Julia Extra Band 0303
ich gefangen habe. Wo ist meine Mommy?“ Rowe klopfte auf das Polster neben sich. Nur zögernd folgte Jeffrey der stummen Einladung und setzte sich auf die Sofakante. „Ist sie okay?“
„Mach dir keine Sorgen, Sohn.“
Sohn ! Ein Wort, das er nicht zum ersten Mal gedankenlos gebrauchte und das plötzlich einen ganz seltsamen Widerhall in seinem Herzen auslöste.
„Was ist mit meiner Mommy?“
Als Rowe die zitternde Unterlippe und die geballten Fäuste des Kindes bemerkte, verwünschte er sich innerlich für seine Ungeschicklichkeit. Offenbar hatte er noch einiges im Umgang mit kleinen Kindern zu lernen.
„Sie hatte einen leichten Unfall, aber inzwischen geht es ihr schon wieder gut.“
„Wo ist sie denn?“
„Der Doktor, der sie untersucht hat, möchte, dass sie sich noch ein bisschen schont, aber sobald du dich gewaschen und umgezogen hast, werden wir sie besuchen, einverstanden?“
Der Kleine nickte stumm und versuchte tapfer, seine aufsteigenden Tränen herunterzuschlucken.
„Du brauchst dich vor mir nicht zusammenzureißen“, sagte Rowe spontan. „Auch Männer dürfen weinen, wenn sie traurig sind oder sich Sorgen machen. Das bleibt ein Geheimnis zwischen uns, okay?“
Jeffrey zuckte mit keiner Wimper. Sein schmaler Körper war angespannt wie ein Flitzebogen. Doch dann warf er sich ganz plötzlich gegen Rowes Brust und schluchzte hemmungslos. Es dauerte eine ganze Weile, bis er sich wieder beruhigte und einmal kräftig in das riesige Taschentuch schnäuzte, das ihm sein großer Freund hinhielt.
„W…ie hat sie sich verletzt?“, wollte er schließlich, unterbrochen von kleinen Schluchzern, wissen.
„Wir waren schwimmen, und da ist sie ausgerutscht und hat sich den Kopf an einem Felsen gestoßen. Wenn wir sie besuchen, kannst du ihren schicken Verband sehen. Es ist gar nicht so schlimm. Sie muss sich nur noch etwas ausruhen.“
„Warum kann sie sich nicht hier ausruhen?“
Rowe holte tief Luft. „Sag mal, wie würde es dir gefallen, für eine Weile in einem der Schlossapartments zu wohnen?“
„Was ist das?“
„Dieses große Gebäude in der Nähe deiner Schule, in dem ich eine Suite habe und das ein bisschen aussieht wie das Château Merrisand.“
„Mit einer Flagge auf dem Dach?“
„Genau das.“
„Wird Mommy auch dort wohnen?“
„Noch nicht, aber sobald der Doktor sie für gesund erklärt“, behauptete Rowe im Brustton der Überzeugung und hoffte nur, dass er damit auch recht behielt.
„Und wer kümmert sich solange um mich?“
Das wusste Rowe ganz genau. „Ich“, versprach er aus vollem Herzen. „Außerdem gibt es dort noch eine Menge Diener, deren Aufgabe es ist, für uns zu sorgen.“
„Hmm …“ Jeffrey schien angestrengt nachzudenken. „Wenn ich zum Beispiel Eiscreme mit Sahne haben möchte, müssen die mir das dann bringen?“
Rowe unterdrückte ein Schmunzeln. „So viel du verdrücken kannst.“
„Und keine Karotten?“
„Vielleicht ein paar, sonst wirst du nie so stark werden, dass du deine gefangenen Fische selber tragen kannst.“
Das schien dem Jungen einzuleuchten, und so machten sich Vater und Sohn kurze Zeit später einträchtig auf den Weg zur Krankenstation, aber erst, nachdem sie Jeffreys Fisch von den Nachbarn abgeholt und Rowe die beiden beruhigt hatte, die ganz verstört auf die Nachricht von Kirstens Unfall reagierten.
Als sie schließlich das Krankenzimmer betraten, saß Kirsten aufrecht im Bett und lächelte ihnen entgegen.
„Mommy!“
Beim Anblick von Mutter und Sohn, die sich liebevoll umarmtem, flackerte ein Funke von Eifersucht in Rowe auf, den er aber gleich wieder erstickte.
„Wie geht es dir?“, fragten beide Besucher wie aus einem Mund, was die Patientin zum Lachen brachte.
„Dr. Pascale sagt, in wenigen Tagen bin ich wieder ganz die Alte. Trotzdem kann ich mich immer noch nicht an den Unfall erinnern.“
Vorsichtig betastete Jeffrey mit seinen kleinen Fingern den dicken Verband. „Tut das weh?“
„Nur ein bisschen. Dich zu sehen, ist die beste Medizin für mich.“
Bereitwillig kuschelte sich der Junge an seine Mutter. „Das ist gut. Ich mag es nämlich nicht, wenn du krank bist.“
„Ich doch genauso wenig, mein Schatz.“ Zögernd hob Kirsten den Blick. „Dr. Pascale hat mir erzählt, dass du uns umgesiedelt hast.“
Rowe nickte. „Schien mir für den Moment das Praktischste zu sein. Du kannst dich ausruhen, und Jeffrey ist bei dem geschulten Personal, das schon so manchen Prinzen großgezogen
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