Julia Extra Band 0303
Fernsehen in einer Doku über Australien gesehen.“
„Die gibt es, aber sie sind verdammt teuer“, antwortete er leise.
„Und Geld ist ja genau das, woran es hapert, verstehe ich das richtig?“
Noah nickte. „Das Beste wäre noch, sie zu treiben.“
„Du meinst, wie in den alten Wildwestfilmen?“
„Richtig. Das war früher auch in Australien so, dass die Stockmen – wie man die Cowboys hier nennt –, die Herden auf bestimmten Routen zu Verladestationen oder Viehmärkten getrieben haben. Das waren zähe Burschen“, meinte er bewundernd. „Haben monatelang in keinem Bett geschlafen und nicht viel anderes gesehen, als die Hinterteile der Rinder. Ausgezeichnete Reiter waren sie natürlich auch.“
„Das klingt wirklich nach einer Herausforderung.“ Kate klang beeindruckt. „Wie viele Männer würde man für eine Herde von tausend Stück Vieh brauchen?“
„Zwei Reiter könnten es schaffen, wenn noch ein dritter Mann mit einem Pferdetransporter und Ersatzpferden dabei wäre.“
Sie runzelte die Stirn. „Es würde vermutlich lange dauern?“
„Und ob. Wochen! Deshalb kann ich es nicht machen.“ Seufzend blickte Noah zu Olivia, die im Flussbett kauerte und glatt geschliffenen Kiesel suchte.
„Weil du dich jetzt um Olivia kümmern musst.“
„Richtig. Ich kann nicht einfach für mehrere Wochen verschwinden.“
Kate schien ernüchtert zu sein, aber noch nicht bereit, das Handtuch zu werfen.
Schließlich sagte sie zögernd: „Olivia braucht jetzt dich, Noah, nicht irgendjemand, also hätte es nicht viel Sinn, wenn ich mich anbiete, sie zu betreuen, oder? Sie würde dich zu sehr vermissen.“
„Richtig. Und ich könnte dir die Betreuung gar nicht aufbürden, Kate“, wehrte Noah ab. „Ich denke mal, dass du ja auch nicht länger als nötig hier bleiben wirst.“
„Das kann ich mir gut vorstellen, dass du dir das denkst“, erwiderte sie kurz angebunden.
Sie klang irgendwie eingeschnappt. Was hatte er denn Falsches gesagt?
„Tut mir leid“, entschuldigte er sich schnell. „Ich war bisher kein guter Gastgeber. Vor lauter eigenen Problemen habe ich ganz vergessen, dich zu fragen, wie du jetzt lebst. Ich weiß nicht, wo du arbeitest, wie dein Leben in England aussieht und wie lange du hierzubleiben geplant hast.“
Kate winkte ab. „Zerbrich dir bloß nicht den Kopf über deine Qualitäten als Gastgeber. Du hast genug andere Sorgen. Und was deine Fragen betrifft: ich hatte nicht geplant, allzu lang zu bleiben, und von Beruf bin ich Fotografin.“
„Fotografin?“, wiederholte er erstaunt.
„Ja. Freischaffend. Möchtest du die Fotos sehen, die ich heute gemacht habe?“
„Ja, gern.“
„Digitalkameras sind wirklich praktisch“, meinte sie und zeigte ihm, welchen Knopf er drücken musste, damit die Bilder auf dem kleinen Monitor erschienen.
Wie schmal und gepflegt ihre Hände sind, dachte Noah unwillkürlich, dann richtete er die Aufmerksamkeit auf die Fotos, die wirklich brillant waren. Wie eindrucksvoll das ausgedörrte Land aussehen konnte, hätte er nie für möglich gehalten.
Alle Aufnahmen bewiesen, dass Kate eine echte Künstlerin war.
„Die sind wirklich gut. Sogar fantastisch“, lobte Noah, nachdem er das letzte Bild betrachtet hatte: Olivia, wie sie im Flussbett nach Steinen suchte.
„Freut mich, dass sie dir gefallen.“
„Und du bist freiberuflich tätig?“, erkundigte Noah sich beeindruckt und reichte ihr die Kamera zurück.
„Ja. Ich war bei einem Magazin angestellt, aber da hat man zu wenig gestalterische Freiheit, also habe ich mich selbstständig gemacht. Mein Freund Derek prophezeit mir, dass ich innerhalb eines Jahres pleite bin.“
Sie hatte also einen festen Freund? Kein Wunder, so hübsch wie sie war! Wahrscheinlich hatte sie eine ganze Schar Verehrer.
Schade.
Irgendwie.
Bevor er nachhaken konnte, kam Olivia angelaufen.
„Sieh mal, Daddy, ich habe ein steinernes Ei gefunden.“
Sie legte ihm einen sonnenwarmen, perfekt ovalen, schneeweißen Stein auf die Handfläche.
„Halt, nicht bewegen“, rief Kate und knipste die Szene.
„Darf ich es behalten?“, bettelte Olivia.
Noah lacht. „Klar. Steine gibt es hier ja wirklich genug.“
„Ja, es ist eine steinreiche Gegend“, witzelte Kate und errötete plötzlich.
„So, jetzt waren wir lang genug in der Sonne“, sagte Noah rasch. „Nicht, dass Kate noch einen Sonnenbrand bekommt. Sie ist ja diese Hitze nicht gewöhnt.“
Kate wünschte, es wäre nur die Hitze, die ihr zu schaffen
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