Julia Extra Band 0303
gab Hollywoodgrößen, die er eiskalt abserviert hatte, weil sie nicht zum vereinbarten Termin erschienen waren, und sie war nur eine kleine Journalistin! Und mehr als je zuvor auf ihren Job und das damit verbundene ohnehin ziemlich spärliche Gehalt angewiesen.
Ein, zwei Mal hatte sie Eric Gibbs bisher von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, und beide Male wusste er mit ihrem Namen nichts anzufangen. Aber das musste nichts besagen, weil er jeden, vom Premierminister bis hinunter zum Hausmeister, mit mein Freund ansprach, was viele fälschlicherweise als positives Zeichen bewerten.
„Herein, habe ich gesagt!“, dröhnte eine Stimme an Sams Ohr. Erschrocken drückte sie die Klinke hinunter.
„Verzeihung, das hatte ich nicht gehört“, entschuldigte sie sich gleich beim Eintritt.
„Macht nichts. Setzen Sie sich, ich werde direkt auf den Punkt kommen.“
Das tat er dann auch, während Sam völlig schockiert auf der Stuhlkante hockte und ihm stumm und fassungslos zuhörte.
„Wenn ich Sie richtig verstanden habe, bin ich also gekündigt?“, fragte sie rau.
„Uns bleibt keine andere Wahl“, erklärte ihr Boss knapp. „Sie verstehen? Die wirtschaftliche Lage, die Umstände … und so weiter, und so weiter. Tut mir leid.“
„Nicht so sehr wie mir“, konnte sich Sam nicht verkneifen.
„Wir werden Ihnen selbstverständlich exzellente Referenzen ausstellen“, versprach er, reichte Sam die Hand und zog sie damit quasi von ihrem Stuhl hoch. „Alles Gute und …“
„Soll ich meinen Schreibtisch gleich räumen?“, fragte sie spröde.
Eric Gibbs hatte sie inzwischen schon bis zur Tür dirigiert und drückte noch einmal fest Sams Finger. „Keine Eile, keine Eile … außer, wenn es Ihnen natürlich lieber ist.“
Sam brachte es fertig, ihre wenigen Sachen zusammenzupacken und den Chronicle zu verlassen, ohne einem ihrer Kollegen über den Weg zu laufen.
Keine halbe Stunde nachdem sie das Gebäude betreten hatte, stand sie auch schon wieder draußen. Bis eben hatte ihr Körper sich völlig taub angefühlt, jetzt begann Sam haltlos zu zittern. Und zwar vor Wut und Empörung.
Plötzlich fielen ihr all die Sachen ein, die sie ihrem Boss hätte an den Kopf werfen müssen. Wenn auch nur, um sich zu erleichtern! Den ganzen Heimweg über schimpfte Sam lautlos vor sich hin, doch als sie mit bebenden Fingern die Tür zu ihrem winzigen Apartment aufschloss, war die Rage einer tiefen Erschöpfung und Verzweiflung gewichen.
Kraftlos stellte sie alles, was sie mitgeschleppt hatte, auf dem Boden ab und warf sich bäuchlings auf die Couch.
Eine volle Stunde hatten sie schweigend nebeneinander im Wagen gesessen, bis Paolo plötzlich leise mit der Zunge schnalzte.
„Da taucht gerade eine Lady auf“, teilte er seinem Begleiter auf Italienisch mit. „Klein, rotes Haar, und sie weint … Jetzt betritt sie das Gebäude.“
„Wir folgen ihr“, bestimmte Cesare und versuchte, nicht an Samanthas Tränen zu denken. Dies war eine Ausnahmesituation, in der die speziellen Umstände auf jeden Fall die Wahl der Mittel rechtfertigten.
Paolo zeigte keine Überraschung, sondern ließ nur einen zustimmenden Laut hören. Er arbeitete bereits seit zehn Jahren für seinen Boss und käme nie auf die Idee, eine seiner Entscheidungen infrage zu stellen. Er wartete, bis Cesare ausgestiegen war, und legte nur ganz leicht eine Hand unter seinen Ellenbogen, um ihn in die gewünschte Richtung zu dirigieren.
„Sie wohnt im fünften Stock, Apartment 17b.“
Saß Samantha jetzt tatsächlich in 17b und weinte? Cesares Gesicht gefror zur undurchdringlichen Maske.
„Der Fahrstuhl scheint außer Betrieb zu sein“, stellte Paolo lakonisch fest.
„Was macht das Gebäude insgesamt für einen Eindruck?“, fragte Cesare.
Paolo brauchte sich nicht lange umzuschauen, ein Blick hatte ihm genügt. „Ziemlich heruntergekommen“, lautete sein Urteil. „Wenn ich zu entscheiden hätte, würde ich es einebnen.“
Cesare lachte. „Du Snob!“ Doch dann wurde er gleich wieder ernst, weil er wusste, dass er sich immer auf den gesunden Menschenverstand seines Fahrers verlassen konnte. Und in diesem Fall bedeutete das: dies war kein Haus, in dem er sein Kind aufwachsen lassen würde.
Als sie im fünften Stock ankamen, schnaufte Paolo wie eine alte Dampflok, während Cesares Atem immer noch gleichmäßig ging. „Du brauchst mehr körperliche Betätigung, mein Freund.“
Paolo quittierte den Hinweis seines Bosses mit einem leisen Murren.
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