Julia Extra Band 0303
beseitigen?“
„Ich erwarte gar nichts von Ihnen, sondern bin absolut in der Lage …“
„Das sehe ich!“, unterbrach sie ihn schroff und keuchte entsetzt auf, als sie sah, wie dicke Blutstropfen von seiner Hand auf den Boden fielen. „Um Himmels willen! Was haben Sie denn da angerichtet?“
Auf der dunklen Wange des Italieners zuckte ein Muskel. „Nichts!“
„Sie ungeschickter Idiot!“, fauchte Sam unbeherrscht. „Einfach die Gläser auf den Boden zu feuern! Man könnte denken, Sie seien blind!“
„Das bin ich auch.“
„Sehr witzig …“, grummelte Sam, die sich gerade seine Wunde ansehen wollte. Dass von ihm kein weiterer Einwand kam, ließ sie misstrauisch aufschauen. Sein Blick schien fest auf die gegenüberliegende Wand gerichtet zu sein. Doch der Ausdruck auf seinem Gesicht versetzte ihr so etwas wie einen elektrischen Schlag. Ihr Herz begann zu rasen, als sie langsam realisierte, dass der Mann die Wahrheit gesagt hatte.
„Sie können nichts sehen …?“, flüsterte Sam heiser und wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken. „Tut mir leid … das war mir nicht bewusst.“
„Hören Sie auf damit!“, forderte er grob und entriss ihr seine Hand. „Ich brauche weder Ihre Sympathie, noch Ihr Mitleid!“
Sam schaute mit zusammengebissenen Zähnen auf den Boden, wo sein Blut bereits eine kleine Pfütze gebildet hatte. „Schon verstanden“, murmelte sie.
„Was haben Sie verstanden?“, kam es aggressiv zurück.
„Ich nehme an, Sie sind deshalb so wütend auf mich, weil ich Ihre Verletzlichkeit gesehen habe“, erklärte Sam ruhig. „Offensichtlich hadern Sie mit Ihrem Schicksal, aber die Tatsache, dass Sie blind sind …“
„Geht Sie gar nichts an!“
Sam holte einmal tief Luft und beschloss, seinen Einwand zu ignorieren. „Meinetwegen können Sie ruhig darin fortfahren, diese Tatsache zu ignorieren, aber damit ist sie nicht aus der Welt geräumt … ebenso wie das schmutzige Geschirr. Also, warum hören Sie nicht einfach damit auf, sich etwas vorzumachen, und akzeptieren Ihr Los wie ein Mann? Das Leben ist nun mal nicht fair …“
Angesichts seiner starren Miene fühlte Sam ihren Mut sinken.
„Sie bleiben offensichtlich dabei, dass mich das alles nichts angeht?“
„So ist es!“
Doch Sam wäre nicht Sam gewesen, wenn sie nicht noch einen letzten Versuch gestartet hätte.
„Was mich absolut kaltlässt, weil ich ja nicht zu Ihren Freunden oder Ihrer Familie zähle, die Sie ganz sicher lieben und sich um Sie zu Tode sorgen. Und deshalb nicht wagen, Ihnen die Wahrheit ins Gesicht zu sagen …“
Wahrscheinlich dachte dieser dumme Kerl auch noch, aus Rücksicht auf seine Lieben zu handeln, wenn er sich hier vor der Wirklichkeit versteckte und seinen Depressionen auslieferte. Dabei lag sein größtes Problem wohl darin, dass er einfach zu stur und zu stolz war, um Hilfe von außen anzunehmen.
„Unterdessen verkriechen Sie sich hier und lecken Ihre Wunden“, stellte sie erbarmungslos fest. „Mein Gott, sind Sie selbstsüchtig!“
Sein Kopf fuhr herum, und die schwarzen, eindringlichen Augen schienen Sam förmlich durchbohren zu wollen. Sekundenlang fragte sie sich entsetzt, ob er tatsächlich blind war.
„Selbstsüchtig!“, stieß er heiser hervor.
Sam schauderte, zwang sich aber, keinen Millimeter zurückzuweichen – weder äußerlich, noch innerlich. Gleichzeitig fragte sie sich, was sie das alles überhaupt anging. Doch für einen Rückzug war es längst zu spät.
Also sammelte sie sich und reckte kampflustig ihr Kinn vor. „Es geht mich wahrscheinlich nichts an, weshalb Sie hierhergekommen sind, aber dass Sie weder vorhaben zu fischen, noch Bergtouren zu unternehmen, liegt doch wohl auf der Hand. Und wie jemand, der auf der Suche nach seinem Seelenfrieden ist, wirken Sie auf mich auch nicht.“
„Für jemanden, den das tatsächlich nichts angeht, gehen Sie ganz schön ran. Nach meiner Erfahrung haben Menschen, die sich unaufgefordert in anderer Leute Leben einmischen, meistens selber keines.“
„Es heißt auch, Angriff sei die beste Verteidigung, oder?“, konterte Sam. „Und wenn es Sie interessiert, kann ich Ihnen versichern, dass mein Leben ausgesprochen interessant und zufriedenstellend verläuft. Nicht jeder braucht einen Mann in seinem Leben, um glücklich zu …“ Sam brach ab, weil ihr bewusst wurde, dass sie schon zu viel von sich preisgegeben hatte. „Mein Leben steht hier auch nicht zur Debatte.“
„Hört sich aber dennoch
Weitere Kostenlose Bücher