihr gegenüber so hart verhalten hatte. Ob sie vielleicht seiner schon überdrüssig war?
Erst am Nachmittag, als er in seinem Apartment am Schreibtisch saß, fand er die Antwort auf seine quälende Frage, warum Ann nicht mit ihm hatte gehen wollen. Und diese Antwort versetzte ihn in rasende Wut.
14. KAPITEL
Versonnen starrte Ann aus dem Fenster hinaus in den Regen. Sie sollte fertig packen, um London bald verlassen zu können. Doch sie spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog. Was würde sie darum geben, nach Sospiris zurückkehren zu können? Nein, sie durfte nicht daran denken – weder an Ari und vor allem nicht an Nikos.
Aber es war hoffnungslos. Sie konnte ihn nicht aus ihren Gedanken verbannen, genauso wenig wie sie die Kraft gehabt hatte, ihm zu widerstehen, wenn er sie in seinem Bett hatte haben wollen. Sie hatte lediglich die Kraft aufgebracht, ihn zu verlassen, doch es war umsonst gewesen.
Als es an der Tür hämmerte, fuhr sie zusammen. Sie stand auf, ging durch den engen Flur und öffnete die Tür.
Nikos stand vor ihr.
Genau wie vor vier Jahren trat er ungefragt ein. Ann konnte ihn nur schockiert ansehen, während ihr Herz wild hämmerte. Sie eilte hinter ihm her ins Wohnzimmer. Warum war er gekommen? Was hatte das zu bedeuten?
Hoffnung, unvernünftig und gefährlich, durchfuhr sie.
Und brach in sich zusammen, als er sich mit funkelnden Augen zu ihr umdrehte. Doch es war kein Verlangen darin, das sie sich für einen kurzen Moment verzweifelt erhofft hatte. Stattdessen stand ein Ausdruck in seinen Augen, der ihr einst viel zu vertraut gewesen war.
Abscheu. Wut. Und Verachtung.
Zornig verzog sich sein Mund. „Du bist widerlich!“
Entsetzt schnappte sie nach Luft. „Wie bitte?“, fragte sie schockiert.
„Du wagst es noch, die Unschuldige zu spielen? Hast du etwa geglaubt, ich finde es nicht heraus?“
„Was denn?“ Immer noch war sie gelähmt vor Entsetzen. Und einem anderen Gefühl, das sie innerlich erzittern ließ. Hilflos spürte sie, wie ihr Blick magisch von seiner großen Gestalt angezogen wurde, seinem ebenmäßigen Gesicht, das nun verzerrt war vor Zorn.
„Tu nicht so unschuldig. Theos mou , wenn ich daran denke, dass ich auf dich hereingefallen bin und Entschuldigungen für dein Handeln gefunden habe. Ich habe dir vergeben! Und du hast die ganze Zeit …“
Harte hässliche Worte auf Griechisch kamen aus seinem Mund, die sie vernichteten, auch wenn sie sie nicht verstand. Mit zwei langen Schritten war er bei ihr und
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