Julia Extra Band 0302
strategischer Schachzug von ihr, ständig vorzugeben, sie wäre nicht an seinem Geld interessiert? Es wäre einer der ältesten Tricks überhaupt, zuerst den Mann mit einem begehrenswerten Körper zu bezirzen, um ihn anschließend finanziell auszunehmen. Und er war offenbar dumm genug, darauf hereinzufallen.
„ Si, cara . Ich würde gern eine neue Garderobe für dich aussuchen“, sagte er dennoch.
Aber sie hörte eine leise unausgesprochene Warnung in seiner Stimme. Dabei hatte er doch gewollt, dass sie sich von ihm wie eine Puppe anziehen ließ, damit sie in die feinsten Lokale Londons passte. Seit Tagen ritt er schon darauf herum. „Ist nächste Woche nicht dieses große Abendessen, zu dem ich dich begleiten soll?“, hakte sie nach.
Er stützte sich auf seine Ellenbogen. „Allerdings. Dann mach dich schnell fertig, und wir kaufen dir etwas Passendes zum Anziehen.“
Sein Ton klang zu hart, um freundlich zu wirken. Verwundert sah Jessica in sein ernstes Gesicht und hatte das Gefühl, gerade einem Geschäft zugestimmt zu haben, dessen Vereinbarungen sie nicht kannte.
Nervös schlüpfte sie in ihre Kleider und versuchte dabei, so erotisch wie möglich zu wirken. Wie sollte sie es nur mit all den erfahrenen Frauen in seiner Vergangenheit aufnehmen? Die hatten doch ganz andere Möglichkeiten, ihren Körper in Szene zu setzen, und vermutlich ein Vermögen für Kosmetik und Mode ausgegeben.
Zwischen Jessica und Salvatore wuchs die Kluft immer mehr, obwohl keiner von beiden ein Wort darüber verlor. Er steigerte sich immer tiefer in die Vorstellung hinein, dass all ihre Handlungen reiner Berechnung entsprangen. Und plötzlich gefiel er sich nicht mehr in der Rolle des dominanten Gönners. Zwar hatte er ursprünglich auf dieser Shoppingtour bestanden, war aber irgendwie davon ausgegangen, dass sie weiterhin alle derartigen Vorschläge ablehnte.
Doch nun hatte sie sein Angebot angenommen, und er fühlte sich enttäuscht und ausgenutzt. Gleichzeitig wusste er, dass er nie eine bescheidenere Frau als sie kennengelernt hatte. Was war nur mit ihm los?
Der Chauffeur setzte sie bei einem gigantischen Nobelkaufhaus ab, wo eine Mitarbeiterin sie in Empfang nahm und in ein Separee führte. Telefonisch hatte Salvatore ihren Großeinkauf angekündigt, und nun stand Jessica zutiefst beeindruckt in einem verspiegelten Umkleideraum, während die Verkäuferin ihr haufenweise Kleidungsstücke brachte.
„Ihr Lebensgefährte ist sehr konkret in Bezug auf seine Wünsche“, bemerkte die Angestellte nach einer Weile, als sie Jessica einen Reißverschluss auf dem Rücken öffnete.
„Das kann man wohl sagen“, gab Jessica mit unterdrückter Stimme zurück. Sie war vollkommen überfordert mit der Auswahl, die ihr präsentiert wurde.
Erst Stunden später lud der Chauffeur unzählige Tüten und Schachteln in die Limousine, und Jessica kauerte erschöpft und unsicher neben Salvatore auf dem Rücksitz. Unter ihren Einkäufen befand sich die sündhafteste Unterwäsche, die sie jemals zu Gesicht bekommen hatte.
Ihre eigenen Kleider lagen zusammengerollt in einer Einzeltüte inmitten der neuen Sachen. Jessica wusste nicht genau, ob sie sich wie ein Schmetterling fühlen sollte, der aus einem Kokon schlüpfte. Es war beängstigend zu erleben, wie die eigene Persönlichkeit im Handumdrehen einen neuen Anstrich verliehen bekam.
„Mein Fahrer wird dich nach Hause bringen“, verkündete Salvatore gähnend. „Wir sehen uns dann am Mittwoch.“
Gegen ihren Willen konnte sie nicht mehr an sich halten. Gerade erst hatte er ein Vermögen für sie ausgegeben, und nun wollte er ihr für vier Tage aus dem Weg gehen? „Nicht heute Abend?“
Es folgte ein kurzes Schweigen. Jessica war gleichermaßen überrascht und enttäuscht, aber Salvatore hatte eine Entscheidung getroffen. Er brauchte Abstand und wollte sie außerdem auf ihren Platz verweisen. „Nein, heute nicht, cara . Ich muss nach Santa Barbara. Hatte ich das nicht erwähnt?“
Hast du nicht, aber warum auch, dachte sie. Einer Mätresse gegenüber muss man wohl nicht die gebotene Höflichkeit – die sonst zwischen Mann und Frau üblich ist – an den Tag legen.
Energisch appellierte sie an ihren eigenen Stolz und straffte die Schultern. „Ich glaube nicht“, antwortete sie so beiläufig wie möglich.
Als die Limousine vor ihrem Haus hielt, strahlte Jessica Salvatore an. „Danke für all die schönen, neuen Sachen“, sagte sie, obwohl sie die ganzen Taschen und Kartons am
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